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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft
Autoren: Horst Eckert
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hat.«

    »Ganz einfach. Deine Dienstgruppe war korrupt. Es gab einen Maulwurf. Und das ist der Grund, warum es den famosen Einsatztrupp nicht mehr gibt!«

    Zander beschloss, darauf nicht einzugehen. Das Schlimme war, dass Anna vermutlich recht hatte. Er selbst hätte zu gern gewusst, wer ihm damals die Blamage eingebrockt hatte. Er würde dem Verräter den Hals umdrehen.

    Mit einem Seitenblick auf seine Beifahrerin wechselte Zander rasch das Thema. Sein Lieblingsgerücht aus jener Zeit: »Man sagt, dass die Frauen, die Noureddine für das Portionieren des Stoffs beschäftigte, ihren Job nackt verrichten mussten, damit sie nichts abzweigen und nach draußen schmuggeln konnten.«

    Zander stellte sich Anna bei dieser Arbeit vor – ein anregender Gedanke.

    Sie spottete: »Dann muss es für euch ja besonders frustrierend gewesen sein, dass eure Razzien ins Leere liefen.«

    Zander legte den Gang ein und fuhr weiter. »Noureddine und seine Marokkaner arbeiteten wiederum für die Kurden. Genauer gesagt für einen Clan ostanatolischer Bergbauern und Warlords, hinter dem die PKK steckte. Wie ist das, Anna: ›Ostanatolische Bergbauern‹ – darf man das noch sagen oder ist das auch inkorrekt?«

    Die Kollegin verdrehte die Augen.

    Selbst wenn sie eingeschnappt war, sah sie zum Anbeißen aus, fand Zander. Schade, dass er zu alt war, um zu Annas Zielgruppe zu zählen.

    Er erläuterte: »Der Kurdenclan schickte einst seine Söhne nach Deutschland, damit sie im Heimatkaff nicht der Blutrache verfeindeter Familien zum Opfer fielen. Hier zeigten die Kerle ihre Narben vor, die ihnen angeblich die türkischen Soldaten beigebracht hatten, wurden von den lieben Altachtundsechzigern gehätschelt und erhielten Asyl. Und wie erweisen diese Burschen ihre Dankbarkeit? Indem sie Heroin nach Europa schmuggeln.«

    Anna räusperte sich. »Ich weiß. Die Kollegen glaubten, Noureddine Diouris kurdische Auftraggeber hätten ihn ermordet, weil er sie betrog.«

    »Nur dass die Kollegen mit ihrer These nicht weit gekommen sind.«

    Die damalige Mordkommission hatte sich auf einen gewissen Barat Öczelik eingeschossen. Als der Mann abtauchte, wertete man das als Bestätigung des Verdachts. Doch die Fahndung nach Öczelik blieb erfolglos.

    Später stellte sich heraus, dass der Kurde für die Tatnacht ein Alibi besessen hatte. Er war verduftet, weil zugleich der Staatsschutz gegen Kader der verbotenen PKK ermittelte – der Krieg in der Osttürkei zog Kreise bis nach Nordrhein-Westfalen.

    Anna sagte: »Lass uns endlich zu diesem Fischladen fahren. Das Wetter ist zu schön, um Überstunden zu machen.«

    »Du kannst es nicht erwarten, deinen Freund in die Arme zu schließen, was?«

    Anna erwiderte nichts.

    »Oder herrscht da immer noch dicke Luft?«

    »Ich wüsste nicht, was dich das angeht.«

    Er wollte schon den Stadtteil auf der anderen Seite der Bahnlinie ansteuern, als er eine hagere Gestalt erkannte, die über den Bürgersteig schlurfte. Halblange, schwarze Haare, hervorstehende Wangenknochen, Zehntagebart. Auf sein Namensgedächtnis konnte Zander sich verlassen: Hiwa Kaplan – sein Anzug war zerknittert und hing drei Nummern zu groß von den Schultern. Zander glaubte, eine Erscheinung zu haben. Noch vor zwei Jahren wäre der Kerl nicht ohne Pitbull oder Bodyguard auf die Straße gegangen.

    »Hier haben wir einen der Täter.«

    »Blödsinn«, widersprach Anna.

    Zander ignorierte die Proteste seiner Beifahrerin und stoppte am Straßenrand, um den Kurden im Auge zu behalten.

     
    Hiwa Kaplan hatte es auf den Straßendealer abgesehen. Wie von Magneten gesteuert, strebten die beiden aufeinander zu.

    Der Schwarze redete mit gesenktem Kopf. Hiwa rieb sich die Arme. Beide spähten kurz in alle Richtungen, dann vollzogen sie ihren Tausch. Blitzschnell – Zander bezweifelte, dass Anna es mitbekommen hatte.

    »Lass uns losfahren«, verlangte sie noch einmal.

    Zander tat, als gehorche er, und beschleunigte, bis er auf gleicher Höhe mit dem Kurden war. Dann stoppte er mit quietschenden Reifen und sprang aus dem Wagen.

    »Stehen bleiben, Polizei!«

    Der Hagere lief los, Zander hinterher. Auch mit zweiundfünfzig konnte er noch sprinten, zumindest schneller als dieser ausgemergelte Typ. Als er Hiwas Anzugjacke zu fassen bekam, strauchelte der Kurde und Zander stolperte über ihn. Der Polizist rappelte sich auf und stemmte ein Knie auf Hiwas Rücken, um ihn zu fixieren.

    Eine Passantin keifte los: »Hör auf! Lass den Mann in
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