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Spione auf Burg Schreckenstein

Spione auf Burg Schreckenstein

Titel: Spione auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Klaus mit breitem Grinsen und machte sich an die Arbeit. Solche Dialoge waren auf der Burg nichts Ungewöhnliches.
    Das Zusammenleben mit den Lehrern hatte diesen kameradschaftlichen Ton mit sich gebracht. Ottokar fehlte. Er durfte ebenso ausschlafen wie sein Freund Stephan, der ihn begleitet hatte. Um drei Uhr früh waren sie zurückgekommen. Ottokar um einen Backenzahn leichter. Für die nächsten Tage hatte ihm Dr. Bender Ruhe verordnet. Nicht Bettruhe, aber keine körperliche Anstrengung. Zur letzten Stunde des Vormittags erschienen die beiden.
    Latein bei Dr. Schüler, dem Sportwagenfahrer, war trotz unregelmäßiger Verben manchmal eine runde Sache. Es genügte, ein Schachbrett auf die Tafel zu malen und darauf einen verzwickten Spielstand aus einem Schachbuch einzuzeichnen. Da konnte der rasende Lateinlehrer nicht widerstehen. Er spielte das Spiel gegen die Klasse zu Ende. Die Ankündigung jedes Zuges, jede Erläuterung, Frage oder Korrektur erfolgte dabei in lateinischer Sprache, so dass die Ritter spielerisch lernten, was sie sonst bodenlos gelangweilt hätte.
    Habeo heißt — ich habe, überlegte Ottokar. Tempus heißt Zeit. Aber was heißt: schon? Damit ich sagen kann: Ich habe Schonzeit! Ottokar überlegte umsonst. Dr. Schüler nahm ihn nicht dran.
    Auch im Internatsbetrieb wurde Ottokar geschont. Mücke übernahm beim Mittagessen die Ansage des weiteren Tagesprogramms. Abschließend verlas er eine Meldung: „Vermisst jemand einen grünen Pullover?“
    Am Tisch des Rex erhob sich eine Hand. Dolf vermisste das Stück. Er trug eine unbefangene Miene zur Schau.
    „Du kannst ihn nachher bei mir abholen“, sagte Mücke. „Er lag in der Folterkammer.“
    Jetzt ging ein Raunen durch die Reihen der Ritter. Hatte seit Ottokars Abtransport Waffenstillstand geherrscht, war die Spannung jetzt schlagartig wieder da. Auffallend unauffällig wechselten Ritter Blicke.
    „Dann muss er vor den Großen drin gewesen sein!“ raunte der kleine Egon dem kleinen Kuno zu.
    „Oder danach“, antwortete der. „Interessant!“ flüsterte Andi dem Muskelprotz zu, als die Ritterschaft den Esssaal verließ.
    Dieter drängte sich zu Dolf. Scheinbar tief in Gedanken redete er von einem Lexikon, das er glaubte, einmal bei ihm gesehen zu haben. Einem etymologischen Lexikon, in dem steht, woher die Wörter unserer Sprache kommen. Dabei ging es ihm jedoch nur darum, Dolfs Stimme zu hören.
    „Du, bei mir, nein! Das muss ein anderer gewesen sein“, gab Dolf sorglos Auskunft. „Ich habe nur ein Wörterbuch der Soziologie.“
    Angestrengt lauschte Dieter und verglich. War das die Stimme, die nachts in der Bibliothek gesagt hatte: „Wir brechen ab“ ? Solange Dolf nicht flüsterte, hinkte der Stimmvergleich. Wie aber sollte Dieter ihn dazu bringen?
    Mit Rücksicht auf Ottokar war weiteres noch nicht besprochen worden. Nur dass sie in der Folterkammer trotz genauer Suche abgehört worden waren, hatte Dieter berichtet. Mit geschwollener Backe stand der Schulkapitän zusammen mit Stephan an der kleinen Treppe in der Ecke zwischen Südund Westflügel.
    „Liegen bei uns!“ raunte Stephan den Mitgliedern des Ritterrats zu, als sie die Treppe herunterkamen. Der neuen Taktik entsprechend, sagte er es ohne Geheimnistuerei.
    „Liegen“ — das war eine der Schreckensteiner Internatsregeln, eine Pause von 20 Minuten, in der die Ritter das Sprichwort „Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun“ verwirklichten. Unter Silentium gaben sie dem Organismus Gelegenheit, den Verdauungsprozess ungestört einzuleiten.
    Für gewöhnlich lagen die Ritter während dieser Pause auf ihren Betten. Bedingung war das jedoch nicht. So machte Ottokar, der noch nicht viel reden sollte, aus der Schweigepflicht eine Tugend, die obendrein vor sämtlichen möglichen Wanzen schützte: Er lud den Ritterrat zum Liegen in sein Zimmer ein, in dem auch Stephan wohnte.
    Walter und Fritz, die die Zimmerrunde komplett machten, konnten bleiben. Sie störten nicht und wurden nicht gestört. Stephan hatte jeden gebeten, außer Decke oder Luftmatratze Bleistift und Papier mitzubringen.
    Liegend schrieben die Ritter, tauschten die Zettel aus, lasen die Informationen, kritzelten Antworten unter Fragen, oder stellten zusätzliche, wo es noch an Klarheit fehlte.
    Ein Zettel Ottokars machte die Runde. Da stand: Die Wanze kann nur in einer Nische im Deckengewölbe versteckt gewesen sein, wo wir ohne Leiter nicht hingekommen sind! Wie lassen wir jetzt die
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