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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld
Autoren: Eva-Ruth Landys
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sofort zu ergießen. Seine Erregung war unglaublich groß. Doch das würde sie ihm später sicher wieder vorwerfen. Er hasste die Verächtlichkeit, mit der sie für gewöhnlich mit ihm sprach und doch reizte ihn ihre Lust bis zum puren Wahnsinn. Er spürte, wie das Blut in seinem Kopf pochte – die Bewegung seiner Lenden, ein hartes, rhythmisches, gleichsam stählernes Drängen. Zum Teufel! Er konnte nicht, vermochte nicht, noch länger zu warten ...

Kapitel 1
    Manchester, Herbst 1840
    Kapitel 1

    Aaron schlug die dreizinkige, gekrümmte Handforke mit einer kräftigen Bewegung in den dicht gepackten Baumwollquader, ein bleischweres Ungetüm von zwei Yards 1 Länge. Seine Schultern und Arme schmerzten bereits heftig, aber noch konnte er sich keine Pause gönnen.Die Schicht dauerte zwölf Stunden. Erst in einer halben Wache 2 würde etwas Zeit zum Essen und Trinken sein. Wahrscheinlich gab es wieder den üblichen Brei aus Kartoffeln und Linsen in der Arbeiterküche der Fabrik. Das Zeug hing ihm, weiß Gott, zum Hals heraus, aber es machte wenigstens vorübergehend satt und die billige Verpflegung war immerhin mehr, als man andernorts erwarten konnte.Dummerweise war auch McGillan, der dritte Mann am Hopper Feeder 3 , heute nicht zur Arbeit erschienen. Aaron wunderte sich nicht darüber. William McGillan hatte gestern wieder Blut gehustet und das nicht zu knapp. Schon seit Wochen ging das so, doch in den letzten Tagen war es so schlimm geworden, dass William ohnehin zu schwach gewesen war, die schweren Baumwollballen, die der dafür zuständige Vorarbeiter täglich in der großen Markthalle im Zentrum der Stadt kaufte, von den Pritschenwagen zu hieven und ins Erdgeschoss der Fabrik zu den Maschinen zu schleppen. Tom, der neben ihm genauso verbissen den widerspenstigen Ballen bearbeitete, um die Baumwolle herauszulösen und in das gefräßige, reißzahnbewehrte Maul der Maschine zu werfen, richtete sich stöhnend auf und griff sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Rücken: »Verfluchte Plackerei! Wir brauchen einen neuen Mann hier. Ich habe wirklich keine Lust, weiterhin den Kopf für William hinzuhalten. Was gehen mich seine sechs Bälger an? Soll sich doch um die kümmern, wer will. Ist das mein Problem, dass er die Spinnerkrankheit hat?«
    »Ach, halt den Mund und arbeite weiter!«, zischte Aaron, während er weiter mit der Forke auf den Baumwollquader einhieb. Dann stellte er seinen Fuß dagegen und riss die gelblich-weiße Pflanzenwolle mit gewaltiger Kraftanstrengung heraus. Feine weiße Faserteilchen stoben empor, umgaben sie wie Schnee und legten sich sanft auf ihre Kleidung, Gesichter und Haare, drangen ihnen in Mund und Nase. Die Männer waren es gewohnt. »Du weißt genau, dass William die Arbeit dringend braucht. Wenn es dich erwischt, bist du auch froh, wenn wir anderen für dich einstehen.«
    Überraschend schnell hatte sich Tom wieder gebückt und arbeitete nun mit noch größerer Anstrengung. Der Grund dafür wurde Aaron umgehend klar.
    »William McGillan? Heute nicht zur Arbeit erschienen?« Die raue Stimme von Vorarbeiter Priestley übertönte mühelos selbst den ohrenbetäubenden Lärm, den die Transmissionsriemen und Walzen der Maschinen von sich gaben. Aaron richtete sich auf. Der Vorarbeiter stand direkt hinter ihm. »Er ist krank, Mr Priestley, bestimmt nichts Ernstes. Ich werde heute nach der Schicht noch nach ihm sehen. Bestimmt ist er morgen wieder auf dem Damm, oder wenigstens übermorgen.«
    »Hm ...«, machte Priestley. Er zeigte keinerlei Mitgefühl. Das konnte er sich in seiner Position auch nicht leisten. Wenn der Nachschub nicht stimmte und die Spinnmaschinen im Stockwerk über ihnen nicht mit genügend Baumwollvlies aus der Ebene darunter gefüttert wurden, war auch sein Arbeitsplatz in ernster Gefahr. Und die Maschinen waren hungrig ... immer hungrig, Tag und Nacht.
    »Nun gut, Stanton, dann geh heute noch bei ihm vorbei. Sag ihm, wenn er spätestens übermorgen nicht erscheint und zwar im Vollbesitz seiner Kräfte, stelle ich jemand anderen ein. Ist das klar? Ich habe durchaus gesehen, dass er in letzter Zeit nur noch herumgestanden ist. So was kann ich hier nicht brauchen, verstanden?« Der Vorarbeiter wandte sich ab, drehte sich dann aber noch einmal um. »Ich werde euch nachher einen von den irischen Tagelöhnern vor dem Tor herschicken. Ihr seid jetzt schon leicht im Verzug. Das muss bis zur Pause aufgeholt werden, sonst könnte ihr euch auf was gefasst machen.«
    Tom warf
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