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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle
Autoren: Nina Schindler
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Kandis und die Sahne und sagte: »Nehmen Sie sich bitte.«
    Während ich vorsichtig in kleinen Schlucken meinen
heißen Tee trank, hörte ich Mama beim Kreuzverhör zu. Sie fragte Ljuba ein Loch in den Bauch. Aber schließlich wollte sie ja wissen, wen sie uns da ins Haus holte.
    (Bestimmt wäre alles anders gekommen, wenn sie damals die richtigen Fragen gestellt hätte … Oder wenn sie ein bisschen Gespür für Psychos gehabt hätte …)
    Ljuba antwortete artig, sie komme aus einem Vorort von Moskau, woraufhin Mamas Augen aufleuchteten, denn sie liebt die russische Literatur über alles.
    Ljuba konnte so gut Deutsch, weil ihre Mutter Dolmetscherin ist und dafür gesorgt hat, dass ihre Tochter Fremdsprachen lernt. Weil Ljuba besser Englisch und Französisch kann als Deutsch, hat sie beschlossen, als Au-pair-Mädchen nach Deutschland zu gehen und die Sprache erst mal richtig zu lernen, bevor sie in Russland auf die Dolmetscherschule geht.
    »Aber Sie sprechen doch sehr gut Deutsch«, sagte Mama verdutzt.
    »Nicht genug gut für Dolmetscherin«, antwortete Ljuba und strahlte schon wieder. »Will ich machen Sprachkurs an Volksschule.«
    »Volkshochschule«, korrigierte Mama.
    Ljuba nickte strahlend. »Danke, Volkshochschule.«
    Eigentlich hätte mir schon damals so viel Strahlen verdächtig sein sollen, aber ich war ganz im Gegenteil begeistert und grinste fröhlich mit.
    Ljuba erzählte von sich. Sie hatte keine Geschwister, ihr Vater war tot, aber eine Großmutter lebte noch, und eine Tante mit Sohn. (Offenbar wurden die Männer in dieser Familie nicht sehr alt.) Sie las gern, surfte gern im Internet und spielte gern mit Kindern.
    »Kinder?«, fragte sie und tat so, als würde sie sich umsehen.
    Mama sagte: »Die kommen gleich aus der Schule. Essen
Sie doch mit uns zu Mittag, dann können Sie gleich alle kennenlernen. Heute kommt auch ausnahmsweise mein Mann zum Essen, der bleibt sonst mittags immer im Gericht.«
    Ljuba riss die Augen auf. »Gericht?«
    »Ja, mein Mann ist Staatsanwalt, und seine Termine liegen so dicht beieinander, dass er mittags meistens nicht genug Zeit hat, um nach Hause zu fahren.«
    »Bleibe ich gern«, sagte Ljuba. »Kann ich helfen?«
    »Klar«, sagte ich. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo das Geschirr und Besteck ist.«
    Ljuba legte ihre beiden Handflächen aneinander, als ob sie betete. »Möchte ich eine Bitte sagen, ja?«
    Mama und ich sahen sie verdutzt an.
    »Aber ja doch«, sagte Mama.
    »Können Sie sagen Ljuba zu mir? Und du? Ist mit Sie für mich so fremd.« Dabei lächelte sie so flehentlich, dass es einen Stein erweicht hätte - gar nicht zu reden von Sabine und Alexandra Koopmann.
    »Gern«, sagte meine Mutter. »Also dann: Ljuba, ich heiße Sabine.«
    Sie schüttelten sich förmlich die Hände.
    »Und ich bin Alex«, sagte ich und wir schüttelten uns ebenfalls die Hände.
    Ljuba senkte gerührt den Blick und biss sich auf die Unterlippe. Heute würde ich eher sagen, dass sie ihren Triumph verbergen wollte.
    Doch bevor dieser magische Moment peinlich werden konnte, gab es eine Dauerklingelei an der Tür, ich ging öffnen und die Zwillinge stürzten herein.
    »Mama, Mama, heute haben wir die Fische gefüttert«, kreischten sie.
    In ihrem Klassenraum steht ein total langweiliges Aquarium und reihum dürfen die Kinder der Klasse es
säubern und die Fische füttern. Das ist für sie irgendwie das Allergrößte - warum, weiß niemand.
    Sie warfen ihre Ranzen auf die Erde, schmissen die Mäntel dazu und polterten ins Wohnzimmer, wo sie wie erstarrt stehen blieben.
    Da saß Ljuba, Mama war schon durchs Esszimmer in die Küche gegangen und ich hörte es schmurgeln. Sie briet die Fischfilets.
    »Bin ich Ljuba«, sagte Ljuba und streckte den beiden die Hand hin. »Und freue ich mich, dass ich euch lerne kennen.«
    Die Zwillinge waren total überrascht und gaben ihr stumm die Hand.
    »Und wie heißt du?«, fragte Ljuba Rina.
    »Rina.«
    »Und du?«, fragte sie Tina.
    »Tina.«
    »Nur Rina und Tina? Oder geht auch länger?«
    Die beiden grinsten, und Rina sagte: »Ich heiße Katharina«, und Tina sagt: »Ich heiße Kristina.«
    »Schöne Namen«, sagte Ljuba, und die Zwillinge nickten verblüfft, denn das hatten sie wohl noch nie gehört, weil kaum jemand ihre vollen Namen kannte.
    Dann schickte ich sie wieder raus, die Mäntel aufhängen und die Schultaschen hochbringen, und ging mit Ljuba ins Esszimmer, wo wir den Tisch deckten.
    »Für sieben«, sagte ich und legte die Sets an ihre
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