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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Moment in der Tür stehen. Er starrte auf das Bündel Scheine, ihm war, als könnte er sich nicht bewegen, seine Beine schienen einzuschlafen. Ein Kribbeln in den Waden wurde stärker, stieg höher. Er trat auf und ab, es begann nun auch in seinem Nacken zu kribbeln, zu pochen, und auf seinen Unterarmen erschienen kleine Pusteln. Er kratzte sich, aber der Juckreiz trat sofort an einer anderen Stelle wieder auf. Die Luft in Gudruns Bungalow war schwüler als draußen. Zinos entschied, es ohne das dreckige Geld einer Toten zu versuchen. Er würde sich durch den Dschungel schlagen, zu essen würde er genug finden. Vielleicht würde ihm in Metido jemand helfen, falls er es lebend bis dahin schaffte. Plötzlich fuhr ein Windstoß wie aus dem Nichts an ihm vorbei in den Raum; die Geldscheine wurden vom Nachttisch geweht, flogen zu ihm rüber und stapelten sich direkt vor seinen Füßen ordentlich aufeinander. Adios’ Geister gehörten zu den Guten. Er nahm das Geld und rannte, hinter dem Strand begann die Straße, über die er vor ein paar Wochen mit Özmen gekommen war; er kletterte bergauf ins Gestrüpp, oben angekommen, drehte er sich noch einmal um. Er konnte weit über den Strand schauen, die ersten Surfer liefen ins Wasser, kurz glaubte er Margarita zu erkennen. Eine Träne verlief mit seinem Schweiß auf der Wange. Sein Mund war so trocken, dass die Zunge am Gaumen kleben blieb. Er rannte querfeldein, so wie Özmen nach Metido gefahren war, irgendwann erreichte er eine asphaltierte Straße, wurde langsamer, in Serpentinen ging es immer weiter nach oben, ab und zu hupte hinter ihm ein Auto und raste vorbei, er zuckte jedes Mal zusammen und fing wieder an zu rennen. Dann ruhte er sich auf einem kaputten Sessel aus, den jemand neben der Straße abgestellt hatte. Ein Ford Taunus näherte sich und bremste vor Zinos, er starrte schnell auf seine Füße und bewegte sich nicht. Eine Männerstimme sagte:
    »Adam?«
    Zinos blickte auf.
    »Du bist doch Adam? Aus Hamburg!«
    »Nein, nein, ich bin jemand anderes, Zinos heiß ich. Wer bist du denn?!«
    »Sascha. Und das ist Melanie. Wir sind auf dem Weg nach Arrope, sollen wir dich mitnehmen?«
    »Nee, danke, ich komm da grad her.«
    »Und wo willst du hin?«
    »Nach Hause.«
    »Und wo ist das?«
    »Weiß ich nicht wirklich.«
    »Wenn wir dir irgendwie helfen können? Sollen wir dich irgendwo anders hinfahren? Ist kein Problem!«
    »Nein, aber danke schön!, ich komm schon klar.«
    »Wie du meinst. Kippe?«
    »Gern.«
    Melanie und Sascha schenkten ihm eine Schachtel Zigaretten und eine kalte Flasche Cola. Zinos trank sie sofort aus und lief weiter die Straße entlang.
    Dann fuhr ein rostiger Opel Ascona plötzlich langsamer, und ein dicker Mann lehnte sich aus dem Fahrerfenster. Zinos war sicher, nun abgeknallt zu werden, aber der Mann warf nur abgekaute Hühnerknochen auf die Straße.
    Nach etwa einer Stunde näherte sich etwas Größeres, laute Motoren, ein Dröhnen und dann hielt es mit lautem Bremsen direkt neben ihm. Zinos rannte schneller, aber er konnte nicht mehr, stolperte, knickte um und fiel. Er blieb liegen, das Gesicht auf dem Asphalt, er hörte Schritte hinter sich, er spürte eine weiche Hand auf dem Arm, und eine Frauenstimme sagte:
    »Junger Mann, Sie sehen aus, als bräuchten Sie Hilfe, kann ich Ihnen einen Schluck Apfelschorle anbieten oder eine Pfefferminzpastille? Do speak english? I am Irmgard from Germany. What is your name?«
    Zinos atmete tief durch und setzte sich auf:
    »Ich bin Zinos aus Hamburg. Ich brauche Hilfe, ich muss hier weg.«
    »Hast du deine Reisegruppe verloren?«
    »Sozusagen, schon vor langer Zeit.«
    »Du armes Kerlchen! Na, wenn du zum Flughafen willst, dann finden wir bestimmt noch ein Plätzchen für dich, dann drängel ich mich eben mit Gisela zusammen!«
    »Flughafen? Klingt gut.«
    Zinos keuchte noch immer.
    »Bis Adios Airport fährt man noch ’ne knappe Stunde, zu Fuß sollte man da lieber nicht gehen. Hattest du auch so eine schöne Zeit hier?«
    »Meistens schon, sieht ja aus wie im Paradies hier«
    »Da sprichst du Wahres. Leider ist die Zeit im Paradies immer zu kurz, aber wer weiß, wenn man länger bliebe, vielleicht entpuppte sich die Idylle als trügerisch.«
    »Ja, wegen der Eindringlinge.«
    »Ach, sind wir doch alle. Mädels, er kommt aus dem Norden.«
    Aus dem Bus stiegen lauter ältere Damen und umringten ihn. Schon waren seine aufgeschlagenen Knie und wunden Hände versorgt, er wurde mit 4711-Tüchern betupft, aß
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