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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman
Autoren: PeP eBooks
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nach unten fahren, riss den roten Schwefelkopf an der Reibefläche entlang. Die kleine Flamme fingerte um das Ende des Zigarillos, in der Stille war das leise Knistern zu hören. Wie ein Flaschengeist zwängte sich der Rauch durch den zwei Finger breiten Spalt ins Freie. Steiger warf das Streichholz hinterher, es landete in einer Pfütze.
    Janas blonder Bubikopf lehnte am Seitenfenster der Beifahrertür. Sie blinzelte durch die Schlieren auf der Windschutzscheibe, der abfließende Regen ließ die drei Straßenlaternen zu undeutlichen Lichtklecksen verschwimmen, die sich ständig bewegten.
    »Lief es gut mit euch beiden?«
    Steiger war seit der Rückkehr aus Gelsenkirchen still gewesen, stiller als sonst. Sie hatte es verstanden und ihn gelassen. Jetzt, fand sie, war genug geschwiegen worden.
    »Was ist schon gut?«
    Mit aufeinandergepressten Lippen blies er einen endlosen dünnen Rauchfaden in die feuchte Wärme des Wagens.
    »Also lief es nicht gut?«
    Er sah sie an, selbst in diesem Zwielicht leuchtete ihre helle Iris, als sei dahinter eine glimmende Lichtquelle. Das war eine dieser Situationen. Unzählige Male hatte er das in zweiunddreißig Dienstjahren erlebt, und er wusste immer noch nicht, woran es lag. Solche Fragen kamen immer in solchen Situationen. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass man Tage und Nächte nebeneinander durch die Welt fuhr, dasselbe im Auge, den Geruch des anderen in der Nase, die gleiche Müdigkeit im Innern. Vielleicht damit, dass man so viele Menschen in Momenten erlebte, in denen das Leben sie von den Füßen geholt hatte und sie meistens am wahrhaftigsten waren. Er hatte keine Ahnung, aber es schien eine Nähe herzustellen, die manche nicht einmal im Bett miteinander erlebten, wenn man nachts in einer Blechkiste auf irgendetwas wartete, Löcher in die Dunkelheit stierte und nur als gemeinsamer Rufname existierte.
    »Er hat mir mal übel genommen, dass ich zur Polizei gegangen bin«, sagte er.
    »Gott, das muss ja Ewigkeiten her sein. Und seitdem lief es mies?«
    »Ich hatte das Gefühl, es war manchmal kurz davor, dass es hätte besser laufen können …«
    »Aber …«
    »Es kam immer irgendwie was dazwischen.«
    Sie schreckte auf, zuckte mit dem Kopf nach vorn, ihr Blick war plötzlich wach. Steiger ließ den Scheibenwischer laufen.
    »Nicht unser Mann, zu groß«, sagte er und rauchte weiter.
    Die dunkle Gestalt vor dem Haus auf der anderen Straßenseite kam gemächlich von rechts ins Bild, blieb stehen, wartete, bis der fette, kleine Hund noch eine Markierung gelegt hatte, dann verschwanden beide steifbeinig zwischen den Autos. Jana sank wieder zurück, der kleine Adrenalinstoß hatte ihre Müdigkeit vertrieben. Aber nur einen Moment.
    »Was war er von Beruf, wenn er keine Polizisten mochte?«
    »Er war Bergmann. Einer der letzten Steiger auf Zeche Hugo in Gelsenkirchen.«
    Sie machte ein Aha-Gesicht und lächelte zaghaft. »Daher dein Name?«
    »Daher der Name.«
    »Sie nennen dich echt ›Steiger‹ wegen deines Vaters?« Ihr Blick wanderte wieder nach vorn. »Warum fährst du nicht nach Haus an so einem Tag?«
    »Was soll ich da?«
    »Trauern, vielleicht?«
    »Es gibt Schlechteres zum Trauern als den Dienst.«
    Im Funk ein kurzes Rauschen und Pfeifen, dann waren wieder nur der Rhythmus des Regens und Steigers Atemgeräusche beim Inhalieren zu hören. Als die Scheibe beschlug, startete er den Motor und stellte das Gebläse auf drei. Die warme Luft trieb den trüben Saum langsam nach oben und erinnerte ihn an die Computergrafik eines Eroberungsfeldzuges.
    »Noch ’ne halbe Stunde, dann brechen wir ab. Wenn er dann nicht nach Haus gekommen ist, pennt er irgendwo anders.«
    Er stellte den Motor ab, nahm noch einen letzten Zug und schnippte den halben Tabakstängel nach draußen. Der rollte ein Stück und endete qualmend neben dem Streichholz.
    »Das ist er«, sagte Steiger und beeilte sich auszusteigen.
    Aus dem Dunkel des Parks bewegte sich eine Gestalt mit schnellen Schritten auf das Haus zu, sah sich vor der Tür noch einmal um, die Kapuze des Shirts teilte sein Gesicht in hell und dunkel. Sie rannten los, Steiger wollte etwas rufen, aber die Gestalt war schon im Haus verschwunden. Die Tür fiel ins Schloss, das Treppenhauslicht erleuchtete die kleinen Fensterquadrate bis in den fünften Stock. Steiger klingelte Sturm in der Wohnung unten links, Jana flüsterte in ihr Funkgerät, brachte die Einsatzleitstelle und die anderen Fahrzeuge auf Ballhöhe. Nichts tat sich.
    »Halb
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