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Spuk aus dem Jenseits

Spuk aus dem Jenseits

Titel: Spuk aus dem Jenseits
Autoren: Stefan Wolf
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Bruder.“
    Kahligs Zungenspitze
befeuchtete die Mundwinkel. „Sind Sie... sicher?“
    „Natürlich bin ich sicher. Mein
Mann war ein Einzelkind. Wir waren zehn Jahre verheiratet. Ich kannte seine
verstorbenen Eltern.“
    Kahlig biß sich auf die
strichdünnen Lippen.
    „Ich verstehe das nicht. Diese
Ähnlichkeit! Und dann am Mittwoch... da hat er mir zugewinkt. Ganz deutlich
habe ich ihn gesehen.“
    „Wie... sah dieser Doppelgänger
aus?“
    Kahlig deutete über Tim hinweg
zur Wand.
    „So!“
    Die TKKG-Bande drehte sich um.
    An der Wand hingen Gemälde,
etliche. Nur ein Porträt war darunter. Es fiel nicht sonderlich auf, war auch
nur von mittelgroßem Format.
    Albrecht Demonius, dachte Tim.
Sein Konterfei. Aha!
    Der Mann dort konnte Mitte
Vierzig sein oder Ende Fünfzig. Ein starkknochiges Gesicht, in dem schwarze
Augen funkelten. Schwarzes, lack-artiges Haar. Auf der Stirn tiefe
Waschbrettfalten. Die Brauen wuchsen über der Nase zusammen zu einem dicken,
schwarzen Strich.

    Mephisto persönlich, dachte
Tim. Elsa muß eine schwache Phase gehabt haben, als sie den nahm. Vielleicht
hat er sie hypnotisiert.
    „Ich könnte wirklich an mir
zweifeln“, erklärte Kahlig in salbungsvollem Ton. „Aber ich habe noch nie unter
Halluzinationen gelitten. Ich bin nicht überarbeitet und trinke keinen Alkohol.
Und ich weiß, was ich gesehen habe. Vielmehr: wen!“
    „Können Sie sich nicht doch
geirrt haben, Herr Kahlig?“
    „Der Mann trug einen hellen
Sommermantel. Er nahm eine Hand aus der Tasche und winkte mir zu. Das war — wie
gesagt — am Mittwoch. Ich saß im Zug nach Viernstetten. Als ich aus dem
Abteilfenster sah, stand er — dieser Mann — auf dem Bahnsteig. Im selben Moment
fuhr der Zug an. Der Mann ging ein paar Schritte mit und blickte herein zu mir.
So wahr ich hier sitze.“
    Wieder nur Schweigen. Ein
eisiger Hauch schien durch den Raum zu schweben. Klima-Anlage? Tim konnte
nichts entdecken.
    Kahlig deutete das Schweigen
falsch. Er meinte wohl, man halte ihn für gehirn-erweicht. Unaufgefordert
erklärte er noch mehr über seinen Befindlichkeits-Zustand.
    „Für Spuk und Hokuspokus“,
sagte er, „interessiere ich mich nicht. Ich bin Bestattungsunternehmer. Für
mich ist der Tod eine Realität. Sozusagen mein täglich Brot. Ich lebe vom Ende
des Lebens. Ich spinne nicht. Deshalb gibt es für mich nur eine Erklärung: Ihr
verstorbener Gatte, verehrte gnädige Frau, hat doch einen Zwillingsbruder, von
dem offenbar niemand weiß. Daß ein Baby gleich bei der Geburt unterschlagen
wird — von solchen Schicksalen liest man doch.“
    „Es muß ein Doppelgänger sein“,
sagte Elsa.
    „Oder ein Doppelgänger.“
    „Ich darf Sie bitten,
Stillschweigen zu bewahren.“
    „Selbstverständlich, gnädige
Frau. Nur Ihnen mußte ich mein Erlebnis mitteilen.“

    „Vielen Dank dafür!“ Elsa
versuchte zu lächeln. Aber das mißlang total.
    Kahlig verabschiedete sich.
Jörg brachte ihn zur Tür.

3. Der erste Schritt führt nicht weiter
     
    Gaby erhielt die nötigen Infos
und schauspielerte Erstaunen. Dann war eine seelische Verschnaufpause nötig.
Der Spuk schien wirklich zu sein, real und wahrhaftig. So was muß erstmal
geistig verdaut werden. Dazu servierte Elsa Apfelkuchen und indischen Tee.
    „Also“, sagte Tim, „ich glaub’s
einfach nicht. Die Rache kommt nicht aus dem Jenseits, sondern aus dem Diesseits.
Ihr Mann lebt, Frau Kramer-Demonius. Im Sarg liegt ein anderer oder gar keiner.
Daß Ihr Mann Sie schikaniert, kann aber nicht der Grund sein für alles. Das
macht er jetzt privatim nebenher - und muß nicht mal befürchten, daß man ihm
dabei auf die Schliche kommt. Denn die Polizei glaubt nicht an Untote, sondern
würde vermuten, daß Sie — Entschuldigung! — schrill ticken und eine
Nachbarschafts-Fehde ins Mysteriöse verdrängen. Nein, Albrechts Grund für
seinen scheinbaren Abschied von der Welt muß schweres Kaliber sein. Wann
geschieht so was gemeinhin? Wenn Schwierigkeiten ins Haus stehen: Pleite. Oder
Strafverfolgung wegen eines Verbrechens. Richtig?“
    Elsa rührte in ihrer Teetasse.
Schon zum fünften Mal. Obwohl sie keinen Zucker nahm.
    „Du hast da was angestoßen,
Tim. Albrecht war tatsächlich in Schwierigkeiten. Er soll ein geheimnisvolles
Kriegswerkzeug erfunden haben. Wird behauptet. Den Prototyp habe er verkauft.
Wird behauptet. An einen Staat im Nahen Osten, einen Staat, von dem nur
Aggressionen ausgingen in den letzten Jahrzehnten. Dr. Beinhart Geiser,
Albrechts
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