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St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau

Titel: St. Leger 01 - Der Fluch Der Feuerfrau
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grüne Augen blickten sehr irdisch drein. Unter den dunklen und zart gewölbten Brauen schauten sie mit lebendiger Neugier und Intelligenz in die Welt. Während die junge Frau sich festhalten musste, um von den Stößen der Kutsche nicht völlig durchgerüttelt zu werden, studierte sie mit großem Interesse die Landschaft, durch welche sie zogen. Eine öde, zerklüftete Region, die der Frühling vergessen zu haben schien. Nirgends auch nur das kleinste Anzeichen von Grün, nur endloses Moorland mit dunkler Erika und niedrigen Büschen. Hier und da streckte ein knorriger Baum nackte Zweige himmelwärts und wirkte wie eine verlorene Seele, die vergeblich ins Paradies auffahren möchte.
    Sie gelangten nun in sein Land, hatten den Rand se in er Welt erreicht. Anatole St. Leger. Ihr Gemahl. Der Mann, dem sie vor knapp zwei Wochen Treue und Gehorsam geschworen hatte.
    Madelines Hand glitt wie von selbst zu dem Medaillon, das sie unter ihrem Kleid aus reich bestickter, aprikosenfarbener Seide trug. Das elfenbeinerne Oval hing an einem dünnen blauen Band direkt über ihrem Busen. Reverend Fitzleger hatte ihr dieses Bildnis Anatoles geschenkt, zusammen mit dem einfachen goldenen Ring, der jetzt fest auf ihrem Finger steckte. Dieser verband sie mit einem Mann, den sie noch nie vor sich gesehen hatte. Die junge Frau spürte das Schmuckstück, und es zauberte das Bild eines sanften dunkelhaarigen Mannes in ihre Gedanken zurück. Das Medaillon verlieh ihr eine Art Sicherheit, und die brauchte sie auch immer mehr, je näher das Ziel heranrückte. Während der letzten Reisemeilen schienen sogar die Kutschräder ihr mit Knarren und Quietschen die Frage gestellt zu haben, welche sie schon lange plagte. Was hast du getan? Was hast du nur getan? »Grundgütiger, Madeline, das hier muss das Ende der Welt sein.« Die strenge Stimme ihrer Reisegefährtin rief die Aufmerksamkeit der jungen Frau ins Innere des Wagens zurück.
    »Nein, nicht das Ende der Welt, Hetty, nur Cornwall«, entgegnete sie mit entschlossener Fröhlichkeit. Madeline lehnte sich in die samtenen Polster und blickte in die sauertöpfische Miene ihrer Base.
    Mit ihren dreißig Jahren war Miss Harriet Breton eine große, stämmige Frau, deren breite Schultern die Stutzer in London oft dazu verleitete, ihr kumpelhaft darauf zu klopfen. Sie hatte das dunkelbraune Haar unter einen einfachen Hut mit weiter Krempe zurückgesteckt, der das Grimmige ihres Gesichtsausdrucks noch betonte. »Dies ist der gottverlassenste Landstrich, den ich je gesehen habe«, beschwerte sich Harriet. »Hier draußen steht ja rein gar nichts, nicht einmal ein einsames Gehöft. Wo soll sich denn dieses Castle Leger befinden?«
    »Das weiß ich auch nicht so genau. Es kann aber nicht mehr weit sein.«
    »Genau das hast du mir geantwortet, als wir in diesem erbärmlichen Kaff angehalten haben. Doch seitdem haben wir nichts als Moor zu sehen bekommen. Der richtige Ort für Strauchdiebe. Wenn die uns hier für tot liegen lassen, werden wir niemals gefunden.«
    »Du hast wirklich eine ansteckend gute Laune, Hetty«, schnaubte die junge Ehefrau.
    »Ich habe deinem Vater von Anfang an gesagt, dass wir mehr Reiter für unseren Schutz benötigten. Tja, mir kann man jedenfalls keinen Vorwurf machen, wenn wir am Ende geschändet und ausgeraubt im Heideland liegen, während die Spitzbuben mit deinen Brautgewändern über alle Berge sind!«
    »Diese Galgenstricke, von denen du da sprichst, würden zu albern aussehen, wenn sie in meinen Brautgewändern durch die Gegend liefen. Weißt du, Hetty, du sprichst so oft davon, geschändet und entehrt zu werden, dass man fast den Eindruck gewinnen könnte, es wäre dir gar nicht so unrecht, wenn unvermittelt ein paar hübsche Banditen auftauchten.«
    Die Base reagierte darauf nur mit einem schockierten und indignierten Blick. Madeline legte ihr spöttisches Lächeln ab und hoffte inständig auf ein Wunder, infolgedessen Harriet endlich so etwas wie Humor entwickelte. Fünf Tage eingesperrt mit dieser Frau und ihren düsteren Vorahnungen hatten in Madeline den starken Wunsch hervorgerufen, der Konvention und den Elementen zu trotzen und auf einem Pferd hinter der Kutsche her zu reiten. Nur eines hatte sie bislang davon abgehalten: die Furcht davor, ein Tier zu besteigen, das sich schneller als Schrittgeschwindigkeit bewegte.
    Harriet bedachte die Landschaft mit einem weiteren missbilligenden Blick und wandte sich dann wieder ihrem Lieblingsthema zu: »Ich hoffe, du bist
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