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Stachelzart

Stachelzart

Titel: Stachelzart
Autoren: Jasmin Wollesen
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erfolgreich gewesen, hätte der Verlag sicher nichts mehr von mir veröffentlichen wollen, aber so wollten sie mir noch eine Chance geben.
Das Handikap war nur, dass ich mit Stress überhaupt nicht umgehen konnte. Schon früher, wenn Vera etwas von mir in einem gewissen Zeitrahmen verlangte, zog ich mich in mich selbst zurück und konnte ihre Erwartungen nicht erfüllen.
Dabei wollte ich unbedingt ein neues besseres Buch schreiben, aber es ging nicht. Mir fiel einfach nichts ein. Ich hatte eine totale Schreibblockade!
    Das wiederum war nur natürlich ein gefundenes Fressen für Vera. Da sie ja noch nie wirklich mit meiner Schriftstellerei einverstanden gewesen war, versuchte sie nun mich davon zu überzeugen, das Bücherschreiben an den Nagel zu hängen und in ihre Firma einzusteigen.
Vera arbeitete als selbständige Immobilienmaklerin und verdiente jede Menge Geld mit dem deutschlandweiten Vermitteln von exklusiven Luxusimmobilien. Aber bevor ich mit Vera zusammen arbeiten würde, würde ich lieber wieder Betriebsanleitungen schreiben.
     

     
    „Willst du auch ein Glas Sekt?“, wollte Vera wissen, nachdem ich mich auf ihrer ungemütlichen Couch niedergelassen hatte.
    „Gerne!“, antwortete ich und in Gedanken fügte ich noch hinzu: Gib mir besser die ganze Flasche, damit ich den Abend besser ertrage!
Vera schenkte uns zwei Gläser Sekt ein und stellte sie auf den Couchtisch, natürlich nicht ohne vorher zwei Versace Glasuntersetzer darunter gestellt zu haben. Ich seufzte.
    „Und?“, fragte Vera. „Hast du schon ein paar Seiten geschrieben?“
    „Nein!“, antwortete ich resigniert. Wie gerne hätte ich erwidert: Natürlich! Die ersten Kapitel sind fertig. Das Buch wird großartig werden! Aber das wäre gelogen gewesen. In Wahrheit hatte ich nicht eine einzige Seite zustande gebracht. Nicht eine – null, niente, nada!
    „Dachte ich mir!“, meinte Vera.
    Ich schluckte eine bissige Antwort herunter. Vielen Dank für deine Unterstützung , dachte ich.
    „Du setzt dich viel zu sehr unter Druck! Ich habe eine tolle Idee, die ich mit dir besprechen wollte. Deshalb solltest du auch heute Abend vorbeikommen!“, sagte Vera.
    „Und die wäre?“, fragte ich alarmiert. Veras tolle Ideen waren nämlich äußerst selten auch toll für mich.
    „Ich dachte mir, wir beide fahren nächstes Wochenende mal zusammen weg und  machen einen richtig schönen Mutter-Tochter-Wellness-Kurzurlaub in den Bergen. Ich habe ein schönes kleines Hotel für uns rausgesucht. Dort können wir uns entspannen und auf dem Weg dorthin erledigen wir noch einen kleinen Job!“, erklärte Vera.
    Blitzschnell analysierte mein Verstand Veras Satz und löste Alarm bei folgenden Bemerkungen aus: Mutter-Tochter-Kurzurlaub und ... erledigen wir noch einen kleinen Job.
    „Ich weiß nicht...“, antwortete ich. „Ich habe eigentlich keine Zeit. Ich muss dringend schreiben und: Was für einen Job willst du auf dem Weg erledigen?“
    „Ist doch egal, wo du schreibst!“, konterte Vera. „Vielleicht tut dir ein Ortswechsel gut und dir fällt dann wieder etwas ein. Außerdem hat das Hotel einen sehr schönen Wellness- und Spa-Bereich. Und ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen. Ich traue mir gesundheitlich noch nicht zu, sechs Stunden alleine mit dem Auto zu fahren und mit der Bahn ist unser Ziel schlecht zu erreichen!“
    „Was ist denn das für ein Hotel, das man mit der Bahn schlecht erreichen kann?“, wollte ich wissen.
    „Ich meine nicht das Hotel. Das ist ganz gut zu erreichen. Aber wir müssten noch einen kleinen Umweg machen. Ich habe einen etwas ungewöhnlichen Auftrag bekommen. Es geht dabei um ein Anwesen in den Bergen. Ich habe einen Klienten, der das Terrain unbedingt kaufen will, um dort ein Luxuscamp für gestresste Manager zu bauen. Aber der Eigentümer soll sehr kauzig sein, er hat weder Telefon noch Internet. Wenn man etwas von ihm will, muss man ihn persönlich besuchen!“
    Ich überlegte. Einen Urlaub mit Vera hatte ich aus guten Gründen ewig nicht gemacht und ich bezweifelte auch, dass wir mehrere Tage miteinander verbringen konnten, ohne uns zu streiten. Andererseits würde mir ein Ortswechsel vermutlich wirklich gut tun und wenn es in dem Hotel einen Wellness- und Spa-Bereich gab, würde ich Vera wahrscheinlich sowieso nur zum Abendessen zu Gesicht bekommen. In den Urlauben, die wir in meiner Kindheit in Wellnesshotels verbracht hatten, war ich tagsüber immer alleine gewesen und konnte in Ruhe meine Bücher am Strand
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