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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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der Verluste nicht ausreicht, wäre zudem eine Kapitalaufstockung der Notenbank durch die Mitgliedstaaten erforderlich.
    Außerdem hat die Zentralbank im Rahmen des «Quantitative easing» vor allem griechische, portugiesische und irische sowie auch italienische und spanische Staatsanleihen auf dem freien Kapitalmarkt (Sekundärmarkt) erworben. Diese Politik führt zu einer Ausweitung der Geldmenge, die bisher von den Banken in Form von so genannten Überschussreserven, einer Art Vorsichtskasse, bei der Zentralbank gehalten wird und sich daher noch nicht auf das allgemeine Preisniveau ausgewirkt hat.
    Kritiker dieser Politik bemängeln, dass dies de facto eine monetäre Alimentierung der Staatsverschuldung darstellt – mit allen damit verbundenen Problemen, die wir in Kapitel IV.4 diskutiert haben. Zudem verstoße der Ankauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank gegen Artikel 123 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln von Staaten durch die EuropäischeZentralbank oder die nationalen Zentralbanken verbietet. Zur Verteidigung des Handelns der Zentralbank wird angeführt, dass sie die Staatsanleihen nicht direkt erworben habe, sondern am Sekundärmarkt. Den Buchstaben des Artikel 123 ist man damit zwar treu geblieben, aber ein Verstoß gegen den Geist des Gesetzes könnte dennoch vorliegen.
    Einen weiteren Rechtsverstoß sehen Kritiker in der Tatsache, dass man den insolvenzbedrohten Staaten mittels des Rettungsschirms unter die Arme greift. Die Argumentationsbasis dafür ist der bereits ebenfalls erwähnte Artikel 125 des AEUV, der vorschreibt, dass weder die Union noch die Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten einzelner Mitgliedstaaten haften. Rat und Kommission rechtfertigten den Rettungsschirm mit Artikel 122 AEUV, nach dem die Union Staaten finanziellen Beistand leisten kann, die aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich ihrer Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen sind. Fraglich ist allerdings, ob die Schuldenkrise dieser Staaten sich ihrer Kontrolle entzieht.
    Der Rettungsschirm mit EFSM und EFSF ist als temporäre Maßnahme bis 2012 befristet. Zur Bekämpfung der Schuldenkrise in der Europäischen Union wurden 2010 und 2011 zudem umfangreiche weitere Maßnahmen beschlossen. Im Kern ging es dabei um drei Maßnahmenpakte (vgl.[ 77 ],[ 78 ] und[ 79 ]): Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde reformiert, um bessere finanzpolitische Disziplin innerhalb der Währungsunion zu etablieren. Es wurden umfangreiche Maßnahmen zu einer umfassenderen Koordination der Wirtschaftspolitik innerhalb der EU beschlossen, um ein stärkeres Auseinanderdriften der Volkswirtschaften im EU-Raum zu vermeiden. Und es wurde der
Europäische Stabilitätsmechanismus
(ESM) geschaffen, der bei finanziellen Schwierigkeiten einzelner Mitgliedstaaten mit Finanzierungshilfen einspringen soll.
    Zu den Maßnahmen im Einzelnen: Mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts soll dieser verschärft werden, um das Schuldenmachen der Nationalstaaten zu erschweren. Dazu sollen folgende Maßnahmen beitragen:
    – Bisher konnten Defizitverfahren nur eingeleitet werden, wenn die Neuverschuldung eines Staates über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts stieg. In Zukunft kann die Europäische Kommission bereits dann ein Defizitverfahren einleiten, wenn mittelfristig kein ausgeglichener oder nahezu ausgeglichener Haushalt zu erwarten ist. Zudem sind Mitgliedstaaten mit einer Schuldenquote von mehr als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verpflichtet, jährlich fünf Prozent des über dieser Grenze liegenden Teils der Quote abzubauen, solange die Schuldenquote über der Marke von 60 Prozent liegt.
    – Ist der mittelfristig angestrebte ausgeglichene Haushalt eines Landes gefährdet, so kann die Kommission eine Sanktion in Höhe von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts als verzinsliche Einlage verlangen. Diese kann bei weiteren Sanktionsschritten in eine unverzinsliche Einlage oder sogar in ein Bußgeld umgewandelt werden. Neben möglichen Bußgeldzahlungen soll auch die Möglichkeit bestehen, Staaten mit hohen Defiziten EU-Mittel zu streichen.
    – Damit die Sanktionen nicht mehr so einfach auf politischem Weg aufgehalten werden können, ist eine große (qualifizierte) Mehrheit im Rat erforderlich, um sie zu stoppen.
    Neben diesen Versuchen, die Schuldenpolitik der Mitgliedstaaten stärker zu disziplinieren, soll mit
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