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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut
Autoren: Charlie Huston
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erst klar doch, und kurz darauf findet er sich tot und ohne Blut im Fluss treibend wieder.
    Von der Koalition wird er zumindest geduldet. Er ist unterwürfig und nimmt für ein bisschen Kohle jede Drecksarbeit an. Sachen, die sogar ich ablehnen würde. Wohlgemerkt, er ist kein vollendeter Renfield. Aber der einzige Grund, warum dieser spindeldürre, pillenschluckende Speed-Freak noch keine Käfer frisst, ist, dass sie für ihn immer noch zu sehr nach Essen aussehen.
    Seine Verbindungen zur Koalition sind das Einzige, was mich davon abhält, ihm den Kopf abzureißen, sollte ich ihn zwischen die Finger bekommen.
    Dabei ist die Koalition nicht mein einziges Problem. Bis jetzt hat sich die Society noch nicht gerührt, aber sollten Terry Bird und seine Jungs herausfinden, dass ich da mit drinstecke, ist die Kacke am Dampfen. Und früher oder später wird er es herausfinden. Terry weiß alles, was unterhalb der 14th Avenue passiert.
     
    Nachdem die Sonne untergegangen ist, reibe ich meine Verbrennungen mit Aloe ein und ziehe mir eine saubere Jeans und ein weites schwarzes Hemd an. Dann schalte ich den Fernseher ein, und wer ist zu sehen? Der Student von letzter Nacht – der, dessen Hirn nicht gefressen wurde.
    Er wird von ein paar Bullen zum Gerichtssaal geführt. Presseleute stürmen von allen Seiten auf ihn ein. Sein Name ist Ali Singh. Er ist einundzwanzig Jahre alt und studiert Marketing an der NYU. Ali wird beschuldigt, ein paar der Morde von vergangener Nacht begangen zu haben. Die Polizei vermutet, dass die anderen auf das Konto seiner Opfer gehen. Ihrer Meinung nach handelt es sich um eine Art rituellen Kannibalen-Mord-Selbstmord-Pakt. In Alis Studentenbude wurden neben der Tatwaffe mit seinen Fingerabdrücken auch satanistisches Material und Trophäen von seinen Opfern gefunden.
    Ali blickt ausdruckslos in die Kameras. Er scheint unter Drogen zu stehen. Das Blitzlicht der Fotografen leuchtet ihm direkt in die leblosen Augen.
    Es wird nicht länger als zwei Wochen dauern, bis er selbst davon überzeugt ist, es getan zu haben. Nach ein paar weiteren Wochen wird die Verteidigung auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren, und Ali wird den Rest seines Lebens in der Klapse verbringen. Hätte schlimmer kommen können. Hätte auch mich erwischen können.
    Ich schalte die Glotze aus und schlendere zum Niagara an der Ecke Seventh und A. Es ist neun Uhr, und der Schuppen ist leer. Die Trendsetter aus dem East Village werden frühestens in einer Stunde eintrudeln.
    Hinter der Theke steht ein Typ namens Billy. Seit neun oder zehn Jahren arbeitet er in allen möglichen Bars im Village. Er hält mich für eine Art Schläger, der auf Abruf Arme verbiegt und Privatdetektivkram erledigt. Vor einiger Zeit arbeitete ich als Türsteher in einem Schuppen namens Roadhouse, und Billy stand dort hinter der Bar. So lernten wir uns kennen.
    Billy kommt den Tresen entlanggeschlendert. Er sieht gut aus, Mitte dreißig, Hosen aus feinem Kammgarn, zweifarbige Slipper, ein seidenes Hawaiihemd. Sein Haar ist zurückgekämmt, und auf seinen Unterarmen trägt er Tätowierungen von Würfeln, Billardkugeln und Schönheiten im Bikini zur Schau. Und so schmierig Billy auch sein mag, gehört er bei weitem noch nicht zu den Schmierigsten, die sich bis Mitternacht in dieser Kaschemme einfinden werden.
    – Joe! Was geht ab?
    Als er mich sieht, bleibt er stehen.
    – Verdammt! Was ist denn mit deiner Scheißfresse passiert?
    – Solarium. Kann echt gefährlich sein.
    Er blinzelt. Ein Grinsen umspielt seine Mundwinkel.
    – Echt?
    – Echt. Die Hersteller wollen es vertuschen, aber in Bräunungsstudios sterben jährlich fast so viele Menschen wie im Straßenverkehr.
    – Kein Scheiß?
    – Um ein Haar hätt’s mich erwischt, Mann.
    Er betrachtet noch einmal die Verbrennungen in meinem Gesicht und nickt.
    – Quatsch.
    – Dann war’s die Höhensonne.
    Er kneift die Augen zusammen. Ich hebe meine Rechte wie zum Schwur. Er schüttelt den Kopf.
    – Hey, Mann, wenn du nicht willst, musst du’s nicht erzählen. Aber, hey, verarsch mich nicht.
    Ich hatte schon immer Probleme damit, Billy richtig zu verstehen. Ich habe keine Ahnung, wo er herkommt. Er sagt, er wäre in Queens geboren und aufgewachsen, aber er hört sich mehr nach einem Frankokanadier an, der in Boston groß geworden ist.
    Ich gebe auf und zucke nur mit den Achseln.
    – Also gut. War ein Haushaltsunfall. Wirklich. Ich bin mit dem Kopf in der Mikrowelle eingeschlafen.
    Lachend wischt er die
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