Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spuk nach Mitternacht

Spuk nach Mitternacht

Titel: Spuk nach Mitternacht
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
erkennen.
    „Tatsächlich sechs Uhr! Was denn... sechs Uhr ist ja auch 18 Uhr...“ Ein zufriedenes Grinsen legte sich auf sein rundes Gesicht mit den Schlaffalten.
    „Es ist Abendbrotzeit!“ Er musterte kurz die Geschirransammlung auf dem Tisch und schüttelte dann entschieden den Kopf. Im Speisesaal würde es ihm heute abend sicher besser schmecken!
    Rasieren,
    Zähneputzen,
    eine kalte Dusche und
    ein anderer Anzug veränderten Balduin Pfiff, und Punkt 18 Uhr 30 schwenkte er frisch gekämmt mit Links-zwo-drei-vier in den Speisesaal ein.
    Hmmmmm, von irgendwoher duftete es verführerisch nach geschmorter Ente.
    Ah, und da entdeckte er auch schon seinen Schützling.
    Der Fürst saß in einer von Kerzen erleuchteten Nische und labte sich an etwas Fischernem.
    Sein Diener stand bewegungslos drei Meter hinter ihm, hielt die Arme auf der Brust verschränkt und starrte seinem Herrn ein Loch in den Turban.
    „Behängen wie ein Christbaum“, dachte Balduin Pfiff bei sich, als er die Schmuckkollektion sah, mit der sich der sonnenbrillenbewehrte indische Würdenträger ausgestattet hatte.
    Ketten, Medaillons und glitzernde Steine, wohin man auch sah. Fast auf jedem Finger steckte ein Ring. Die übrigen Gäste im Speisesaal schienen sich mehr für den orientalischen Mitesser zu interessieren als für das, was auf ihren Tellern lag.
    Der kleine Detektiv dagegen verband geschickt das eine mit dem anderen.
    Als sich der Fürst nach etwa zwanzig Minuten erhob und wie ein Fürst den Speisesaal verließ, tat er es ohne den kleinsten Wortwechsel mit seinem Diener. Dieserwartete, bis sein Herr und Gebieter verschwunden war, und ließ sich erst dann an der Tafel nieder.
    „Sitten sind das“, murmelte Balduin Pfiff und schob sich eine Riesenportion Entenschlegel in den Mund.

So vergingen die Tage

    Ganz recht.
    So vergingen sie, ohne daß etwas geschah.
    Das Leben im Hotel nahm seinen gewohnten Gang. Und selbst im Speisesaal nahm kaum noch jemand Notiz von den Herren aus Indien.
    Einmal am Tag huschte der Direktor zu Balduin Pfiff ins Zimmer und berichtete, was es zu berichten gab. Und er war glücklich darüber, daß es eigentlich nichts zu berichten gab, was dem Ruf des „Ambassador“ Schaden hätte zufügen können.
    So erfuhr Balduin Pfiff, daß der Fürst allerlei Telefongespräche führte und daß sein Diener Unmengen von Zeitungen in allen möglichen Sprachen herbeischleppen mußte.
    Natürlich erzählte Herr Knix dem kleinen Detektiv auch, was ihm der Diener unter dem Siegel der Verschwiegenheit verraten hatte. Nämlich, daß Hoheitauf einen Boten mit einer ungemein wichtigen Nachricht aus seinem Land wartete.

Die dritte Nacht

    Nrrrrchdidschpf... Narrrchdidschpf...
    Es war 23 Uhr 25...
    Nrrrrschdidschpf... Narrrrschdidschpf...
    Balduin Pfiff lag angezogen auf seinem Bett und schnarchte.
    Das Licht brannte, und seine Finger hielten noch immer das Buch umfaßt, in dem er las, bevor ihn der Schlaf übermannt hatte.
    Nrrrrchdidschpf...
    Der Schnarchton riß ab.
    Hatte es eben nicht geklopft?
    Balduin Pfiff richtete sich lauschend in seinem Bett auf.
    Heiliges Kanonenröhrchen — hatte es nun geklopft oder nicht?
    Da...
    Es hatte und es klopfte wieder. Leise und drängend. Der kleine Detektiv schnellte sich vom Bett, strich sich die Haare aus dem schlafverknautschten Gesicht und pirschte zur Tür.
    Er drehte leise den Schlüssel herum, öffnete und — sah mitten hinein in das Gesicht des Hoteldirektors, der den Finger über die Lippen gelegt hatte.
    „Psssssst!“ zischte er und schob sich ins Zimmer. Balduin Pfiff schloß die Tür hinter ihm.
    „Was ist los?“ fragte er. „Hatten Sie einen Alptraum? Sie sehen ja ganz gelb aus im Gesicht.“
    HerrKnixließsich erschöpft in einen Sessel fallen. Seine Stimme bebte:
    „Es ist etwas Schreckliches passiert, Herr Pfiff. Ich muß leider Ihre Dienste in Anspruch nehmen.“
    „So schlimm?“
    „Der Ruf des Hotels steht auf dem Spiel“, flüsterte Herr Knix. „Man hat der Gattin des französischen Konsuls eine wertvolle Perlenkette gestohlen.“
    „Ei der Daus, so was Unschönes“, sagte Balduin Pfiff. „Warum ist sie auch nicht in ihrem Konsulat geblieben.“
    Herr Knix schien diese Bemerkung jedoch überhört zu haben. Verzweifelt und zugleich beschwörend sah er den Detektiv an. Genau so, als könne der Wunder vollbringen.
    „Seit wann logiert die Dame hier?“ fragte Balduin Pfiff.
    „Seit einer Woche. Es wäre eine Katastrophe, wenn sie ihre Perlenkette nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher