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Spuk nach Mitternacht

Spuk nach Mitternacht

Titel: Spuk nach Mitternacht
Autoren: Wolfgang Ecke
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Überraschender Besuch

    Noch ahnte Balduin Pfiff nichts.
    Noch schlief der kleine, kugelrunde Detektiv tief und fest. Zusammengerollt wie eine Katze lag er auf dem Sofa seiner „Guten Stube“. Und das am hellichten Nachmittag.
    Er ahnte nichts von dem Mann, der in diesem Augenblick mit angstvollen Blicken durch die Haustür schoß und mit lautem Tack-Tack-Tack die hölzernen Stufen aufwärts polterte.
    „Hoffentlich ist er da...“ schnaufte er mit blassen Lippen... „Schrecklich, wenn er nicht da wäre... o mein Herz...“
    Der hagere Mann mit dem verschwitzten Gesicht unter dem verrutschten Hut preßte die Hand gegen die magere Brust.
    „Was mache ich nur, wenn er nicht da ist?“ Er hielt einen Augenblick inne und fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn. Dann nickte er sich selbst zu und jammerte: „Ich versteck’ mich auf dem Dachboden!“
    Endlich war es geschafft. BALDUIN PFIFF stand auf dem Schild. Und weil er es eilig hatte, legte er nicht nur den Finger, sondern die ganze Hand auf den Klingelknopf neben dem Schild.
    Rrrrrrrr, schrillte es hell und aufdringlich. Er lauschte — nichts!
    Der Mann streckte seinen Kopf wie ein Vogel vor und schloß die Augen. Doch auch jetzt hörte er nichts.

    Rrrrrrrrr, tat es ein zweites Mal.
    Diesmal preßte der Besucher eines seiner großen bleichen Ohren an die Türfüllung.
    Wieder nichts!
    Rrrrrrrrrr — Rrrrrrrrr — Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr...
    Da... da warein Geräusch. Die Miene des Hageren verklärte sich.
    Bums!!!!
    Balduin Pfiff riß die Tür mit solcher Wucht auf, daß der Mann davor entsetzt zurückfuhr. Beinahe hätte er dabei das Gleichgewicht verloren.
    „Herr!!“ blitzte der kleine Detektiv den Klingler an, „meine Klingel ist kein Feuermelder, und ich habe keine Flügel!“
    „Ver...Verzeihung... ich... ich... ich wollte z..z... zu Herrn Balduin Pfiff!“ stotterte der Hagere erschrocken und zog seinen zerdrückten Hut.
    „Ei der Daus!“ brummte Balduin Pfiff und kratzte sich an einer Schlaffalte auf der rechten Backe, die diese wie ein Brötchen aussehen ließ. „Müssen Sie dieserhalbwegen die Klingel demolieren, he??“
    „Ich werde bedroht!“ flüsterte der eingeschüchterte Besucher. Und als er die Kerbe zwischen Balduin Pfiffs Kulleraugen sah, wiederholte er beschwörend:
    „Hören Sie, Herr Pfiff, ich werde bedroht! Mein Herz schlägt bis zur Nase!“ Er tippte sich auf dieselbe.
    Da verzog sich Pfiffs Mund zu einem breiten Grinsen, und er lachte meckernd: „Hehehehe, man sieht’s ihr an!“ Dann zeigte er mit dem ausgestreckten Daumen hinter sich und brummte versöhnlich: „Na, dann treten Sie mal näher!“
    Schwups!!
    Der Hagere war so schnell an Balduin Pfiff vorbei, daß sich dieser laut wunderte: „Heiliges Kanonenröhrchen, Sie haben es aber eilig!“
    Der andere holte ganz tief Luft und rief: „Danke!“
    Und nochmals erleichtert: „Danke, jetzt ist mir wohler!“ Balduin Pfiff deutete auf die Tür, die zum Wohnzimmer führte: „Da geht’s lang!“
    Der kleine Detektiv schob Decke und Kissen auf dem Sofa zu einem unordentlichen Paket zusammen und ließ sich zufrieden auf den freien Platz plumpsen.
    „Setzen Sie sich doch!“ forderte er seinen Gast auf, doch der schlug abwehrend die Hände zusammen und beteuerte: „Um Himmels willen, ich kann doch jetzt nicht sitzen! Wo es mir überall kribbelt…“ Er schüttelte den Kopf, streckte seine Hände aus und jammerte: „Da, sehen Sie nur, wie meine Hände zittern...“
    Balduin Pfiff nickte gelangweilt, zeigte zuerst nach unten, anschließend nach oben. „Dann legen Sie sich meinetwegen auf den Teppich oder auf den Schrank.“
    Der Hagere musterte den Detektiv einen Augenblick fassungslos, und es schien, als überlege er, ob er vielleicht in die falsche Wohnung geraten sei.
    „Danke!“ sagte er schließlich. „Dann setze ich mich doch lieber.“ Ächzend ließ ersieh in einen Sessel fallen, um jedoch im gleichen Augenblickmiteinem lauten „Au!!“ wieder hochzufahren. Entsetzt starrte er auf eine gebogene Nagelschere.

    Balduin Pfiff nickte gleichermaßen erfreut wie unschuldig. „Ich hab’ sie den ganzen Vormittag gesucht. Hoffentlich haben Sie sie nicht verbogen.“
    „Verbogen??“ Des Hageren Rechte tastete nach dem Schmerz auf seiner Sitzfläche, während seine linke Hand nach der Schere griff. Er musterte sie kurz und reichte sie Balduin Pfiff. Der legte sie behutsam auf das kleine Abstelltischchen neben dem Sofa. Er sah zu seinem Besucher auf,
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