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Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau

Titel: Spaziergang am Meer: Einsichten einer unkonventionellen Frau
Autoren: Joan Anderson , Susanne Aeckerle
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Afrika.«
    »Das war es, aber praktische Erwägungen spielten auch eine Rolle... es war eine Möglichkeit, Geld zu verdienen und uns die Heirat leisten zu können. Erstaunlich, wie viel Vertrauen wir in die Liebe setzten«, füge ich hinzu, »wo wir doch in Wirklichkeit keine Ahnung hatten, worauf wir uns einließen.«
    »Das hat niemand«, sagt sie und steckt nebenbei Tausendschönchen und Farnwedel in die Schleifen, die ich aufgehängt habe. »Die Ehe ist im besten Fall ein närrisches Unternehmen, aber sie ist es wert, muß ich sagen, wenn man das Glück hat, mit einem sehr guten Freund verbunden zu werden.«
    »Glaubst du?« frage ich, fasziniert von ihrer Offenheit.
    |40| »Ach Gott, ja. Darum bezeichnen Erik und ich uns als ›Heilige Narren‹.«
    In dem Moment kommt der Bräutigam in die Kirche, zusammen mit seinem Trauzeugen und drei gutaussehenden Brautführern. »Wie geht es Ihnen, Tommy?« frage ich.
    »Nicht schlecht, nicht schlecht«, erwidert er, »aber mir rutscht meine Blume immer wieder aus dem Knopfloch.«
    »Kein Problem.« Ich befestige jeweils eine weiße Rose und Schleierkraut an den Revers der fünf Männer.
    »Noch gute zwanzig Minuten bis um zwei, am besten, Sie ziehen sich in den Raum da drüben zurück«, sage ich und deute auf die Sakristei. »Wissen Sie, es bringt Unglück, die Braut vor der Hochzeit zu sehen.«
    »Was für ein gutaussehender junger Mann«, flüstert Joan, während wir rasch die Blumenkisten, Kerzenverpackungen und sonstigen Abfall wegräumen.
    »Woher nimmst du bloß die Energie?« frage ich. »Mir ist klar geworden, daß ich ohne dich hier nie rechtzeitig fertig geworden wäre.«
    »Es macht Spaß, etwas Sinnvolles zu tun, meine Liebe – das hält das Adrenalin in Gang. An etwas teilzuhaben, hat mir über viele Momente der Stagnation hinweggeholfen.«
    Die besänftigende Hintergrundmusik eines Streichquartetts erfüllt das Kirchenschiff, und ich schlage vor, daß sich Joan, nachdem sie die Programme ausgepackt hat, einen Platz sucht und den Augenblick genießt, während ich auf die Ankunft der Braut warte. Ich setze mich in eine Ecke des Vestibüls und verschmelze mit der Szenerie aus Freunden, Hochzeitsstaat und Blumen.
    So viele Einzelheiten sind mit einer Hochzeit verbunden... so viel Engagement so vieler Menschen, die dafür sorgen, daß alles richtig läuft. Als der Solist mit der Wiedergabe von »O Perfect Love« beginnt, schüttele ich den Kopf und muß daran denken, daß es so etwas wie perfekte Liebe mit Sicherheit nicht |41| gibt. Vielleicht einen perfekten Hochzeitstag, aber auch da kann was schiefgehen. Ja, ich habe sogar gehört, je mehr schiefgeht, desto besser. Wenn man die Unvollkommenheit bei seiner Hochzeit akzeptiert, ist man später besser in der Lage, mit unerfüllten Erwartungen fertig zu werden.
    In dem Moment sehe ich etwas Weißes hinter dem Buntglasfenster. Sara, die Braut, und ihre Brautjungfern kommen den Weg zur Kirche herauf. Ich schließe die Innentüren und unterdrücke meine düsteren Gedanken. Der Organist spielt Variationen des Hochzeitsmarsches aus Wagners
Lohengrin
, und als ich durch den Türspalt blicke, sehe ich, daß der Pfarrer und der Bräutigam an ihrem Platz stehen.
    »Also dann, los geht’s«, sage ich, öffne die Türen und schicke erst die eine, dann die andere Brautjungfer den Mittelgang hinauf. »Sind Sie so weit?« frage ich die Braut, deren Augen sich mit Tränen füllen. Sie nickt, küßt rasch ihren Vater auf die Wange. Drinnen wird es still, alle Augen sind auf den rückwärtigen Teil der Kirche gerichtet. »Es wird Zeit«, flüstere ich Sara zu, während ich ihre Schleppe ordne und sie vorwärts schiebe, dann neben Joan in die Bank schlüpfe, als die Stimme des Pfarrers die Gemeinde erreicht: »Liebe Gemeinde, wir haben uns hier versammelt, um diesen Mann und diese Frau miteinander zu vereinen...«
    Ich schaue zu mehreren jungen Paaren auf der anderen Seite des Ganges, manche haben feuchte Augen, manche sind ausdruckslos, ein paar halten Händchen, und frage mich, wie es um ihre Beziehungen steht. Sicherlich haben sie in diesen Zeiten freier Liebe und der Unverbindlichkeit schon einiges an Liebeskummer erfahren. Heutzutage ist es nicht mehr leicht, sich zum Heiraten zu entschließen. Vor der Pille hüpften die meisten von uns in die Ehe, um ins Bett hüpfen zu können, aber das ist nicht mehr nötig. Daher ist es, bei so vielen Wahlmöglichkeiten, um so beeindruckender, wenn junge Leute heute diese Bindung
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