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Staatsverschuldung

Staatsverschuldung

Titel: Staatsverschuldung
Autoren: Aloys Hanno u Prinz Beck
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No-bailout-Klausel), so entfallen theoretisch die Anreize für die Mitgliedstaaten, Schulden zu machen und auf die Hilfe der Gemeinschaft zu hoffen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Drohung, im Notfall nicht zu helfen, glaubwürdig ist. Für die Europäische Währungsunion ist eigentlich eine solche Klausel in Kraft: Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt, dass weder die Union noch die Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten einzelner Mitgliedstaaten haften.
    – Eine weitere Möglichkeit besteht in der Einführung von Schuldengrenzen auf Unionsebene. Diese Maßnahme ist nur wirksam, wenn die Einhaltung dieser Grenzen überwacht und Überschreitungen wirksam geahndet werden können. Zudem bedeuten Schuldengrenzen einen Verlust fiskalischer Autonomie der Mitgliedstaaten und erfordern einen entsprechenden politischen Willen. Gleiches gilt für ein System der Haushaltsüberwachung, das drohende Gefahren der Überschuldung bereits im Vorfeld erkennen soll.
    – Letztlich beschneiden solche Maßnahmen die Kompetenzen der Mitgliedstaaten bei der Haushaltspolitik. Im Extremfall läuft dies auf eine gemeinsame Fiskalpolitik hinaus, die ein fiskalisches Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten verhindern soll. Hierfür ist starker politischer Wille und demokratische Legitimation erforderlich. Die verwaltungstechnische Machbarkeit einer gemeinsamen Fiskalpolitik und ihre ökonomischeSinnhaftigkeit im Detail stehen dann noch auf einem ganz anderen Blatt.
    Sieht man von den hier angeführten Maßnahmen ab oder greifen diese nicht, so muss man befürchten, dass eine derart konstruierte Staaten- und Währungsgemeinschaft unter einem Webfehler leidet, der dazu führt, dass sich einzelne Mitgliedstaaten übermäßig verschulden werden und dabei auf die Hilfe der Gemeinschaft bei der Lösung ihrer Schuldenprobleme vertrauen. Genau hier liegt die Ursache der Schuldenkrise der Europäischen Union: Die Mitgliedschaft in der Währungsunion führte bei vielen Mitgliedstaaten dazu, dass sämtliche Mechanismen zur finanzpolitischen Disziplinierung versagten.
    Kommt es dann – wie im Jahr 2010 – zu einer Schuldenkrise, stellt sich die Frage, wie man damit umgeht. Will man die Insolvenz eines Mitgliedstaates aus oben angeführten Gründen nicht zulassen, so bleibt letztlich nur ein Mitteltransfer von der Gemeinschaft (Bailout), entweder in Form direkter Transfers oder in Form von vergünstigten Krediten zur Überbrückung der Liquiditätsschwierigkeiten. Solche Transfers werfen mehrere Probleme auf. Bereits erörtert wurden die Anreizprobleme: Sobald ein solcher Bailout einmal stattgefunden hat, dient er anderen Staaten als Lehrbeispiel: sie werden im Fall der Überschuldung unter Verweis auf den ersten Bailout ebenfalls Transfers fordern können. Das reduziert ihre Anreize, ihre Budgets zu konsolidieren.
    Je mehr Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nach solchen Transfers rufen, umso größer wird das Transfervolumen und umso mehr wird die innergemeinschaftliche Solidarität beansprucht. Dies wird den politischen Widerstand gegen ein Bailout tendenziell erhöhen und führt irgendwann doch zur definitiven Krise der Gemeinschaft.
    Problematisch sind schließlich auch die Anreize für die Kapitalmärkte: Die Existenz eines Bailout beziehungsweise schon seine Erwartung führen dazu, dass die Kapitalmärkte insolvenzgefährdeten Staaten Geld leihen, ohne adäquate Risikoaufschläge zu fordern. Das kann zu weiteren Überschuldungenführen, deren Kosten wiederum von den Mitgliedern der Gemeinschaft getragen werden müssen. Mit anderen Worten: Ein Bailout lädt die Finanzmärkte dazu ein, auf Kosten der Gemeinschaft zu spekulieren. Im Falle Griechenlands wurde das praktiziert: Nach dem Beschluss zur Rettung Griechenlands an einem Wochenende stiegen die Kurse griechischer Anleihen am Montag darauf um 20 Prozent. Kursgewinne für all jene, die zuvor auf eine Rettung Griechenlands gewettet hatten.
4. Der Euro-Rettungsschirm um EFSM, EFSF und ESM
    Trotz der hier genannten Probleme, die ein Bailout aufwirft, hat sich die Europäische Union entschlossen, insolvenzbedrohten Staaten der Euro-Zone zu helfen. Zu diesem Zweck wurde am 10. Mai 2010 ein Schirm zur Rettung überschuldeter Euro-Mitgliedstaaten vor der Zahlungsunfähigkeit gegenüber ausländischen Gläubigern beschlossen (der so genannte Euro-Rettungsschirm)[ 75 ]. Dieser Schirm kann Kredite an notleidende Staaten vergeben. Er hat ein Volumen
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