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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer
Autoren: Marcia Muller
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Gratisstunde.«
    »Äh... danke.«
    Hy verbiss sich das Grinsen.
    Glenna sagte: »Kommen Sie zu der Party
heute Abend, Russ?«
    »Im Pali House? Vergessen Sie’s. Ich
mag ja ein entfernter Verwandter sein, aber ich hab schon seit Jahren keinen
Fuß mehr in dieses Haus gesetzt. Ich bin heute Abend auf meinem Stammplatz im
Shack zu finden, und wenn Sie beide ein bisschen Grips haben, sollten Sie auch
lieber dorthin gehen.«
    Das Telefon im Büro klingelte. Er
guckte hinüber, zwinkerte mir dann zu und sagte: »Lassen Sie sich die
Gratisstunde nicht entgehen, schöne Frau.« Während er zum Telefon eilte, rief
er Hy zu: »Und Sie, Mann, bringen wir aufs Laufende, und dann haben wir beide
zusammen ein bisschen Fun !«
     
    Der erste Blick auf Glennas
Gratisunterkunft verschlug mir schier den Atem. Nicht, dass das Haus so opulent
gewesen wäre; es war im Gegenteil eher wohltuend schlicht: weiß, einstöckig,
auf etwa halbmeterhohen Stelzen, mit einem roten, nach allen vier Seiten
abgeschrägten Ziegeldach und einer umlaufenden Veranda, einem Lanai , wie
das hier auf den Inseln hieß. Magentafarbene Plumerien rankten sich die
Stützpfosten empor und quollen über die Regenrinnen, und die Brüstung umgaben
blühende Sträucher, die ich nicht identifizieren konnte.
    Das Haus stand ein gutes Stück von der
Straße, oberhalb eines footballfeldgroßen Rasens, abgeschirmt durch einen
dichten Hain von Palmen, Papayas, Bambus und Bananenbäumen. Als wir die
geschotterte Zufahrt entlangrollten, sah ich Hühner im Gras herumpicken und
roch wieder den lieblichen Ingwerduft. Glenna hielt neben einer frei stehenden
Garage, und ich erblickte ein kleines Stückchen Meer, Wellen, die sich an einem
Riff brachen.
    Als ich ausstieg und mich umguckte,
wanderte mein Blick zu der Hintergrundkulisse empor: uralte, faltige Palis, die
zum Greifen nah schienen und vor denen alles andere zwergenhaft wirkte. Ein
Schwarm von Reihern zog im Formationsflug an den Felszinnen vorbei. Das
schwarze Gestein stand in scharfem Kontrast zu der grünen Vegetation, die sich
in den Spalten festkrallte. Um die Palis hingen lila geäderte Wolken, bereit,
einen heftigen Regenguss loszulassen. Trotz der Naturschönheit, die mich umgab,
lag in der Atmosphäre dieses Ortes etwas Gewalttätiges, was mich auf der Stelle
nervös machte.
    Glenna schien es nicht zu fühlen.
»Beeindruckend, was?«, sagte sie. »Es heißt Malihini House — ›Malihini‹ ist das
hawaiianische Wort für ›Neuankömmlinge auf den Inseln‹.«
    »Ziemlich beeindruckend«, stimmte ich
ihr zu und sah Hy an. Sein Gesicht war unbewegt und wachsam.
    »Und mal was anderes als die
Großstadt«, setzte sie hinzu. »Nichts zu hören als das Meer und die Stille.«
    Ein durchdringender, krächzender Schrei
ertönte hinter uns.
    Hy sagte: »Was in aller Welt war das?«
    »Na ja, es würde still sein, wenn er
nicht wäre.« Glenna zeigte auf die Rasenfläche, wo jetzt ein Hahn zielstrebig
auf die Hennen zustolzierte und sich dabei die Lunge aus dem Leib krähte.
    »Ich dachte, das tun die nur bei
Tagesanbruch«, sagte ich.
    Sie starrten mich beide ungläubig an.
    »Großstadtpflanze«, sagte Hy.
    »Nicht?«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Hähne«, erklärte Glenna, »ja, Hühner
generell, sind dumme Vögel. Sie können Morgen, Mittag und Abend nicht
unterscheiden. Der hier ist besonders blöd; ich habe ihn schon mitten in der
Nacht krähen hören.«
    »Sind das hier Haushühner?«, fragte
ich.
    »Was? Nein, natürlich nicht. Die leben
hier frei auf der ganzen Insel. Wie kommen Sie darauf?«
    »Na ja, wenn es keine Haushühner sind,
woher wissen Sie dann, dass es immer derselbe Hahn ist, der kräht?«
    Sie runzelte die Stirn. »Jetzt, wo Sie’s
sagen — ich weiß es nicht.«
    »Dann können Sie auch nicht behaupten,
dass der Kerl da besonders blöd ist.«
    »Nein, aber gucken Sie ihn doch an.«
    Der Vogel wirkte in der Tat etwas
unterbelichtet.
    Hy sagte: »Ich glaub’s nicht, dass wir
hier in der Hitze stehen und so eine Diskussion führen. Machen Sie den
Kofferraum auf, Glenna, und zeigen Sie mir, wo wir unser Gepäck abstellen
können.«
     

18
Uhr 55
    Ich versuchte gerade, das lange
schwarz-goldene Baumwollkleid zu entknittern, das laut Glenna perfekt für die
wellbrightsche Party war, als Hy in der Tür unseres Schlafzimmers erschien, den
Zeigefinger auf die Lippen gepresst. Ich sah stirnrunzelnd zu, wie er im Bad
verschwand. Ein paar Sekunden darauf rief er: »McCone, wo hast du meinen
Rasierapparat
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