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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman
Autoren: dtv
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bezweifelte, dass es so passiert war.
    »Sie hatten Anweisungen, sie nie allzu weit gehen zu lassen«, sagte Prince. Seufzend schlug er den Kragen seines Mantels hoch. »Ich hätte nicht fortgehen dürfen, nicht zu diesem Zeitpunkt, nicht bei all dem Medienrummel.«
    »Hat sie die Zeitungen gesehen?«, fragte Will.
    |424| »Ich habe versucht, all das von ihr fernzuhalten«, sagte Prince. »Sie zu beschützen. Vielleicht war das falsch.«
    Will sah zurück auf die Länge des Grabens, der schnurgerade bis zum hinteren Ende des Feldes verlief und sich tief in die Erde einschnitt.
    »Ist das hier die Stelle, an der das Auto von der Straße abkam?«, fragte er.
    »Mehr oder weniger. Etwa fünfzig Meter weiter hinten.«
    »Was ist damals passiert?«, fragte Will.
    Prince schüttelte den Kopf. »Alles weiß ich nicht. Stella hatte schon Monate zuvor einen Besuch bei ihrer Schwester geplant. Sie hatte auch Freunde in Norfolk, die sie sehen wollte. Auf dem Weg wollte sie hier vorbeischauen. Das war in Ordnung. Nur dass Adam, der immer ein widerwärtiger Scheißkerl war, es sich in den Kopf gesetzt hatte, mitzukommen. Ich konnte ihn nie ausstehen, und er mich auch nicht. Zwei Hirschbullen, die ständig die Geweihe ineinander verhaken müssen, würde ich sagen.
    Als sie da waren, bin ich ihnen aus dem Weg gegangen, so gut ich konnte. Nach einer gewissen Zeit wurde die Stimmung schlechter und sie begannen sich zu beharken, wie das in Familien so ist. Lily sagte etwas über Irene, glaube ich, dass nämlich ihre Mutter nie zu Besuch käme, dass sie nicht einmal anrufen würde, um sich zu erkundigen, wie es Lily ging, während Stella, die doch nur ihre Tante war, den Kontakt pflegte. Und da hat Stella ihr die Wahrheit gesagt. Ich glaube nicht, dass es geplant war, es ist ihr einfach so herausgerutscht, aber als es passiert war, kam die ganze erbärmliche Geschichte ans Licht.
    Lily wurde übel, sie musste sich übergeben und schrie die beiden an, sie sollten gehen. Ich kam herunter, um nachzusehen, was los war, und legte mich mit Adam an; Stella versuchte inzwischen, Lily zu trösten, aber Lily wollte |425| davon nichts wissen. Am Ende gingen sie, alle beide, und nach wenigen Minuten rannte Lily in den Hof, sprang in ihr Auto und fuhr ihnen nach.« Seine Hacken gruben sich immer tiefer in die feuchte Erde. »Ich glaubte, sie hätte ihre Meinung geändert, wollte sie zurückholen und die Wogen glätten.« Prince sah Will in die Augen, dann sah er weg. »Aber das stimmte nicht. Als Lily zurückkehrte und ich Alarm schlug, war es schon zu spät. Ich sah zu, wie der Wagen aus dem Graben gezogen wurde und das Wasser von oben über die Seiten hinunterfloss. Die Gesichter der Toten waren an die Scheiben gepresst.«
    Er sah weg, als auf der anderen Seite des Grabens eine Rohrdommel mit einem dröhnenden Schrei aus dem Schilf aufflog.
    »Hat sie gesagt, was passiert ist?«, fragte Will.
    Prince schüttelte den Kopf. »Außer dass sie von der Straße abgekommen sind, nichts, nein. Aber ich habe mir den Wagen angesehen. Lilys Wagen. Vorne hatte er Kratzer und eine kleine Beule. Der Scheinwerfer auf der Fahrerseite hatte einen Sprung. Als ich sie danach fragte, sagte sie, sie wäre in Panik geraten und hätte einen Baum geschrammt.« Er breitete seine Arme aus. »Können Sie hier irgendwo einen verdammten Baum sehen?«
    Es gab ein paar, wie Will feststellte, allerdings nicht viele. Es war nicht sehr wahrscheinlich, versehentlich einen davon zu streifen, aber unmöglich war es nicht.
    »Ich konnte sie nicht dazu bringen, mehr zu sagen, und stellte sicher, dass der Wagen wegkam, bevor die Polizei eintraf. Ich ließ die Karosserie ausbeulen und lackieren und sagte Lily, sie solle den Mund halten. Es gab natürlich eine gerichtliche Untersuchung, und als der Richter auf Unfalltod erkannte, glaubte ich, damit wäre alles erledigt.« In der nebligen Luft atmete er ein wenig schwer. »Das war |426| es natürlich nicht. Lily war es vorher nicht besonders gut gegangen, und danach hat sie sich   … ich weiß nicht   … ganz in sich selbst eingesponnen. Manchmal wusste sie nicht einmal, wer ich war, glaube ich.«
    Etwas wie ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Als wir jung verheiratet waren, nicht gleich, aber nach dem ersten Jahr oder so bin ich die ganze Zeit fremdgegangen. Hab alles gevögelt, was ein Loch zwischen den Beinen hatte. War mir egal, ob Lily es wusste oder nicht. Aber danach, nachdem sie so merkwürdig wurde, war Schluss mit
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