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Stachelzart

Stachelzart

Titel: Stachelzart
Autoren: Jasmin Wollesen
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Gefühl, wie ich in „Zuckersüß“ gesteckt hatte, konnte ich in der Fortsetzung „Zitronenherb“ nicht mehr umsetzen.
     
    Das lag zum größten Teil an Alexander. Alexander hatte ich auf der 30. Geburtstagsparty einer guten Freundin kennengelernt und fand ihn auf Anhieb sympathisch. Er war nicht der typische Draufgänger, der gleich mit einer Frau ins Bett wollte, nein, er hatte sehr viel Tiefgang. Er war sensibel und großherzig und dennoch extrem humorvoll. Wir trafen uns sehr oft und ich entwickelte das erste Mal wirklich ernste Gefühle für einen Mann.
    Dabei kamen wir über das Begrüßungswangenküsschen vorerst nicht hinaus. Aber gerade das gefiel mir. Von Männerabenteuern mit schnellem in die Kiste hüpfen, hatte ich genug und meine romantische Ader wollte genau so eine Art Mann. Jemanden, der erobert werden wollte. Obwohl es mir schwer fiel, Alexander nicht sofort zu überfallen und mit ihm zu schlafen, wollte ich erst ein paar Monate warten.
    Meine geheimen Sehnsüchte übertrug ich auf meine Romanfiguren und gab ihnen dadurch eine Seele zum Dahinschmelzen. Das war es auch, was meine Leser später so begeisterte.
    Leider interpretierte Alexander meine Zurückhaltung aber vollkommen falsch. Ein paar Wochen nach dem Erscheinen von „Zuckersüß“ wollte ich mit ihm feiern. Wir verabredeten uns in einem italienischen Restaurant. Als ich, wie immer etwas zu spät, zu unserem Treffpunkt kam, saß Alexander schon an einem Tisch – mit weiblicher Begleitung!
 
    „Anna!“, begrüßte er mich freudestrahlend. „Das hier ist Wiebke, meine neue Freundin. Sie hat dein Buch gelesen und wollte dich unbedingt kennenlernen!“
Er zeigte auf mich. „Wiebke, das ist Anna, meine Lieblingskumpelin! Ach, ich freue mich, dass ihr euch endlich einmal kennenlernt!“
    LIEBLINGSKUMPELIN ??? , schrie meine innere Stimme. LIEBLINGSKUMPELIN???
    Und: SEIT WANN HAT ER DIESE WIEBKE?
    Meine Gesichtszüge entglitten. Ich hatte weder meine Mimik noch meine Stimme im Griff.
    „Wie bitte?“, gickste ich.
    Alexander sah mich erstaunt an. „Was hast du denn?“, wollte er wissen.
    WAS HAST DU DENN?, schrie es in meinem Kopf. WAS HAST DU DENN? DAS GIBT ES JAWOHL NICHT!
    So laut die Stimme in meinem Kopf auch schrie, ich war zu geschockt um auch in der Realität zu schreien. So murmelte ich nur etwas von plötzlich starken Kopfschmerzen und suchte das Weite.
Zuhause badete ich in Selbstmitleid. Und schwor mir, beim nächsten Mann wieder offensiver vorzugehen. Sonst würde ich für alle Zeiten Anna, die Lieblingskumpelin aller Männer bleiben.
    Alexander rief mich am nächsten Tag an und wollte wissen, was denn los gewesen wäre. Ich konnte es ihm nicht sagen. Er hatte glücklich gewirkt mit seiner Wiebke und ich Schaf hatte mich in etwas hineingesteigert, was so gar nicht vorhanden war – Alexanders Liebe zu mir. Sicherlich mochte er mich, aber eben wie einen Kumpel, das war mir nun klar. Ich flunkerte etwas von „wirklich nur Kopfschmerzen“ und beschloss den Kontakt zu ihm langsam einschlafen zu lassen. Als Lieblingskumpelin und drittes Rad am Wagen würde ich mich nicht mehr mit ihm treffen können.
    Ich stürzte mich in die Arbeit und schrieb Tag und Nacht an „Zitronenherb“. Die subtilen Einwände von Herrn Lehmann, dass die Figuren irgendwie anders wirkten als im ersten Buch, wischte ich beiseite.
Die Rechnung dafür bekam ich schon kurz nach der Veröffentlichung des Buches. Die Zahlen zu Beginn des Verkaufs waren sehr gut, denn meine Fans hatten schon gespannt auf die Fortsetzung von „Zuckersüß“ gewartet.
Nachdem die ersten Käufer das Buch zu Ende gelesen hatten (wenn sie überhaupt so weit kamen), hagelte es dann schlimme Kritiken:

„Wie nennt man eine Schnulzen-Autorin, die nichts von der Liebe versteht? Anna Schneider!“
    oder

„Anna Schneiders neues Buch „Zitronenherb“ ist der schlechteste Liebesroman, den ich je gelesen habe!“
 
    oder
    „Enttäuschende Fortsetzung! Was war da los, Frau Schneider?“
    waren noch die netteren Anmerkungen. So wie ich mich bei „Zuckersüß“ über die tollen Kritiken meiner Leser gefreut hatte, litt ich nun bei jeder schlechten Rezension von „Zitronenherb“. Zwar würde das Geld, das ich mit „Zuckersüß“ verdient hatte noch eine Weile reichen, aber ewig davon leben konnte ich nicht. Ein drittes Buch musste also her und das, laut Hinweis meines Verlages, möglichst schnell, um die Fans zurück zu gewinnen. Wäre mein erstes Buch nicht so
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