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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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einer neuen wirtschaftspolitischen Koordinierung verhindert werden, dass die Euro-Staaten in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weiter auseinanderdriften, denn dies könnte den Bestand der Währungsunion ebenfalls gefährden. Im Einzelnen wurden folgende Maßnahmen beschlossen:
    – Im Rahmen des
Euro-Plus-Pakts
verpflichten sich die teilnehmenden Staaten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Wahl der konkreten Maßnahmen bleibt den nationalen Regierungen überlassen, die Überwachung erfolgt durch öffentlichen Druck. Bindende Verpflichtungen gibt es also keine.
    – Weiterhin wurde ein neues Verfahren zur wirtschaftspolitischen Koordinierung geschaffen, mit dessen Hilfe makroökonomischeUngleichgewichte vermieden werden sollen. Mit Hilfe verschiedener wirtschaftlicher Indikatoren wie beispielsweise des Leistungsbilanzdefizits soll festgestellt werden, ob die Politik eines Staates die wirtschaftliche Stabilität des Euro-Raums gefährden kann. Stellt man eine solche Gefährdung fest, so kann der Rat ein Verfahren wegen übermäßiger Ungleichgewichte einleiten und Geldbußen verhängen.
    – Die haushaltspolitische Koordinierung der EU-Staaten soll – auf Grundlage der beiden oben beschriebenen Verfahren – im Rahmen des so genannten Europäischen Semesters verbessert werden. Im Rahmen dieses Semesters verabschiedet der Europäische Rat zuerst Empfehlungen, die von den Mitgliedstaaten in ihren wirtschaftspolitischen Programmen berücksichtigt werden sollen. Anschließend soll die Kommission dann länderspezifische Empfehlungen für die Haushalte der Mitgliedstaaten verabschieden.
    – Mit dem Ende Januar 2012 beschlossenen Fiskalpakt sollen sich 25 EU-Staaten (außer Großbritannien und der Tschechischen Republik) dazu verpflichten, eine nationale Schuldenbremse nach deutschem Vorbild (vgl. Abschnitt 1 dieses Kapitels) einzuführen. Maximal 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung sollen als Defizit erlaubt sein, außer bei ungewöhnlichen Umständen – eine juristische Hintertür, die wir bereits aus der Debatte um den Artikel 115 Grundgesetz kennen. Stellt die Kommission eine Verletzung des Fiskalpaktes fest, so droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof – allerdings darf die Kommission selbst nicht klagen, das müssen Mitgliedstaaten tun. Kritiker sagen, dass dies zur Folge hat, dass potentielle Schuldensünder über tatsächliche Schuldensünder richten[ 82 ].
    Das Kernstück der Bemühungen um eine Reform der Währungsunion ist allerdings der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der den bis 2012 befristeten Euro-Rettungsschirm EFSF ersetzt. Der ESM soll dabei keine einfache Fortschreibung der bisherigen Rettungsinstrumente sein und ist als striktes Notfallinstrument gedacht. Der ESM soll Liquiditätshilfen an notleidende Länder vergeben können. In Ausnahmefällen soll auchder Ankauf notleidender Staatsanleihen durch den ESM erlaubt sein, aber nur unter strikten wirtschafts- und finanzpolitischen Auflagen. Ursprünglich sollte der ESM diese Anleihen nur unmittelbar von den emittierenden Staaten kaufen können (Primärmarkt), was einer direkten Finanzierung der Staatsschulden entspricht. Im Juli 2011 wurden die Befugnisse des Fonds jedoch dahingehend erweitert, dass er nun auch Staatsanleihen auf den Sekundärmärkten kaufen kann[ 76 ].
    Diese Maßnahmen müssen einstimmig von den Finanzministern beschlossen werden, die als Gouverneure des ESM fungieren. Das Finanzierungsvolumen des ESM beläuft sich auf insgesamt 700 Milliarden Euro. Davon werden 80 Milliarden als echte Kapitaleinlage von den Euro-Staaten überwiesen und 620 Milliarden werden als Garantien bereitgestellt (der Anteil jedes Euro-Staats richtet sich auch hier nach seinem Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank). Von diesen 700 Milliarden kann der ESM effektiv 500 Milliarden an notleidende Staaten ausleihen. Die restlichen 200 Milliarden stellen (wie zuvor beim EFSF) eine Übersicherung dar, damit garantiert ist, dass der ESM Mittel zu den besten Konditionen am Markt aufnehmen kann. Durch die Ubersicherung erhält er von den Rating-Agenturen die Bestnote AAA, was die Zinskosten des ESM minimiert.
    Aus der EFSF sind bereits Kredite in Höhe von rund 190 Milliarden Euro für Irland, Portugal und Griechenland zugesagt. Diese Kredite wurden bei der Gründung des ESM nicht berücksichtigt, so dass die effektive Kreditkapazität von ESM, EFSF und EFSM übergangsweise 700 Milliarden Euro erreicht. Allerdings sollen die
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