Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut
Autoren: Charlie Huston
Vom Netzwerk:
wahre Natur an. Auch du kennst sie, aber du hast Angst davor. Deswegen klammerst du dich an ein Leben, das keinen Bestand hat. Und deine Angst davor ist natürlich berechtigt. Das Vyrus ist grausam. Es zu akzeptieren, seine wahre Bestimmung anzunehmen, das ist ungeheuer anstrengend und schmerzhaft. Aber letzten Endes hast du keine andere Wahl. Denn alles andere ist eine Lüge. Und du, Simon, bist kein Lügner. Und das ist die Wahrheit.
    Ich stehe auf.
    – Fertig?
    Er legt den Kopf schief und sieht mir in die Augen.
    – Ja, ich denke schon. Erinnere dich an dein Versprechen und denk darüber nach.
    – Ich werde es nicht vergessen.
    – Natürlich. Was wirst du jetzt tun?
    – Mich verziehen.
    Ich gehe zur Tür.
    – Weißt du was, Simon?
    – Was?
    – Die meisten von uns begegnen dem Vyrus nicht alleine. Sie werden begleitet. Sogar bei meinem ersten Fasten hielt jemand Wache. Nur wenige schaffen es allein. Aber du hast es geschafft, und zwar unter den schlimmsten Bedingungen, wie ich höre.
    Ich stehe im Türrahmen.
    – Und?
    – Vielleicht hat das etwas zu bedeuten.
    – Und was, Daniel? Könntest du mir nicht einfach mal sagen, worum es dir geht. Ohne das ganze Gesülze.
    Er lacht.
    – Worum es mir geht?
    Er wischt eine einzelne milchige Träne aus seinem Augenwinkel.
    – Ja, worum geht es mir?
    Und lacht weiter.
    – Ich sterbe.
    Darum geht es mir.
    Er schaut mich an. Ein Lächeln erscheint auf seinem Skelettgesicht.
    – Und jemand wird meinen Platz einnehmen müssen.
    Ich mache mich vom Acker, so schnell es geht.
     
    Sela wohnt auf der Third Ecke 13th über einem Imbiss. Sie öffnet mir die Tür.
    – Sie schläft.
    – Weck sie auf.
    Es ist ein kleines Zweizimmerappartement. Direkt hinter der Eingangstüre befindet sich das Wohnzimmer, von dort führen Türen in eine Küche, ein Badezimmer und ein Schlafzimmer. Die ganze Wohnung ist in einem ultrafemininen, orientalischen Stil eingerichtet. Es gibt einen Haufen Kissen und Teppiche, mandalabedruckte Wandbehänge und Schals, die über die Lampen gehängt sind. Ich warte im Wohnzimmer, während Sela durch den Perlenvorhang im Schlafzimmer verschwindet. Sie spricht leise und erhält ein paar gemurmelte Antworten. Dann winkt sie mich herein.
    – Mach’s kurz. Sie muss sich ausruhen.
    – Klar. Morgen ist ja Schule.
    Etwas packt mich von hinten wie ein Schraubstock. Ich drehe mich zu Sela um, die die Hand von meiner Schulter nimmt und mit dem Finger auf mich deutet.
    – Ich weiß nicht, was die ihr gespritzt haben, aber sie ist immer noch groggy. Sie muss schlafen.
    – Hab schon verstanden.
    Sie lässt den Finger sinken und ich gehe durch den Vorhang. Das Bett ist ein riesiger Futon mit Bergen von Kissen darauf. Der Rest des Raums ist mit mehreren Weidenkörben, die wohl als Kleiderschränke dienen, und einer Wasserpfeife zugestellt.
    Amanda lehnt sich an einen Wall aus Kissen. Sie trägt ein riesiges, verschlissenes Tears-for-Fears -T-Shirt,das wahrscheinlich noch aus Selas eher konventioneller Jugendzeit stammt. Wie weit auch immer diese schon zurückliegen mag. Sie reibt sich die Augen.
    – Hey.
    Ich gehe neben dem Bett in die Hocke.
    – Hey.
    Sie will auf die Uhr sehen, aber es gibt keine.
    – Wie spät ist es?
    – Nach zwei.
    – Hm.
    Die Stelle in meinem Bein, an der mich die Kugel erwischt hat, fängt an zu pulsieren. Ich setzte mich auf den Rand des Futons.
    – Alles klar?
    – Ja. Aber ich bin so müde.
    – Kümmert sich Sela gut um dich?
    – Ja. Sie ist genial . Sie wird mir ein paar Übungen zeigen, dass ich auch solche Muskeln bekomme.
    – Huh.
    Sie kratzt sich das wirre Haar.
    – Was ist eigentlich passiert?
    – Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst?
    Sie lehnt sich zurück und schaut zur Decke, auf die ein Wirbel aus fluoreszierenden Plastiksternen geklebt ist.
    – Du hast mich in der alten Schule gefunden und wolltest mich nach Hause bringen.
    – Mehr nicht?
    Die Klimaanlage am Fenster gurgelt und summt.
    – Nein, denke nicht. Aber diese komischen Träume. Was ist wirklich passiert?
    Ich öffne den Mund. Die Wahrheit liegt mir auf der Zunge. Und da bleibt sie auch.
    – Ein paar Typen haben uns überfallen.
    Sie setzt sich wieder auf.
    – Ohne Scheiß.
    – Ja.
    – Wahnsinn. Das ist so cool. Was für Typen?
    – Dein Dad hat sie angeheuert. Sie sind mir gefolgt.
    – Ohne Scheiß.
    – Ja.
    – Und dann?
    – Die haben dir eins übergezogen. Du bist k. o. gegangen. Gehirnerschütterung.
    Sie betastet ihren Kopf.
    – Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher