Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
in
Jogginganzug und Laufschuhen nichts mehr von dem steifen FBI-Agenten an sich
hatte, der er einmal gewesen war, stand mit verschränkten Armen da; sein
Gesichtsausdruck verriet die Befürchtung, die Maschine könne ihn attackieren.
    Charlotte Keim schien hingegen
ihrerseits im Begriff, die Maschine zu attackieren. Aggressiv trat sie auf den
Schreibtisch zu, strenge Falten im zarten Gesicht. »Du Mistkerl!«, herrschte
sie den Computer an, wobei ihr texanischer Akzent noch ausgeprägter war als
sonst. »Ich mach dich platt wie ein überfahrenes Karnickel!«
    In diesem Moment ertönte ein dumpfes
Krachen unter der Schreibtischplatte. »Verflixt und zugenäht!«, brüllte Rae
Kelleher. Rae kroch rückwärts unter dem Schreibtisch hervor und rieb sich den
rotgoldenen Lockenkopf, einen Dreckstriemen quer über der sommersprossigen
Nase.
    »Ich hab doch gesagt, er ist
eingestöpselt«, erklärte Mick.
    Eine böse Ahnung durchschauerte mich.
»Was geht hier vor?«
    »Äh...« Mick sah auf seine Schuhe.
    »Was ist los?«
    »Ich... weiß nicht. Ich meine, ich hab
wohl irgendwas falsch gemacht.«
    »Wieso?«
    »Na ja, du hast mich doch gebeten, den
Bericht über die McPhail-Sache auszudrucken. Und ich hab’s auch versucht. Aber
jetzt ist er... quasi weg.«
    »Quasi?«
    »Er ist weg.«
    Es gab keine Diskettenkopien des
Ermittlungsberichts über einen schwerwiegenden Fall von Industriespionage, der
dem Klienten noch an diesem Nachmittag zugehen sollte.
    »Und alles andere auch«, setzte Mick
kleinlaut und mit immer noch hängendem Kopf hinzu. Mir schien, als bebten seine
Schultern leise. Ich würde ihm — wie mein Vater zu sagen pflegte — schon Grund
zum Heulen geben.
    »Mick«, sagte ich, »du bist doch
angeblich so ein Computergenie. Du bist von der High School suspendiert worden,
weil du in die Datenbank der Schulaufsichtsbehörde eingebrochen bist. Du hast
den Sicherheitscode der Bank of America geknackt und dich damit fast ins
Gefängnis gebracht. Und letzte Woche hast du dir — entgegen meiner
ausdrücklichen Anweisung — FBI-Informationen beschafft, an die nicht mal Craig
rankam. Wie zum Teufel kannst du da einfach deine sämtlichen Dateien
verlieren?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Ich glaub’s nicht!«
    »Guck doch selbst.« Er deutete auf den
Computer.
    Ich trat an den Schreibtisch und spähte
mit zusammengekniffenen Augen in das diabolische Glimmen, das ich — die ich zum
harten Kern der Technophobiker von San Francisco gehöre — immer schon als
Beweis dafür gewertet habe, dass Computer Teufelswerk sind.
    Dort stand weiß auf blau die Botschaft:
»April-April! Die Pizza ist schon bestellt!«
    Ich blinzelte. Eine Woge der
Erleichterung erfasste mich, und ich taumelte lachend rückwärts und ließ mich
von Ted auffangen. Jetzt erst fiel mir ein, dass ich versprochen hatte, falls
es Mick dieses Jahr gelänge, mich in den April zu schicken, die ganze
Belegschaft zu einer Pizza-Orgie einzuladen.
     

13
Uhr 33
    »Shar«, sagte Ted über die
Sprechanlage, »Glenna Stanleigh auf der zwo.«
    »Aus Hawaii?« Glenna Stanleigh war
Dokumentarfilmerin; sie hatte die Erdgeschossräume des Piergebäudes gemietet.
Seit zwei oder drei Wochen drehten sie und ihre Crew einen Film auf der Insel
Kauai.
    Ich drückte die Taste. »Hey, Glenna.
Was gibt’s?«
    »Nichts Gutes.« Ihre australisch
gefärbte Stimme klang nervös. »Sharon, meinen Sie, Sie könnten hierher kommen?
So bald wie möglich?«
    »Nach Kauai? Wieso?«
    »Ich möchte Sie engagieren. Der
Finanzier meines Films hält das auch für das Beste, ich kann Ihnen Ihr übliches
Honorar und sämtliche Spesen zahlen. Und es ist noch jede Menge Platz in dem
hübschen Haus, das mir hier zur Verfügung gestellt wurde. Sie könnten doch Hy
mitbringen, es als eine Art Urlaub betrachten.«
    Ich zögerte, durch das unerwartete
Ansinnen ebenso irritiert wie durch Glennas Ton. Normalerweise entfaltete sie
noch in kritischsten Situationen ein so sonniges Gemüt, dass es auf knurrige
Typen wie mich schon fast abstoßend wirkte, aber jetzt klang sie richtig elend.
    Ich sagte: »Sie erzählen mir besser
erst mal, was los ist.«
    »Geht nicht. Nicht jetzt. Könnte sein,
dass jemand was mitkriegt.«
    »Wann dann?«
    »Wenn Sie hier sind. Bitte, Sharon.«
    Der Unterton von Panik in ihrer Stimme
bewirkte, dass ich energisch reagierte. »Glenna, ich kann nicht einfach alles
hinschmeißen und dort rüberfliegen, ohne zu wissen, warum. Außerdem gilt meine
Lizenz nicht für Hawaii. Ich bin
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher