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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer
Autoren: Marcia Muller
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zwei wettergegerbte Fischer, die ihren ebenso
verwitterten Wagen auf dem Bankett geparkt hatten, über die Straße zu lassen,
und ich schoss fast zwischen den Sitzen hindurch.
    »Tut mir Leid«, murmelte sie.
    Ich stemmte mich wieder auf den Sitz
zurück und brachte meine Füße in eine statisch günstigere Position. Auf dem
Boden lag ein Sammelsurium von Limodosen und zerknüllten Fast-Food-Verpackungen,
und neben mir auf der Rückbank türmten sich Klamotten, eine Fotokamera,
Notizbücher und Klemmbretter. Das Ganze erinnerte mich stark an Glennas
Arbeitsräume im Piergebäude. Glenna vermochte in einem Maß an Chaos zu
funktionieren, in dem ein Durchschnittsmensch heillos untergegangen wäre, und
schien es sogar mit einem gewissen Stolz zu tun. »Okay, rekapitulieren wir noch
mal.« Ich hielt eine Hand hoch und zählte die einzelnen Punkte mit den Fingern
ab. »Ein Tonmann hat sich den Knöchel gebrochen, als er in ein mit Laub und
Zweigen getarntes Loch fiel, von dem er schwört, dass es am Vortag noch nicht
da war. Ein Aufnahmegerät ist aus einem Zimmer der Pension verschwunden, wo ein
Teil Ihres Teams wohnt. Ein Mietwagen wurde mutwillig demoliert. Fahrerflucht
nach einem Unfall, bei dem einer der Vans beschädigt wurde. Und eine Kamera
wurde gestohlen.«
    »Eine Arri SR3, für die mir der Verleih
in Honolulu ein gottverdammtes Vermögen abknöpfen wird. Wir mussten eine
riesige Kaution hinterlegen, bevor sie uns eine Ersatzkamera gegeben haben.«
    »Es war nicht Ihre eigene?«
    Sie schüttelte den Kopf, wobei der
Pferdeschwanz, zu dem sie ihre langen hellbraunen Locken zusammengenommen
hatte, meinen Unterarm streifte. »Es ist viel billiger, solche Geräte zu
mieten. Ein Set wie das, was wir hier benutzen — Kamera nebst diversen
Objektiven — , wäre für mich unerschwinglich. Das mit der gestohlenen Kamera
ist mir wirklich sehr peinlich, weil der Inhaber des Verleihs ein alter
Schulfreund von Peter ist.«
    »Peter Wellbright, Ihr Partner bei
diesem Projekt?«
    »Und Sohn von Elson Wellbright, der das
Manuskript verfasst hat, auf dem dieser Film basiert.«
    Da war etwas seltsam Verhaltenes in
Glennas Stimme. Ich sah Hy an; er zuckte die Achseln und betrachtete durchs
Seitenfenster zwei Kajakfahrer drüben auf dem Fluß. Obwohl er sich nicht am
Gespräch beteiligt hatte — schließlich war das hier ja mein Fall — , wusste
ich, daß er im Geist sorgfältig mitschrieb.
    »Okay«, sagte ich. »Ich verstehe ja,
dass man das mit dem Tonmann als einen Anschlag auf den Betroffenen betrachten
kann. Und auch den Van-Unfall. Aber wie kommen Sie drauf, dass jemand Ihnen
nach dem Leben trachtet? Worauf beruht dieser Verdacht?«
    Sie bremste ab, weil wir uns einer
Ortschaft näherten. »Kann sein, dass ich da etwas hysterisch reagiere.«
    »Überlassen Sie’s mir, das zu
beurteilen.«
    Wir passierten jetzt ein paar kleine
Gewerbebetriebe, eine Kirche im Missionsstil, zwei, drei Einkaufscenter, eine
Schule. Hanalei, etwa 500 Einwohner. Glenna schien ganz auf den Verkehr und die
Fußgänger konzentriert, obwohl hier, im Vergleich zu dem, was wir in der Nähe
des Flughafens und in der Touristengegend um Kapaa erlebt hatten, so gut wie
nichts los war. Sie wartete, bis die Straße schmaler wurde und das Dach der
Äste sich über uns schloss, ehe sie antwortete.
    »Das war so. Es passierte gestern
Morgen, gegen fünf. Ich hab mir hier angewöhnt, früh aufzustehen und den Strand
entlangzugehen, bis zu einer alten Lavazunge. Der Weg ist dicht mit Bäumen
bewachsen — hauptsächlich Eisen- und Papayabäume. Das sieht wild aus, aber die
Wellbrights haben einen ganzen Stab von Gärtnern, die das Anwesen in Schuss
halten. Gestern...« Sie hielt jetzt an der ersten von zwei einspurigen
Holzbrücken, die im Winkel über einen weiteren Fluss führten, und ließ einem
entgegenkommenden Pickup die Vorfahrt.
    »Gestern«, wiederholte sie, als wir
losrumpelten, »gehe ich diesen Pfad entlang und höre plötzlich so ein Rascheln
und Knacken im Unterholz. Ich dachte mir nichts weiter dabei. Die Wellbrights
haben mindestens fünf Hunde, die überall herumstromern. Aber auf einmal gibt es
so ein seufzendes Geräusch und — rumms! kracht ein kleiner Papayabaum fast auf
mich drauf. Es ist gerade noch gut ausgegangen, aber die Äste haben mich böse
zerkratzt.« Sie hielt den einen Arm hoch; er war überzogen mit feinen
blutverkrusteten Linien.
    Ich schaute nach rechts und sah durch
windgebeutelte Bäume einen Sandstrand und
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