Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
weil es in Ihren Augen ja schon wieder ein Zufall wäre!“
    Sie überle gte.
    „Machen Sie schon . Und können Sie mir nicht diese Fesseln wegnehmen?“
    W enn er wirklich Recht hatte? Wenn er nur wieder zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war? Dann bedeutete das, dass sie völlig unprofessionell und unreflektiert reagiert hätte. Sie hätte ihn sogar beinahe getötet.
    „ Jetzt machen Sie schon!“, drängte er mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Louise Woolfe! Rufen Sie die Polizei in Darwin an!“
    I n diesem Moment wusste sie, dass sie versagt hatte. Bring’ es hinter dich, sagte die nüchterne Detective-Stimme, und sie wählte Shanes Nummer. Er ging nicht dran, dafür meldete sich ein Detective Vicky Chank. Shane hat sein Handy vergessen, erklärte sie. Sie wusste offenbar Bescheid, dass Tamara Shanes Kollegin war.
    „ Wir haben ihn!“, hörte Tamara Vicky sagen. „Ein gewisser Brett Horkay, Schriftsteller, Journalist und Ethnologe.“
    Sie brauchte sich die Nummer von Louise Woolfe nicht mehr geben zu lassen. Sie hielt das Handy noch eine Weile in ihrer Hand. Warum hatte Shane ihr, verdammt nochmal, nicht Bescheid gegeben?
    „Und?“ stöhnte Todd. „Was ist? Rufen Sie Louise Woolfe an!“
    Sie sah zu ihm hinüber. Das Blut hatte sein Hemd durchtränkt. Schweiß stand ihm auf der bleichen Stirn. Das ist alles nicht wahr, dachte sie, stand von der Bettkante auf, bückte sich und nahm ihm das Kabel ab.
    „Ich sammele alle wieder auf“, murmelte sie und kniete sich neben ihn auf den Boden zwischen die Perlen.

12
    Tony Costarelli bekäme Morphium, um die Schmerzen zu betäuben, hatte der Arzt Shane mitgeteilt. Costarellis Kopf schien geschrumpft zu sein. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als er hochblickte und sagte: „Hast du ihn endlich?“ Seine Augen flackerten.
    „Ich denke , ja.“
    „ Jesus, ich hab schon gedacht, du schaffst es nicht mehr“, sagte Costarelli leise.
    Shane setzte sich.
    „McNulty soll als Kind einmal fast ertrunken sein, da hat ihn ein weißer Junge gerettet. Sieht ganz nach Horkay aus. Er war damals mit seinem Vater wegen eines Forschungsprojekts…“
    „Ja“, krächzte Costarelli, „ich erinnere mich, Vater und Sohn waren wegen der Wetterstation mal für ein paar Monate da, die Mutter und die kleine Schwester waren durch Tracy ums Leben gekommen …“
    „Was sagst du da?“
    „Sprech’ ich schon so undeutlich?“
    „Nein, aber … du hast Wetterstation gesagt?“
    „Verdammt, ja, sie haben nach diesem verfluchten Zyklon 1974 eine Wettermeldestation ganz im Westen von Bathurst Island aufgebaut. Ab und zu musste mal einer kommen und irgendwas messen.“
    „Und das war Horkay?“ Ein Ethnologe schien nicht der passende Spezialist für eine solche Aufgabe zu sein …
    „Hab ich das gesagt?“ Costarelli wirkt e verwirrt.
    „Tony, denk bitte nach . War es Horkay?“
    Costarellis Atem ging schwer als würde er gleich in einen tiefen Schlaf fallen.
    „Ich hab den Namen vergessen. In letzter Zeit vergesse ich alle Namen. Jeden Monat zehn oder fünfzehn Namen …“ Costarellis Blick wanderte zur Decke. „Er hieß Brad.“
    „Wer?“ , fragte Shane.
    „Der verdammte Meteorologe. Jetzt weiß ich’s wieder. “
    Der Meteorologe … nicht der Ethnologe oder Höhlenforscher. Der Meteorologe, der Ingenieur … Brad Hoffman ... Der Name stieg aus seinem Gedächtnis auf. Der Vater von Todd Hoffman. Er war die ganze Zeit über da gewesen. Von Anfang an. Seitdem er Louise Woolfe getroffen und sie von den Sachverständigen gesprochen hatte.
    „ Todd Hoffman“, sagte er.
    Costarelli zog die Augenbrauen zusammen. „Hoffman, richtig, Brad Hoffman ... Ja, so hieß er.“
    „ Er muss einen zehn- oder elfjährigen Sohn gehabt haben.“ Shane schob den Stuhl zurück.
    „ Warte … ich muss dir noch was sagen.“
    Costarelli schluckte. „Die Mail …“
    „Ja, Hoffman hat sich über mich lustig …“
    Costarelli schüttelte den Kopf. „Ich hab sie geschrieben.“
    „Du?“
    „Ich wollte den Fall noch aufklären, bevor ich …“
    Costarelli bewegte die Lippen, flüsterte etwas, doch Shane verstand ihn nicht. Er beugte sich zu ihm herunter. Aber Costarelli sagte nichts mehr. Sein Gesicht war entspannt, als er die Augen schloss. Das goldene Kreuz blitzte zwischen seinem dichten Brusthaar auf.
    Auf dem Monitor kehrten die Spitzen und Kurven in friedvoller Regelmäßigkeit wieder. Shane wartete, doch Costarelli schlief. Er stand auf und verließ das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher