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Spuk aus dem Jenseits

Spuk aus dem Jenseits

Titel: Spuk aus dem Jenseits
Autoren: Stefan Wolf
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richtige Gewicht hat.
    Aber er sagte nichts mehr dazu,
denn eben hatte der Gong an der Tür getönt. Sicherlich war Gaby im Anflug.

2. Ein Toter steht auf dem Bahnsteig
     
    Jörg ging, um zu öffnen.
    Aus seiner Position konnte Tim
durch die Diele zum Eingang sehen.
    Zwei Personen. Gaby mit großer
Tasche und überquellendem Blumenstrauß. Daneben — mit deutlichem Abstand, um zu
zeigen: der gehört nicht zu mir — ein Mann. Offenbar waren beide gleichzeitig
eingetroffen.

    Jörg begrüßte Gaby, als freue
er sich seit Monaten auf ihren Besuch. Zu dem Mann sagte er dann: „Tag, Herr
Kahlig. Wollen Sie zu Mama?“
    Er wollte, und die drei kamen
ins Kaminzimmer.
    Tim hatte also Gelegenheit,
Herrn Kahlig zu beäugen und sich Gedanken zu machen, wer das wohl sei.
    Ein Mann in mittleren Jahren,
groß und dürr wie Stacheldraht. Er war schwarz gekleidet, einschließlich
Krawatte und Weste. Lediglich das Hemd war reinweiß. Kahligs Gesicht bestand
aus einer Hakennase, spitzem Kinn und tiefliegenden Augen. Glatze. Keine
Lippen. Erst als er redete, sah man: Er hatte tatsächlich einen Mund. Die Miene
zeigte einen so trostlos traurigen Ausdruck, als hätte Kahlig soeben persönlich
den Weltuntergang erlebt.
    Entweder der Boss einer Sekte,
dachte Tim, ein Leichenwäscher oder Vermögensberater in den neuen Ländern.
Irgend so was muß der sein. Ein freudloser Typ.
    Kahlig machte einen tiefen
Diener vor Elsa und nahm deren Hand, die sie ihm zögernd reichte.
    „Verehrte, liebe Frau
Kramer-Demonius. Verzeihen Sie, daß ich so hereinschneie — unangemeldet. Aber
ich stehe unter Schock. Und ich muß mit Ihnen reden.“
    „Bitte sehr, Herr Kahlig.
Nehmen Sie Platz! Das sind Jörgs Freunde. Hallo, Gaby! Du bist doch sicherlich
Gaby?“
    Während Tims Freundin begrüßt
und die Blumen bewundert wurden, wählte Kahlig sich seinen Platz aus.
    Der Trauerkloß — wie Tim ihn
nannte — wählte tatsächlich, prüfte zwei Sessel mit kritischem Blick und
entschied sich für einen dritten.
    Als er endlich saß, zog er sich
die Hosenbeine zurecht, das Jackett und die Weste nach unten. Tieftraurig
musterte er die Kids. Dann ein fragender Blick zu Elsa, die den Blumenstrauß
erstmal in eine Vase ohne Wasser stellte.
    Gaby setzte sich,
frühlingsfrisch trotz Hochsommer-Hitze, neben Tim und bekam rasch einen Kuß auf
die Wange.
    Kahligs Blick wurde noch
fragender. Offenbar stand die Erwartung dahinter, Elsa werde die Kids
wegschicken. Aber da hatte er sich geschnitten.
    „Ja, bitte, Herr Kahlig?“
forderte sie ihn auf.
    Sein Räuspern entlud sich durch
die Löcher der Hakennase.
    „Es... äh... betrifft Ihren
Gemahl.“
    „Ist von der
Beerdigungs-Rechnung noch was offen?“ fragte sie erstaunt.
    Aha! dachte Tim. Ein
Beerdigungs-Unternehmer. Kahlig hat Albrechts sterbliche Reste entsorgt.
    „Nein, nein!“ wehrte er ab.
„Alles beglichen. Prompt und sofort. Es ist mehr... Ich weiß nicht recht, wie
ich das erklären soll. Ich mußte herkommen, weil sonst... Ich hätte Grund, an
meinem Verstand zu zweifeln.“
    Tim spürte, wie seine
Nackenhaare bürstelten.
    Elsa schob fragend die Brauen
nach oben.
    „Sicherlich“, Kahlig knetete
seine alabasterweißen Hände, „können Sie bestätigen, was ich vermute.“
    „Was bestätigen?“
    „Es war am Montag. Und dann ein
zweites Mal am Mittwoch. Also vorgestern. Am Montag fuhr ich die Bahnhofstraße
runter in Richtung Rödenheimer Platz. An der neuen Ampel war Rot. Ich hielt.
Als es dann weiterging, da... Er stand rechts am Fußgänger-Überweg und sah mich
an. Sah zu mir in den Wagen. Und hat mir zugenickt.“
    „Wer?“
    „Ihr... Ich weiß, es ist
Unsinn. Aber ich habe ihn nun mal gesehen. Er... sah aus wie Ihr Mann.“
    Stille breitete sich aus wie
Wellenringe im Wasser.
    Dann nieste Karl gewaltig, weil
er zur Zeit etwas Heuschnupfen hatte.
    Diesen Kracher nutzte Tim, um
Gaby ins Ohr zu wispern.
    „Sie hat uns informiert. Wir
wissen offiziell alles. Nur du noch nicht.“
    Gaby verschleierte sofort ihre
Kornblumenaugen, was wohl Verständnislosigkeit ausdrücken sollte. Alle andern
im Raum dagegen reagierten mit entsetzter Betroffenheit.
    „Mein Mann“, sagte Elsa mit
dünner Stimme, „ist tot, Herr Kahlig. Sie haben ihn bestattet.“
    „Gewiß, gnädige Frau. Daß es
nicht Ihr Mann war, ist mir klar. Ich will ja nur von Ihnen hören, daß er einen
Zwillingsbruder hat. Der so aussieht wie er.“
    Elsas Gesicht war jetzt so weiß
wie Kahligs Hände.
    „Albrecht hatte keinen
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