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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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Kredite des EFSF wieder zurückgeführt werden, ab 2013 soll der ESM den EFSF vollständig ablösen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem vielbeachteten Urteil vom 12. September 2012 den ESM unter dem Vorbehalt genehmigt, dass die Haftung Deutschlands auf die bei der Gründung des ESM vereinbarten 190 Milliarden Euro beschränkt bleibe. Methoden zur Hebelung wie im Falle des EFSF sind bisher nicht vorgesehen, könnten aber mit Zustimmung des deutschen Bundestages beschlossen werden.
    Ist ein Land, das Hilfe aus dem ESM beantragt, überschuldet, so ist es verpflichtet, zuerst seine privaten Gläubiger an der Umstrukturierung seiner Schulden zu beteiligen, bevor es Finanzhilfen vom ESM erhält. Zu diesem Zweck sollen alle europäischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mit so genannten Umschuldungsklauseln («Collective action clauses») ausgestattet werden, welche Umschuldungsverhandlungen mit allen Gläubigern erleichtern: wenn sich eine Mehrheit der Gläubiger auf Umschuldungsmodalitäten einigt, gelten diese automatisch auch für alle anderen Gläubiger. Die Zinsen für ESM-Hilfskredite sollen in den ersten drei Jahren nur zwei Prozentpunkte über den Refinanzierungskosten des ESM liegen (nach drei Jahren drei Prozentpunkte). Im Vergleich zu den EFSF-Regeln bedeutet das eine Verbilligung der Hilfskredite um einen Prozentpunkt.
    Was ist von diesen Maßnahmen zu halten? Viele Experten sehen die Beschlüsse kritisch:
    – Ob die Schuldendisziplin der Staaten durch die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts verbessert werden kann, hängt entscheidend davon ab, wie bindend dessen Verpflichtungen sind und inwiefern die angedrohten Sanktionen wirklich automatisch verhängt werden. Nur wenn Sanktionen unaufschiebbar und automatisch eintreten, sobald ein Land sich übermäßig verschuldet, kann ein solcher Pakt die Schuldendisziplin innerhalb der Währungsunion verbessern. Wie hoch die Bindungskraft des neuen Paktes ist, muss sich erst erweisen. Der alte Pakt jedenfalls hat versagt – und das in wirtschaftlich vergleichsweise guten Zeiten.
    – Eine bessere wirtschaftspolitische Koordinierung der EU-Staaten ist notwendig und wünschenswert. Allerdings fehlt den oben erläuterten Beschlüssen mehr oder weniger die Bindungskraft. Ob die Wirtschaftspolitik in Europa besser koordiniert wird, hängt wie bisher vom politischen Willen der Mitgliedstaaten ab. In der Vergangenheit jedenfalls war dieser Wille nicht allzu groß, sagen die Kritiker.
    – Was den ESM angeht, so gelten für diesen alle Kritikpunkte, die auch für den Euro-Rettungsschirm genannt werden: Erschafft falsche Anreize für ein Land, sich übermäßig zu verschulden, und strapaziert möglicherweise über Gebühr die Solidarität der Mitgliedstaaten. Der Umstand, dass Mittel aus dem ESM nur unter wirtschaftspolitischen Auflagen vergeben werden, wirkt zwar diesen falschen Anreizen entgegen, schafft aber ein neues Problem: die Tatsache, dass eine supranationale Organisation in die Finanzpolitik eines autonomen Landes einzugreifen droht. Das ist nicht nur aus politischer, sondern möglicherweise auch aus juristischer Sicht ein Problem.
    – Ebenfalls problematisch ist der Beschluss, private Gläubiger insolvenzbedrohter Euro-Staaten nicht mehr an den Kosten einer Pleite zu beteiligen[ 82 ]. Im schlimmsten Fall führt diese Garantie dazu, dass Investoren weiterhin gegen hohe Zinsen Geld an finanzschwache Staaten leihen, ohne sich Gedanken um die Rückzahlung zu machen und im Insolvenzfall das Geld von den anderen Euro-Staaten einzufordern.
    Will man die Europäische Währungsunion erhalten, gibt es aber dennoch kaum Alternativen zum Euro-Rettungsschirm aus EFSM, EFSF und ESM. Belässt man die Finanzpolitik der Mitgliedstaaten in deren Hand, so muss man eine glaubhafte No-bailout-Klausel etablieren, die sicherstellt, dass jedes Land für die Folgen seiner eigenen Finanz- und Schuldenpolitik selbst verantwortlich ist. Das beinhaltet dann auch die Möglichkeit, dass ein souveränes Mitglied der Währungsunion wie Griechenland oder Italien insolvent wird und die europäischen Banken mit in die Krise reißt. Dies scheint keine politische Option für die Europäische Union zu sein. Zudem ist nach den Erfahrungen aus der Euro-Krise seit 2010 schon jetzt klar, dass eine No-bailout-Klausel offenbar nicht glaubwürdig ist.
    Damit bleibt nur noch die zweite Möglichkeit, die Vergemeinschaftung der bisher nationalen Finanz- und
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