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Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten

Titel: Stadtgeschichten - 03 - Noch mehr Stadtgeschichten
Autoren: Armistead Maupin
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schon auf Bambi abgefärbt hatte.
    Mary Ann griff nach einem Stuhl und setzte sich. In sicherem Abstand. »Ich dachte, wir sollten zuerst mal … über alles reden.«
    »Heben Sie sich das für die Polizei auf«, fauchte Bambi sie an.
    »Gehen Sie doch zur Polizei«, konterte Mary Ann. »Die Tür steht offen.«
    Die Nachrichtenmoderatorin warf einen Blick zur Treppe hinüber.
    »Sie können jederzeit gehen«, sagte Mary Ann.
    Bambi war mißtrauisch. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Es bleibt aber eine Entführung, daß Sie’s nur wissen. Wenn Sie mich jetzt freilassen, heißt das noch lang nicht, daß …«
    »Das ist mir klar.«
    »Und nur, weil Sie’s nicht selber getan haben …«
    »Das ist mir auch klar.« Mary Ann lächelte süßlich. »Los, hauen Sie schon ab, Gnädigste.« Sie deutete mit dem Kopf schwungvoll in Richtung Treppe. »Und sagen Sie Larry schöne Grüße von mir … wenn Sie’s ihm grade mal wieder besorgen. Die Dumpfbacke glaubt, daß Sie hinter einer heißen Story her sind. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken, wenn Sie ihm diese Illusion nehmen.«
    »Und ich nicht in Ihrer, wenn … Was haben Sie ihm erzählt?«
    »Genau das«, sagte Mary Ann schulterzuckend. »Daß wir beide hinter dem Knüller des Jahres her sind.«
    »DeDe Day?«
    Mary Ann nickte lächelnd.
    »Ich hab Ihre Notizen kopiert, daß Sie’s nur wissen.« Bambis höhnisches Grinsen sah beinahe obszön aus. »Meine Handtasche zu klauen war völlig umsonst. Die Story gehört immer noch uns, Mary Ann. Ein Anruf beim Sender genügt.«
    »Was für ein Zufall«, sagte Mary Ann. »Den gleichen Satz hab ich zu DeDe auch gesagt.«
    Schweigen.
    »Nur hab ich da einen anderen Sender gemeint.«
    Bambi warf ihr einen mörderischen Blick zu. »Das würden Sie nicht tun.«
    »Warum nicht?« sagte Mary Ann unbekümmert. »Wo ich doch ohnehin bis zum Hals in der Scheiße stecke, oder? Bei Channel 5 würde man mich mit offenen Armen empfangen. Und machen wir uns doch nichts vor … ohne DeDe und die Kinder gibt es keine Story. Oder?«
    Schweigen.
    »Deswegen dachte ich, daß wir zuerst mal über alles reden sollten. Ich wollte, daß Sie sich Ihre Möglichkeiten überlegen … bevor Sie alles völlig vermurksen.« Ein erneutes Lächeln, noch süßlicher als das erste.
    »Reden Sie«, murmelte Bambi.
    »Tja«, sagte Mary Ann, »wie Sie schon sagten – Sie könnten mich anzeigen. Aber das würde mich nur zwingen, öffentlich zu erklären, warum wir uns moralisch verpflichtet fühlten, Sie hier festzuhalten, bis DeDe sicher sein konnte, daß ihre Kinder außer Gefahr waren. Und das würde gar nicht gut aussehen, Bambi. Denn es war gar nicht mal Ihre Story. Was sich mühelos beweisen läßt.«
    »Eine Story ist eine Story«, grummelte die Nachrichtensprecherin.
    »Stimmt«, sagte Mary Ann. »Und ich bin bereit, mir die hier mit Ihnen zu teilen.«
    Bambi musterte sie mißtrauisch. »Wirklich?«
    »Mit Ihnen oder mit Wendy Tokuda. Suchen Sie sich’s aus.«
    Bambi wand sich. »Ich will wissen, was ›außer Gefahr‹ heißt.«
    Mary Ann schaute verständnislos drein. »Hm?«
    »Sie haben gesagt: ›… daß ihre Kinder außer Gefahr waren‹. Welche Bedrohung würde es rechtfertigen, mich drei Tage in einem Keller festzuhalten?«
    »Sie waren die Bedrohung! Die Presse! DeDe ist meine Freundin. Sie hat ein paar dumme Fehler gemacht, aber sie ist eine tüchtige Frau, und ich mag sie. Sie wollte nur eine Verschnaufpause, das ist alles. Ein paar ungestörte Wochen mit ihrer Mutter und ihren Kindern. Verlangt eine Frau, die in einer Fischtonne aus Guyana entkommen ist, damit denn zuviel?«
    »Was ist dann mit diesem Doppelgänger?«
    »Was soll mit ihm sein? DeDe sagt, daß man in der Zeit, als sie noch in Jonestown war, ein Double eingeschleust hat … aber sie ist schon Tage vor dem Massaker abgehauen. Erwähnen sollte man die Sache allemal. Nur wird sie wahrscheinlich zerpflückt.«
    »Warum?«
    Mary Ann fixierte sie. »Glauben Sie, daß Jim Jones noch lebt?«
    Bambi machte ein finsteres Gesicht und schaute weg. »Also, was wollen Sie jetzt anstellen?«
    »Okay: Ich will von Ihnen die schriftliche Bestätigung, daß Sie sich während der vergangenen Tage freiwillig in der Barbary Lane 28 aufgehalten …«
    »Moment mal!«
    »Ich bin noch nicht fertig. Da wir beide in den vergangenen Tagen – man beachte – nachweislich mehrere Interviews mit DeDe geführt haben, können Sie wohl schlecht im Keller der Barbary Lane 28 eingesperrt gewesen
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