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Stadt der Piraten

Stadt der Piraten

Titel: Stadt der Piraten
Autoren: Ernst Vlcek
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hatte.
    »In der Elvenbrücke gibt es Höhlungen genug«, sagte Sadagar. »Suchen wir uns eine aus, um es uns darin gemütlich zu machen.«
    »Wir müssen weiter«, sagte Mythor.
    »Und was treibt dich an?« fragte Sadagar.
    Mythor antwortete darauf nicht sofort, denn er war sich bis jetzt selbst noch nicht recht klar darüber. Bis jetzt hatte er es für eine unbestimmte Ahnung gehalten. Doch war diese immer deutlicher geworden, je länger er ihr gehorchte.
    Er hatte ein eigenartiges Summen im Kopf, das er nicht recht zu deuten wusste. Als er sich während des Schneesturms in die falsche Richtung gewandt hatte, war dieses Summen stärker und irgendwie ungehalten geworden. Wütend fast, wie von einem aufgescheuchten Bienenschwarm. Nun, da sie sich entlang der Elvenbrücke bewegten, hatte sich die Tonlage des Summens gesenkt. Für Mythor war dies die Bestätigung, dass er auf dem richtigen Weg war.
    »Ich schaffe es wieder allein«, sagte Kalathee, und Mythor setzte sie nur zu gerne auf dem Boden ab. Er nutzte die Gelegenheit, um versuchsweise den Helm der Gerechten abzunehmen.
    Sofort verstummte das drängende Summen. Als er ihn wieder aufsetzte, war auch das Geräusch wieder in seinem Kopf. So unaufdringlich es war und sein Denken in keiner Weise verwirrte, so war es doch nicht zu überhören.
    »Was ist?« fragte Nottr. »Du siehst sehr nachdenklich aus, Mythor.«
    Als Mythor noch immer schwieg, meinte Sadagar giftig: »Unser jugendlicher Held spricht nicht mit jedermann. Es ist wahrscheinlich ein bestimmtes höfisches Ritual nötig, um ihn gnädig zu stimmen. Ich warte schon die längste Zeit darauf, dass er mir Antwort auf eine Frage gibt.«
    »Sei nicht albern, Sadagar!« sagte Mythor ernst. »Ich musste mir selbst erst darüber klarwerden, dass es der Helm der Gerechten ist, der mir eine bestimmte Richtung weist.«
    »Wenn das so ist.«, setzte Sadagar zum Sprechen an, ließ den Rest jedoch unausgesprochen. Er machte einen etwas ratlosen Eindruck.
    »Vertraue nur den Einflüsterungen des Helmes«, redete Kalathee Mythor zu. »Der Helm ist mehr als nur ein Kopfschutz. Er ist Teil des Vermächtnisses des Lichtboten, das er für einen wie dich hinterlassen hat, Mythor. Wenn er dir einen Hinweis gibt, dann höre darauf.«
    Mythor wollte den Freunden erklären, dass der Helm ihm keinerlei bestimmte Aussage mache, aber ihm fehlten die richtigen Worte dazu. Er war nur richtungweisend, ohne ihm zu verraten, was ihn dort erwartete.
    »Lass dich nicht beirren«, sagte Kalathee eindringlich. »Wir vertrauen uns dir blind an.«
    »So ist es«, stimmte Nottr zu.
    »Ich werde mein Magenknurren unterdrücken und meinen eingefrorenen Gelenken sagen, dass sie nicht knarren sollen, damit sie die Botschaft des Helmes nicht übertönen«, sagte Sadagar. »Und ich werde mir einreden, dass ich gar nicht erschöpft bin, sondern springlebendig wie eine Bergziege.«
    Sadagar brach mit einem Schmerzensschrei ab. Mythor hatte bemerkt, dass irgend etwas durch die Luft geflogen kam. Jetzt sah er den Steinmann taumeln; auf seiner Stirn klaffte eine blutige Wunde.
    »Wir werden angegriffen!« rief Nottr und beugte sich nach einem keilförmigen Gegenstand auf dem Boden. Er hob ihn auf und hielt ihn Mythor hin. Es handelte sich um einen Stein, der an einem Ende spitz war. Dazu sagte er: »Ein Steinkeil, und er kam aus Richtung der Elvenbrücke.«
    Mythor blickte zu dem steinernen Wall, der an dieser Stelle nicht sehr hoch war. Dort war keine Bewegung zu sehen. Doch noch während er hinaufsah, löste sich ein Stein und rollte mit lautem Geräusch in die Tiefe.
    »Wir werden von jetzt an auf der Hut sein müssen«, sagte er. »Offenbar werden wir von unsichtbaren Augen beobachtet. So verlassen, wie die Elvenbrücke scheint, ist sie bestimmt nicht. Zieht euch die Felle über die Köpfe, um euch vor weiteren Geschossen zu schützen. Wie fühlst du dich, Steinmann?«
    »Ich bin etwas benommen, aber leidlich wohlauf«, sagte Sadagar mit schmerzlichem Grinsen. »Hätte der Kleine Nadomir den Steinkeil nicht abgelenkt, wäre ich jetzt gewiss tot.«
    Nottr schlug ihm lachend auf die Schulter, und sie setzten ihren Marsch fort. Kalathee zog ihre Kapuze tief ins Gesicht und suchte hinter Mythor Schutz. Nottr hatte sein Krummschwert gezogen, als könne er durch dessen Anblick den unsichtbaren Gegner einschüchtern.
    Eine ganze Weile passierte überhaupt nichts, aber sie hatten ständig das unbestimmte Gefühl, von unsichtbaren Augen beobachtet zu
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