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Spur nach Ostfriesland

Spur nach Ostfriesland

Titel: Spur nach Ostfriesland
Autoren: Beate Sommer
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auf Distanz bedacht und schwebte in anderen Sphären. Die vermutlich alle um Colin Schüttler kreisten. Mit dem hatte sie Lindenaus Computer ausgewertet. Und mit dem war sie allabendlich nach dem Dienst entschwunden, munter lachend. Mit keinem Wort war sie auf seinen Antrag zurückgekommen, aber er verstand auch so, was Sache war. Er war schließlich nicht blind. Trotzdem. Er seufzte.
    Wo blieb Hartmann? Er hatte lediglich den Bericht zu Fromm bringen wollen, so lange konnte das doch gar nicht dauern. Hinge sein Mantel nicht noch am Haken, hätte er angenommen, er habe sich aus dem Staub gemacht, weil er ahnte, dass er eine Aussprache anstrebte. Mit anschließendem Besäufnis. Schließlich war Freitag.
    Gut zwei Wochen waren seit jener verhängnisvollen Nacht vergangen, in der zwei Menschen ihr Leben gelassen hatten und so einer Haftstrafe entgangen waren. Er hätte ein sauberes Geständnis und ein ordentliches Verfahren vorgezogen, zwei, genau genommen. Das einzig Gute an diesem Scherbenhaufen war, dass Franziska frei und einigermaßen wohlauf war, sie machte einen Medikamentenentzug und befand sich in therapeutischer Behandlung, um mit den Folgen dieser perfiden Gehirnwäsche klarzukommen.
    Das war es, womit Lindenau experimentiert hatte, rekapitulierte er die Ereignisse ein weiteres ungezähltes Mal, und sie konnten froh sein, dass er seine »Forschungsergebnisse« akribisch aufgezeichnet hatte, sonst hätte jeder Staatsanwalt ihren Abschlussbericht in Grund und Boden gestampft.
    Es erschien ihnen ja selbst schwer vorstellbar, dass Lindenau mit anachronistischen Sprüchen versucht hatte, die in seinen Augen allzu selbstbewussten Frauen zu »benutzerfreundlichen« untergeordneten Wesen umzuformen, die, dank der Medikamente, nur unklare, verschwommene Erinnerungen an die Umprogrammierung und die Zeit in dem Keller behalten hatten. Dass er sie hinterher obendrein als Patientinnen behandelte, hatte ihm natürlich in die Hände gespielt. So hatte er die Kontrolle behalten und ihnen bei Bedarf das Zeug auch weiterhin verabreichen können. Propra-irgendwas, er konnte es sich nicht merken, aber es löschte, insofern als es der Erfahrung das Bedrohliche nahm, die Erinnerung an das erlittene Trauma aus. So in etwa. Er fühlte sich nicht ausreichend kompetent, um die Materie zu begreifen, wusste nur, dass Angstforscher erfolgreich mit dem Medikament experimentierten, um Soldaten mit PTBS helfen zu können.
    Auf die Idee war Lindenau ursprünglich anscheinend durch die Behandlung Constanze Gentners nach deren Selbstmordversuch gekommen. Gentner selbst hatte sich bei ihm, ihrem Arzt, über ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben, ihren Wunsch nach eigenständigen Inhalten beklagt, und das hatte er zum Anlass genommen, zu versuchen, eine zufriedene Hausfrau und Mutter aus ihr zu machen. Nicht ohne Erfolg, wie er nach ihren regelmäßigen »Therapie-Sitzungen« vermerkt hatte. Gentner jedenfalls hatte jedes Wissen um die Vorgänge vehement bestritten, und da Lindenau nichts Gegenteiliges notiert hatte, konnten sie dem, zu Hartmanns Leidwesen, nichts anhängen.
    Was bei Constanze schon ziemlich gut funktioniert hatte, so Lindenaus Überlegung, musste sich noch perfektionieren lassen. Eine durch Entführung und totale Deprivation traumatisierte Frau wäre sicherlich empfänglicher für seine Suggestionen. Unvorstellbar, wie beängstigend es gewesen sein musste, eine Woche lang in totaler Finsternis, vollkommener Stille auszuharren, kaum etwas zu essen zu bekommen und obendrein fürchten zu müssen, dass der Mensch, der einen versorgt, ganz ausbleiben könnte. Und danach war das Licht ein- und nicht mehr ausgeschaltet worden, Schlafentzug kombiniert mit der Beschallung. Grauenhaft. Die Steigerung des Stockholmsyndroms, selbstverständlich allein zu Forschungszwecken.
    Oh, und er war planvoll vorgegangen, hatte das Haus erworben und die Umbaumaßnahmen durchgeführt, bevor seine Frau es überhaupt besichtigt hatte. Zinkel wäre nie auf die Idee gekommen, dass eines der vielen Bücherregale den Zugang zu dem Versteck verbarg, wenn er nicht aufs Klo gegangen wäre. Selbst Sprenger bezweifelte, dass sie bei einer Durchsuchung dahintergekommen wären, und der war nun echt ein Meister seines Fachs. Was für ein Glück, dass Lindenau wohl Angst gehabt hatte, Franziska könnte bei ihm gefunden werden und sie am Bahnhof abgeladen hatte, bevor – nein, darüber wollte er jetzt nicht nachdenken.
    Jedenfalls war es offensichtlich Petersen zu
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