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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut
Autoren: Uta Maier
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Bescheid.«
    »Hättest du ihm nicht das Herz aus der Brust gerissen, hätte er Antworten gehabt!« Nenne die Dinge beim Namen und sie verlieren ihren Schrecken. Es half leider nicht wirklich.
    »Schon nach Faylins Ball wollte ich dich eigentlich gar nicht mehr töten, sondern dich tatsächlich zu meinem Blutmädchen machen. Es war das erste Mal, dass ich versucht war, mich Faylins Anweisungen zu widersetzen …« Dracas Augen flackerten mit der Angst in mir um die Wette. »Bei Faylins Ball war es noch Mittel zum Zweck. Faylin hat dich und dein Blut demjenigen versprochen, dem es gelingen würde, dich in seinen Besitz zu bringen - natürlich um dich anschließend ihm zu übergeben.« Er lachte kurz auf. »Komm schon zu mir! Du wirst das, was dir bevorsteht, sowieso nicht abwenden können.« Wieder winkte er mich zu sich. Diesmal traf mich sein Bann und ich ging paralysiert auf ihn zu wie eine Marionette.
    »Warum machen wir nicht einfach da weiter, wo wir vorhin aufgehört haben, bevor Raven aufgetaucht ist?« Seine Stimme umschmeichelte mich mit dieser lasterhaften Trägheit, die allein ausreichte, um mich benommen zu machen.
    »Ja«, stimmte ich wie benebelt zu. Ich befand mich in dem Arkadien all seiner Wünsche. Er würde mich jeden Einzelnen davon erfüllen lassen. Im nächsten Moment lag ich unter ihm.

30. Kapitel
    »Lieben? Ich weiß nicht … was ist das überhaupt?«
    AUS STADT DER ENGEL
    Es war wie in meinem Traum in der letzten Nacht, aber der Traum war Wirklichkeit. Der Wind war fein wie Flügel aus Schattenseide, der weiße Odem vertraut wie die lebensfeindliche Aura. Noch nie war ich glücklicher darüber gewesen, Damontez’ Nähe zu spüren.
    Er drückte mich an sich. Mein Kopf sank an weichen Stoff, weich wie Rosenblätter auf der nackten Haut. Ich spürte die Sturmaura und fühlte mich beschützt, klammerte mich an ihn wie ein Kind vor dem Ertrinken. Er zog mich fester an sich und mein Gesicht verschwand in den Fasern seines Pullovers.
    »Sie waren zu zweit, sie haben mein Blut getrunken.« Mehr Weinen als Worte.
    »Ich weiß. Du darfst jetzt nicht sprechen. Du brauchst noch mehr Blut!«
    Ich versuchte, die Augen zu öffnen, vergebens. »Nein«, stammelte ich. »Es betäubt mich …« Ich wollte nicht schon wieder ohnmächtig werden.
    »Nicht das Blut eines Halbseelenträgers. Es stärkt dich. Du hast schon eine ganze Menge davon getrunken, sonst wärst du bereits tot.« Die Stimme klang unnachgiebig und im nächsten Moment rannen Tropfen in meinen Mund. Sie schmeckten weder nach Kakao noch nach Maulbeeren. Ich drehte den Kopf zur Seite.
    »Willst du leben?«
    »Ja«, flüsterte ich. Das wollte ich wirklich.
    »Dann trink es freiwillig.«
    Ich fing an zu schlucken. Das Eis in meinen Knochen schmolz, meine Erinnerung kam zurück. Der Test, Faylin, Hadurahs geteilte Seele, von der ich eine Hälfte in mir trug. Ich lag immer noch in der Heide inmitten der einsamen Highlands, ich sah es nicht, ich roch es an dem erdigen Duft um mich herum. Mein Kopf war mittlerweile in Damontez’ Schoß gebettet. Regen prasselte auf uns hinab, während immer mehr Blut durch mich hindurch floss. Es schmeckte fremd und herb. Ein bisschen römisch, nach Adel und Renommee.
    »Damontez?«
    »Damontez kämpft um dich. Ich kenne kein Wesen, ob Mensch oder Vampir, das je stärker geliebt hat als er.«
    Was sagte er da? Sprach er von sich selbst?
    »Aber ich …«
    »Woher ich das weiß?« Er hielt meine Augen mit Gedankenkraft geschlossen. »Sagen wir, ich kann es fühlen.« Wieder gab er mir Blut. Ich schluckte dankbar jeden Tropfen, den er mir spendete. »Sie ist eigenartig, diese Liebe. Dort, wo es vorher nur Grau gab, sind plötzlich Farbschimmer. Dort, wo eine Ebene sich endlos in die Länge zog, ist eine unermessliche Tiefe. Wasser in der Wüste, Sonnen in der Dunkelheit.« Er lachte. »Ich bin ein schrecklicher Poet.«
    Ganz kurz schwieg er. Noch mehr Blut. »Sie macht dich größer, diese Liebe – innerlich. Wahrhaftiger. Man möchte auf einen Berg steigen und herunterschreien: Ich liebe! Man möchte rennen ohne Ziel. Man möchte alles auf einmal. Sie macht glücklich und traurig. Vielleicht macht sie sogar gütig. Das werde ich noch herausfinden müssen.«
    Er legte mich sacht in das Heidekraut zurück. »Seit Faylins Ball treibt mich Damontez’ Liebe jede Nacht zum Sanctus Cor. Heute hat sie dich gerettet, denn wir konnten nur mit meinem Raumkrümmer so schnell hierher gelangen. Shht!« Er unterband meine Fragen.
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