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Spuk nach Mitternacht

Spuk nach Mitternacht

Titel: Spuk nach Mitternacht
Autoren: Wolfgang Ecke
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meiner Nase weg, Herr Brommel!“ schnauzte der kleine Detektiv und machte einen Satz zur Seite. Mißtrauisch beäugte er den Vorderlader in Brommels Hand. Verabscheute er doch nichts mehr wie Leute, die plötzlich mit Kanonen jonglierten, nachdem sie sonst nur mit Schreib- und Rechengeräten umgingen.
    „Es... es ist nur zu mei... meinem Schutz!“ stotterte Anton Brommel verlegen und noch immer voller Furcht.
    „Wo haben Sie diese Bleischleuder denn ausgegraben?“ wollte Balduin Pfiff wissen.
    „Ist ein altes Familienerbstück. Ein Vorfahr von mir hat damit gegen Napoleon gekämpft.“
    „Genauso sieht das Ding aus“, sagte Balduin und wippte auf den Zehenspitzen. „Räumen Sie die Kugelspritze weg, bevor sie explodiert!“
    „Aber sie ist doch nicht geladen.“
    Balduin reckte theatralisch die Arme nach oben und rief: „O sole mio, das wird sich der, den Sie abschrecken wollen, auch denken. Außerdem, heiliges Kanonenröhrchen, wie soll der Bösewicht diesen Spatzenschreck sehen, wenn Sie hier wie eine Fledermaus im Dunkeln hocken, he?“ Balduins kleiner dicker Zeigefinger deutete nach rechts unten.
    „Stellen Sie die Flinte in den Schirmständer!“
    Anton Cäsar Brommel tat, wie ihm geheißen. Dabei kam er sich offensichtlich albern vor. Und er verteidigte sich: „Wissen Sie, Herr Pfiff, wenn man so unter Druck steht, tut man oft Dinge, die einem hinterher sonderbar erscheinen. Geht Ihnen das nicht auch so?“
    „Nein!“ raunzte Balduin Pfiff Anton Brommel laut und heftig an. Und genauso poltrig fuhr er fort: „Wette, daß Sie direkt neben der Haustür gehockt haben, als ich kam!“
    „Ja“, nickte Herr Brommel scheinbar fassungslos. „Woher wissen Sie das, ich habe doch keinen Laut von mir gegeben. Beim Atmen habe ich mir sogar ein Taschentuch vor den Mund gehalten.“
    Balduin Pfiff sah auf seine Uhr.
    „Vom letzten Klingeln bis zu Ihrem Rufen sind genau zwei Sekunden vergangen. Hören Sie, zwei Sekunden!“ Er zählte: „Eins — zwei! und schon waren Sie da! Und jetzt, Herr Brommel, wo ist der ominöse Eilbrief?“
    Anton Cäsar Brommel zog das „gefährliche Papier“ aus der Hosentasche.
    „Heute nacht null Uhr drei!“ las Balduin Pfiff. Das Ganze war mit Maschine geschrieben.
    Er schloß die Augen und schob den Brief mehrere Male langsam unter seiner Nase hin und her. Dabei schnüffelte er wie ein Beamter vom BÜRO FÜR GERUCHSBELÄSTIGUNG. Anton Brommel hielt unwillkürlich den Atem an. In seinem Kopf ging es kunterbunt durcheinander.
    Er wagte vor lauter Angst kaum Luft zu holen, und dieser kleine, kugelrunde Detektiv mit den kirschrunden Kulleraugen schnupperte in einer Lautstärke an einem gewöhnlichen Papier herum, daß man das Geräusch sicher noch drei Häuser weiter hörte.
    Warum nur, jammerte Anton Brommel innerlich, bin ich nicht gleich zur Polizei gegangen? Doch im gleichen Augenblick durchfuhr es ihn siedendheiß. Polizei hieß amtliche Ermittlung. Amtliches Verhör, Aussagen, Protokolle und... und... Das Klingelputzen, die Scheibe. All das wäre dann ruchbar geworden. Nicht auszudenken. Sein ganzer guter Ruf wäre zum Teufel. Vielleicht würde man sogar über ihn lachen oder, was noch schlimmer wäre, über ihn spotten. Nein, nein, da wollte er doch lieber zahlen oder einen kleinen dicken, offensichtlich ein wenig verrückten Privatdetektiv in Kauf nehmen.
    Wenn nur dieser verflixte Eilbrief mit der furchterregenden Drohung nicht gewesen wäre...
    Bei diesem Teil seiner Überlegungen angekommen, spürte Anton Cäsar Brommel wieder jene eiskalte Hand im Rücken, und unwillkürlich machte er einen Schritt auf Balduin Pfiff zu.
    Der reichte ihm den Brief zurück und murmelte dazu nur ein Wort: „Juchten!“ Obwohl Herr Brommel im Augenblick damit nichts anzufangen wußte, nickte er.
    „Schließen Sie auf und lassen Sie mich hinaus!“ sagte der Detektiv, und sein rundes Kinn winkte zur Tür.
    Anton Brommel wich erschrocken zurück.
    „Hinaus?? Sie wollen hinaus?“ Ein rascher Blick auf das Zifferblatt sagte ihm, was die Uhr geschlagen hatte. In seinen Augen malte sich Entsetzen.
    „Noch eine gute dreiviertel Stunde, Herr Pfiff. Sie können mich doch jetzt nicht allein lassen.“
    Balduin Pfiff runzelte die Stirn.
    „Ich könnte mich gut draußen im Garten verstecken. Das ganze Haus ist von Strauchwerk umgeben!“
    Anton Brommel stürzte nach vorn, packte Balduin Pfiff an den Rockaufschlägen und schüttelte ihn:
    „Ich bin kein Held, Herr Pfiff!“ rief er
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