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Stadt Aus Blut

Stadt Aus Blut

Titel: Stadt Aus Blut
Autoren: Charlie Huston
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hat ihm Blut abgezapft. Reichlich merkwürdig für einen Zombie, finden Sie nicht?
    Ich stehe einfach nur da.
    – Wissen Sie noch, was Ihre Mutter Ihnen beigebracht hat? Immer brav deinen Teller leer essen.
    Ich verlasse das Büro und schließe die Tür hinter mir.
     
    Natürlich hat er recht. Den Typen erst anzuzapfen und dann noch am Leben zu lassen war ganz schön bescheuert. Genauso gut hätte ich ein Schild aufstellen können: FUTTERSTELLE FÜR VAMPYRE – KOMMT UND TÖTET UNS. Natürlich denken die meisten Leute, die von solchen Sachen hören, dass es sich um die Taten eines durchgeknallten Freaks handelt. Aber es gibt auch ein paar da draußen, die ganz genau wissen, woher der Wind weht. Und die wollen wir auf keinen Fall aufscheuchen. Deshalb ist es auch so schwierig, in mein Apartment zu gelangen.
    Ich wohne in der 10th Avenue zwischen der First und der A. Nachdem ich einen Code eingetippt habe, um von der Straße aus in die Eingangshalle zu gelangen, muss ich eine weitere Tür zum Treppenflur des Gebäudes aufschließen. Der Eingang zu meiner Wohnung befindet sich gleich auf der linken Seite. Er sieht ganz normal aus, besteht aber aus einer massiven Stahltür, die ich mal irgendwo aufgegabelt habe. Ich musste den Türrahmen mit Querträgern verstärken, damit er ihr Gewicht aushält. Aber den Aufwand war es wert. Wenn jemand in meine Wohnung eindringen will, wäre der einfachste Weg wohl durch die Wand.
    Ich öffne die drei Schlösser, alle in der richtigen Reihenfolge, sonst wird ein Alarm ausgelöst. Dann schließe ich die Tür hinter mir, sperre sie ab und gebe einen fünfstelligen Zahlencode in ein kleines Tastenfeld ein, um die Alarmanlage erneut zu aktivieren. Den Alarm kann niemand hören, weder die Nachbarn noch die Polizei. Ich auch nicht. Nur der Piepser, den ich unterwegs ständig bei mir trage, würde anfangen zu vibrieren. Wäre ich zu Hause, würde ich einfach abwarten, den Einbrecher töten und sein Blut trinken. Das ist meine Art, so ein Problem zu lösen.
    Durch einen kurzen Flur gelangt man ins Wohnzimmer. Den Burnus werfe ich auf die Couch. Ich will duschen, tue das aber nicht im Badezimmer zu meiner Linken. Stattdessen bücke ich mich an einer bestimmten Stelle im Wohnzimmer, hebe ein Holzbrett aus dem Parkett und ziehe an dem Stahlring, der darunter versteckt ist. Ein große Klappe im Boden öffnet sich, unter der eine kleine Wendeltreppe einen Stock tiefer führt. Ich gehe hinunter und schließe sie wieder über mir.
    Jetzt bin ich in einem Kellerappartement, das ich unter anderem Namen angemietet habe. Und hier wohne ich wirklich. Ich habe ein Bett, ein Badezimmer, einen Minikühlschrank, eine Kochplatte, einen Computer, Stereoanlage, Fernsehgerät und DVD-Player. Die Wohnungstür hier unten ist nicht ganz so ausgetüftelt. Ich habe sie lediglich fest an den Türrahmen genagelt und in der unteren Hälfte eine Klappe angebracht. Sollte jemand in die obere Wohnung eindringen, mit dem ich mich lieber nicht anlegen will, dann schlüpfe ich durch die Klappe hinaus. Das kleine Fenster auf Straßenhöhe habe ich vermauert, damit sich kein Möchtegern-Van-Helsing einschleichen und mich grillen kann, während ich schlafe.
    Ich lasse mir ein Bad ein. Während das Wasser läuft, verschaffe ich mir einen Überblick über meine Vorräte. Sie sind in einem weiteren Kühlschrank, der mit einem Vorhängeschloss gesichert ist: Noch ungefähr sechs Liter, mit eingerechnet das, was ich mir letzte Nacht besorgt habe. Kein schlechter Vorrat, mehr als genug für einen Monat. Aber wie jeder erfahrene Junkie versuche ich immer eine eiserne Reserve für Notzeiten im Haus zu haben. Eigentlich bräuchte ich im Moment nichts, weil mich ja letzte Nacht der Student versorgt hat. Aber es würde helfen, die Verbrennungen schneller zu heilen, außerdem kann ich es mir ja leisten. Also nehme ich einen der Halbliter-Plastikbeutel und setze mich in die mit kaltem Wasser gefüllte Wanne.
    Mein ganzer Körper ist dunkelrosa, fast rot. Mein Gesicht hat die Farbe eines Feuerwehrautos und die Haut löst sich ab. Ich nehme einen Schluck Blut, und mein Körper entspannt sich. Ich fühle, wie es meine Kehle hinabrinnt und das Adrenalin kribbelnd durch meine Adern fährt. Das Vyrus, das mich zu dem gemacht hat, was ich bin, kolonisiert sofort das frische Blut. Meine Schmerzen lassen augenblicklich nach, und ich kann fast mit bloßem Auge erkennen, wie die Verbrennungen verheilen. Ich schließe die Augen, schlürfe das Blut,
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