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Spuk nach Mitternacht

Spuk nach Mitternacht

Titel: Spuk nach Mitternacht
Autoren: Wolfgang Ecke
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zurückbekäme.“
    Herr Knix legte die Hand über die Augen, als hielte er nach jemandem Ausschau, während sich Balduin Pfiff nachdenklich am Kinn kratzte.
    Doch dann fuhren beide Köpfe in eine Richtung, nämlich zur Tür.
    Es hatte wieder geklopft. Noch leiser und noch drängender. „Heiliger Bonifatius, das ist ja wie auf der Post!“ brummte Balduin Pfiff und rief „Herein!“
    Eine ältliche Dame mit strengem Haarknoten und einer Brille, so groß wie die von Rennfahrern, trat ein.
    „Guten Abend!“ hauchte sie.
    „Noch’n Glücksbringer, schätze ich, was?“
    Frau Kohlmann, die Sekretärin des Direktors, lehnte sich zitternd an den Türpfosten und berichtete tonlos: „Herr Direktor, Herr Hübli von 32 hat soeben beim Nachtportier angerufen und verlangt, daß dieser die Polizei holt.“
    „Die Po... Po... Polizei“, stotterte Herr Knix.
    Frau Kohlmann nickte.
    „Man hat ihm eine wertvolle Uhr gestohlen!“
    „Oooooo“, stöhnte Herr Knix langanhaltend. Und noch einmal: „Oooooo!“ Sein Blick wanderte zu Balduin Pfiff.
    „’ne Uhr“, nickte dieser. „Eine Uhr und eine Perlenkette, wenn’s weiter nichts ist.“ Erwippte kurzauf den Zehenspitzen und rammte sich seinen dicken runden Daumen in die Brust. „Sie haben ja Balduin Pfiff!“
    „Wenn der Fürst davon erfährt, zieht er sofort zur Konkurrenz“, Herr Knix malte sich die Folgen in den schwärzesten Farben aus.
    Balduin Pfiff zog seine Jacke an, tastete sie ab, um festzustellen, ob auch alles am Platze war, und sagte: „Also, dann beginnen wir mal bei Herrn Hübli!“

    Herr Hübli, ein kleiner, schmächtiger Mann aus der Nähe von Bern, empfing sie voller Ungeduld.
    Er steckte in einem weinroten, viel zu langen Bademantel aus Plüsch und sprach mit sehr ausgeprägtem Schweizer Akzent. Und wie er sprach. Seine Stimme schien gar nicht zu dem fast zierlichen Körper zu gehören. Sie war volltönig, dunkel und tief.
    „Wer ist der Direktor?“ Mit diesen Worten stürzte er auf die beiden Männer zu. „Psssst! Ich, Herr Hübli!“ flüsterte Herr Knix und hob beschwörend die Hände. „Psssst!“
    „Ich verlange, daß Sie sofort die Polizei verständigen!“ dröhnte es aus Herrn Hüblis magerem Brustkasten. „Oder haben Sie schon?“
    Irgend jemand klopfte an irgendeine Wand. War es links oder rechts?
    „Bitte, Herr Hübli, wir wollen doch unnötiges Aufsehen vermeiden!“ versuchte der entsetzte Herr Knix den aufgebrachten Hübli zu besänftigen. „Ich habe Ihnen hier Herrn Pfiff mitgebracht. Er ist der beste Detektiv unserer Stadt!“
    Aus den Augen des kleinen Schweizers schossen giftige Blicke, als er zum ersten Mal Balduin Pfiff näher in Augenschein nahm. Und obwohl höchstens einen einzigen Zentimeter größer als dieser, höhnte er: „Ein Detektiv? Sieht mir eher aus wie ein Briefbeschwerer!“
    „Aber Herr Hübli!“ rief der Direktor erschrocken und hätte sich am liebsten in seiner eigenen Hosentasche verkrochen.
    Doch Balduin Pfiff strahlte Herrn Hübli ungerührt an. Ja, er lachte sogar: „Hehehehehe, Briefbeschwerer ist gut. Ich danke Ihnen, Herr Hübli, ich hab’ schon lange nach einem neuen Spitznamen für mich gesucht. Briefbeschwerer, hehehehe...“ Doch dann wurde Balduin Pfiff plötzlich ernst und sachlich. Er sah Herrn Hübli streng an und sprach nun ebenso: „Bitte, beschreiben Sie mir die Uhr, Herr Hübli!“
    Als hätte man den kleinen Schweizer aufgezogen, so sprudelte es aus ihm hervor: „Ein Wecker war es. Ich habe ihn von meinem Großvater geerbt, er begleitet mich seit zwanzig Jahren überall hin. Groß und rund wie ein Kuchenteller ist er. Großer Zeiger, kleiner Zeiger, Sekundenzeiger und Weckautomatik. Eine Schweizer Präzisionsarbeit aus massivem Gold und gute zehntausend Fränkli wert...“ All das hatte er von sich gegeben, ohne ein einziges Mal Luft zu holen.
    „Und wo hat dieses Wunderwerk gelegen?“
    „Auf dem Tisch natürlich!“
    „Natürlich...“ Balduin Pfiff lächelte. Dann machte er mit beiden Händen eine aufmunternde Einladung: „Bitte, meine Herren, plazieren Sie sich jetzt einmal mit angezogenen Beinen auf dem Bett, wenn ich bitten darf!“
    „Auf dem Bett?“ wiederholte Herr Knix und tat, als habe Balduin Pfiff verlangt, er solle in Unterhosen und mit Lockenwicklern über den Marktplatz marschieren.
    Auch Herr Hübli schien an Balduin Pfiffs Verstand zu zweifeln.
    „Sie sind ein Witzbold, schätze ich“, sagte er, und es klang ein wenig ängstlich.

    „Bitte aufs
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