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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen
Autoren: Michael Peinkofer
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Croy sprang senkrecht in die Luft und brachte ihm einen Tritt vor die Brust bei, der ihn zurücktaumeln ließ. Mit markigem Knacken brach das Geländer, das den Steg begrenzte, und ein dumpfes Platschen erklang, als ein Sumpfloch den Schläger verschlang.
    In diesem Moment flog die Tür der Spelunke auf, und die mordlüsterne Meute erschien. In ihrer Gier auf die Belohnung hinderten sich die Verfolger jedoch gegenseitig daran, die Tür zu passieren, sodass Croy Zeit blieb zur Flucht. Anstatt jedoch einfach dem hölzernen Steg zu folgen, der über Brücken und Leitern in die weniger zwielichtigen Regionen Shantanpurs hinaufführte, blickte er senkrecht nach oben, wo sich ein dichtes Gewirr von Zweigen und Ästen in der Dunkelheit verlor.
    »Halt dich fest.« Er packte den Jungen und lud ihn sich auf den Rücken. Dann sprang er mit einem kräftigen Satz senkrecht empor, krallte sich an einem der Äste ein und zog sich mühelos hinauf. Just in diesem Augenblick platzte der Knoten der sich gegenseitig behindernden Verfolger.
    Unter dem enormen Druck der nachdrängenden Massen brach die Tür aus den Angeln, und die geifernde Meute quoll hinaus in die Nacht.
    Croy hörte ihr wütendes Geheul, während er immer weiter hinaufkletterte. Geschickt sprang er von einem Ast zum nächsten, während sich der junge Mensch angstvoll an ihn klammerte. Erst nachdem er eine beträchtliche Distanz zwischen sich und Jagos Spelunke gebracht hatte, gönnte Croy sich und dem Jungen eine Pause.
    Auf einem Ast, der so breit war, dass ein Fuhrwerk darüber hätte fahren können, lud er den noch immer zitternden Menschen ab. Croy hatte wenig Übung darin, menschliche Mimik und Gesten zu deuten, aber er nahm an, dass der Junge verwirrt war und Angst hatte, und er konnte es ihm nicht verdenken.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte er deshalb und gab sich Mühe, ruhig zu sprechen. »Hier werden sie uns nicht finden. Du bist in Sicherheit.«
    Der Junge starrte ihn an, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Ihr habt mich ger-ger-ger-ger…«
    »Gerettet.« Croy nickte. »Ganz recht.«
    »Warum?« Die stahlblauen Augen des Jünglings blickten ihn fragend an. »Wa-wa-was wollt Ihr dafür?«
    Croy lachte freudlos auf. Auch wenn der Knabe noch keine zwanzig Zyklen alt war – als Jagos Leibeigener schien er bereits gelernt zu haben, dass man im Leben selten etwas geschenkt bekam.
    »Ich möchte, dass du mir hilfst.«
    »Ich?« Die blauen Augen weiteten sich.
    Croy nickte. Hätte man ihm noch am Morgen gesagt, dass er mit einem halbwüchsigen Sklaven im Gepäck zurückkehren würde, hätte er es für einen schlechten Scherz gehalten. Aber bisweilen beschritt das Leben eben seltsame Wege.
    »Und w-was sssoll ich für Euch tun?«
    »Das wirst du noch erfahren«, versicherte Croy und deutete auf das lederne Band, das um den Hals des Jungen lag. »Du wirst tun, was ich verlange, und ich werde dir dafür helfen, dieses Ding loszuwerden. Einverstanden?«
    Der Junge brauchte nicht lange nachzudenken.
    »Einverstanden«, erwiderte er.
    »Wie ist dein Name?«
    Der junge Mensch zögerte einen Augenblick.
    »K-K-Kieron«, erwiderte er dann.

3. Kapitel
    Es war die Nacht vor der Abreise.
    Die Nacht vor dem Aufbruch.
    Kalliope lag wach in ihrem Bett, die Augen zum aus feiner Seide gewobenen Himmel gerichtet, der sich darüber spannte. So oft hatte sie hier gelegen und diesen Ort als den Inbegriff von Geborgenheit empfunden, von Trost und Frieden. Sie hatte es geliebt, sich vom Gesang des Windes in den Schlaf wiegen zu lassen, der sanft um die Türme Etheras strich, und von den Stimmen der musae , die vom artificium heraufdrangen. In dieser Nacht jedoch schien der Wind ein anderes Lied zu singen, das von Ferne und Ungewissheit kündete; die Musen waren verstummt, und selbst jene vertrauten Wände, die Kalliope über die letzten sieben Jahre hinweg Heim und Zuflucht gewesen waren, vermochten ihr keinen Trost mehr zu spenden.
    Es ging fort.
    Fort von Ethera.
    Fort von der Gilde.
    Fort von der Gemeinschaft, die ihr Halt gegeben hatte, wann immer sie seiner bedurft hatte, hinaus in die Fremde.
    Jordråk.
    Schon der Klang des Namens ließ Kalliope erschaudern. Noch bis vor wenigen Tagen hatte sie den Namen jener Welt, nach der ihre Meisterin und sie entsandt werden sollten, nie vernommen; seit er zum ersten Mal gefallen war, hörte sie jedoch kaum noch etwas anderes. Und was sie über jenen fernen Weltensplitter erfahren hatte, erfüllte sie mit Unbehagen.
    Und mit
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