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Spiel mit mir (German Edition)

Spiel mit mir (German Edition)

Titel: Spiel mit mir (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
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hektisch in seinen besten Anzug und saß bereits zehn Minuten später hinter dem Lenkrad seines Gebrauchtwagens. Er trat aufs Gas, während er gleichzeitig den Stadtplan auf dem Beifahrersitz studierte. Gerade in dem Moment kreuzte eine Radfahrerin seinen Weg, und er musste eine Vollbremsung machen. Gott sei Dank war nichts passiert. Dennoch saß ihm der Schreck noch immer in allen Gliedern. Das ärgerliche Gesicht der jungen Frau bemerkte er kaum. Schon schaltete die Ampel wieder auf Grün, und er konnte weiter.
    Die Zeit in Los Angeles verlief anders als in der kleinen irischen Stadt, aus der er stammte. Die Straßen waren voller Leben, immer war irgendetwas los. Als kleiner Junge war er in die Staaten gekommen, eigentlich hätte er doch inzwischen an diese Hektik gewöhnt sein müssen. Wahrscheinlich kam es ihm heute besonders schlimm vor, weil er einerseits unter Zeitdruck stand und andererseits immer wieder an Amanda denken musste und sich dabei, ganz von selbst, ein gewisser Druck in seiner Hose aufbaute.
    Jon warf einen besorgten Blick auf die Uhr seines Autoradios. Noch fünf Minuten. Und das Büro von Miss Watson lag am anderen Ende von Downtown. Verdammt!
    Jon kam viel zu spät. Unterwegs hatte er immer wieder versucht, Miss Watson per Handy zu erreichen, aber sie war nicht drangegangen. Als er endlich vom Wagen in die Lobby und von dort in den Lift hechtete, fiel sein Blick auf sein Spiegelbild. Er sah noch schlimmer aus, als er befürchtet hatte. Seine Haare standen wirr zu allen Seiten ab, die Krawatte hing schief, und man sah ihm mehr als deutlich an, dass er sich lediglich einer Schnellrasur unterzogen hatte. Jetzt hieß es, Ruhe bewahren. Mit genügend Selbstbewusstsein, was er zweifelsohne besaß, würde er die Situation schon irgendwie zu seinen Gunsten wenden. Er strich sich die Haare glatt und rückte die Krawatte zurecht.
    Mit einem Pling öffnete sich die Fahrstuhltür, und er trat in einen schmucklosen Flur im elften Stock, in dem geschäftiges Treiben herrschte. Arbeiteten all diese Leute für Watson Productions?
    Fast wäre er mit einer adretten Rothaarigen zusammengestoßen, die an ihm vorbeieilte.
    »Entschuldigung«, sagte er freundlich.
    »Macht nichts!«
    Sie bückte sich, hob einige Papiere auf, die ihr vor Schreck aus den Händen geglitten waren, und musterte ihn von oben bis unten. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich abrupt, und ein scheues Lächeln erschien auf ihren Lippen. Verlegen sah sie zur Seite. Jon war solche Blicke gewöhnt. Er kam gut bei Frauen an. Selbst in seinem momentanen Zustand. Wahrscheinlich verstärkte die schlechte Rasur sogar seine männliche Wirkung. Die Rothaarige stöckelte hüftschwingend weiter.
    »Warten Sie bitte!«, rief Jon geistesgegenwärtig.
    Sie drehte sich mit geröteten Wangen zu ihm um. »Ja?« Ihre Stimme klang plötzlich ganz piepsig.
    »Vielleicht können Sie mir helfen? Ich habe hier ein Vorstellungsgespräch.«
    »Sind Sie etwa … Jon Miller?« Sie schob ihre Brille zurecht.
    »Zufällig ja.«
    »Ach herrje, Sie sind ja viel zu spät! Kommen Sie schnell. Miss Watson ist sehr ungehalten, sie hasst Unpünktlichkeit. Wieso sind Sie so spät?«
    »Das glauben Sie mir bestimmt nicht.«
    »Dann müssen Sie sich eine gute Ausrede einfallen lassen.« Sie führte ihn durch den Gang und deutete dann auf einen Stuhl, ehe sie durch eine mit einem goldenen Schild verzierte Tür verschwand. Jon musste über die plötzliche Hektik der Angestellten schmunzeln und setzte sich ruhig hin. Eine Minute später war der Rotschopf zurück. »Sie können jetzt rein. Viel Glück.« Sie lächelte ihn verschämt an und drückte ihm beide Daumen, setzte dann ihren Weg fort.
    Jon sah ihr nach. Sie hatte einen süßen Po, der in einem engen roten Rock steckte und nun sogar noch etwas anzüglicher hin- und herschwang. Er lockerte ein wenig seine Krawatte und atmete noch mal tief durch. Diese Miss Watson schien ja eine reizende Person zu sein, wenn ihre Angestellten derart nervös reagierten.
    Jon betrat das riesige Büro, das von oben bis unten glänzte. Das Linoleum schien frisch gebohnert. Der Reinigungsservice leistete gute Arbeit. Wahrscheinlich war die Chefin sehr penibel.
    Jon trat an den überdimensionalen Schreibtisch, an dem eine Frau saß, die sich mit höchster Konzentration ihren Unterlagen widmete und dabei etwas in den Computer eingab. Ihre glatten dunklen Haare hingen ihr ins Gesicht, und der figurbetonte, anthrazitfarbene Blazer verlieh ihr eine gewisse
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