Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind
Autoren: Frederike Schmöe
Vom Netzwerk:
interessieren.
    »Was ist mit der Kryptoanalyse-AG?«
    »Also, damit stimmt garantiert etwas nicht, Frau Palfy«, flüsterte die Sekretärin. »Keiner weiß, warum, aber die Schüler und Falk machten ein permanentes Geheimnis um diesen Nachmittagsunterricht. Und beim Schulfest …«
    »Was war am Schulfest?«
    »Ach, nichts. Ermitteln Sie in dem Fall?«, fragte Märthe Stürmer. Sie erwartete eine Gegenleistung.
    »Dazu kann ich leider nichts sagen«, erwiderte Katinka und lächelte.
    »Natürlich.« Auch Märthe Stürmer zeigte die Zähne. »Also, schönen Tag noch. Bald ist das Rambazamba da draußen für eine Weile vorbei. Schlimm, dass in Bayern die Ferien so spät anfangen. Die letzten Wochen nach Notenschluss sind kaum auszuhalten.«
    Katinka verabschiedete sich, lief durch das Treppenhaus und trat in den Schulhof. Auf dem Beton war es heiß wie in einer Bratpfanne. Sie verließ das mittlerweile leere Schulgelände und ging Richtung Innenstadt. Unterwegs wählte sie Ljubovs Nummer.
    »Kazulé? Der Richter? Hans-Peter?«, fauchte Ljubov. Katinka hörte, wie sie eine Zigarette anzündete.
    »Gibt es mehrere Kazulés, die als Richter am OLG arbeiten?«, erkundigte sie sich ironisch.
    »Quatsch. Wir sollten uns dringend treffen. Ich brauche was zu essen. In 20 Minuten im ›DaCaBo‹ am Heumarkt?«

     
    Katinka goss ihre Cola wie eine Verdurstende in sich hinein und bestellte eine zweite, als Ljubov über den Heumarkt gestöckelt kam. Trotz der Hitze, die zwischen Häusern und Platz wie eine Mauer stand, wirkte sie frisch und ausgeruht.
    »Einen Espresso«, rief sie und sank neben Katinka auf einen Stuhl in den Schatten der Skulptur. »Ich liebe sie«, sagte sie mit Blick auf die Speckrollen der liegende Bronzefrau, »und ihre Formen hätte ich gern.«
    Katinka stutzte. Die meisten Frauen, die sie kannte, standen eher nicht auf Üppigkeit und ausladende Rundungen.
    »Ich war schon immer eine Bohnenstange«, gab Ljubov zu, nahm ihren Espresso entgegen und bestellte ein Baguette mit Parmaschinken. »Jetzt zum Geschäftlichen. Kennst du Hans-Peter Kazulé, Golubuschka?«
    »Was heißt das?«
    »Täubchen.« Ljubov lachte leise.
    »Ach so!« Katinka verkniff sich eine Bemerkung. »Nein, den Namen Kazulé habe ich gestern zum ersten Mal gehört.«
    »Er ist Richter und steht kurz vor der Pensionierung. Hat erst mit 45 geheiratet, seine Frau ist 20 Jahre jünger. Sie haben einen Sohn, Valentin. Den hast du ja gesprochen.«
    »Ich habe seine Handynummer und werde schnellstmöglich versuchen, ihn zu erreichen. Den Richter habe ich nur kurz gesehen. Ein ziemlich gewichtiger Typ.«
    »Fettklops mit Haaren«, schnaubte Ljubov und zündete sich eine ›Nil‹ an. »In seiner Kulmbacher Zeit hat er sich als Richter Gnadenlos einen Namen gemacht. Unter Anwälten weiß man sich einiges zu erzählen.«
    »In Kulmbach? Komisch«, sagte Katinka. »Falk war doch Referendar dort.«
    Ljubov warf ihre Kippe auf das Kopfsteinpflaster, kramte ein winziges Notizbuch aus ihrer Handtasche und kritzelte etwas hinein.
    »Kazulé eilt der Ruf voraus, dass er einflussreiche Freunde in München in diversen Ministerien sitzen hat. Leute, denen er Gefallen getan hat. Leute, die auf der Karriereleiter die Balance halten und ganz nach oben wollen.« Ljubov strahlte, als ihr Baguette kam, und biss voller Appetit hinein.
    »Diese Gefälligkeiten hat Kazulé aber nicht aus Menschenfreundlichkeit erledigt?«
    »Klar nicht. Gerüchte besagen, er wolle ins Justizministerium nach München wechseln«, fügte sie gehässig hinzu und hustete anhaltend. »Blöde Qualmerei. Niemand weiß Genaues, und die, die es wissen, haben ihre Lippen mit einem Vorhängeschloss gepierct. Kerle in seinem Alter freuen sich gewöhnlich auf den Ruhestand. Kazulé gilt am PCG als Nervensäge, das weiß ich von Kollegen, deren Kinder an diese Schule gehen. Mischt sich in den Unterricht ein, hockt auf den Elternabenden herum und piesackt die Lehrer mit seiner Fachsimpelei. Ein typischer Besserwisser.«
    »Valentin weiß etwas«, sagte Katinka. »Auf meine Bemerkung, ich hätte eine Nachricht von Hannes, reagierte er mit ›aber er hat doch gesagt …‹ und schluckte den Rest runter. Das klang für mich, als wäre Hannes’ Verschwinden abgesprochen.«
    Ljubov sah sie nachdenklich an.
    »Kátinka, Kátinka«, sagte sie.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Katinka schnell.
    »Du versuchst, Kazulé junior dezent zu befragen. Sei vorsichtig, der Alte kennt alle Kniffe, Leute mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher