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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen
Autoren: Jasmin Ramadan
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zu melden, wenn er zurück im richtigen Leben war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Tillmanns Geruch des Scheiterns je aus seinen Wänden verschwinden würde. Und so war es auch.
    Ein paar Wochen später übergaben Tillmanns Eltern ihm
    den Schlüssel zu einer neuen Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. Im selben Haus. Sie baten Zinos mit wässrigen Augen nochmals um Diskretion. Dass sie nicht früher gemerkt hatten, was mit ihrem Sohn los war, beschämte sie. Der Gitarrist von nebenan hatte die Polizei gerufen, er hatte sich gewundert, warum Tillmann sich nicht wie sonst Lieder wünschte, jedes Mal wenn er ihn spielen hörte.
    Bester Laune machte Zinos sich mit der schicken neuen Espressomaschine einen Kaffee, er streichelte das silber glänzende Ding und roch den Kaffee, da fiel ihm wieder ein, dass er keine Zeit hatte, in Ruhe Kaffee zu trinken. Er sah sich um, eine gute Wohnung für den Wirt des SOUL KITCHEN. Jetzt brauchte er nur noch ein kleines bisschen Geld.
    Illias war begeistert von der Idee eines eigenen Restaurants. Sobald er aus dem Knast raus war, wollte er Zinos mit Rat und Tat zur Seite stehen. Zinos versuchte es wieder bei der Bank. Man behandelte ihn an, als wäre er ein Zombie oder ein Kind. Er kam gar nicht dazu, seine Idee vorzutragen.
    Schließlich begann er nach einem Job zu suchen, versuchte es überall, in allen Cafés und Restaurants von Ottensen bis Uhlenhorst, aber der anbrechende Winter war die schlechteste Zeit dafür, es wurden eher Leute gefeuert. Er machte einen letzten Versuch auf dem Kiez, dort war es in vielen Lokalen egal, welche Jahreszeit gerade war. Er schlenderte über den Spielbudenplatz, kaufte sich an der Tankstelle ein paar Zigaretten und setzte sich auf die Stufen gegenüber dem Lemitz. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund, als er plötzlich eine tiefe, warme Stimme hörte, die ihm bekannt vorkam:
    »Den kenn ich doch, der da Feuer braucht.«
    Linde hatte sich neben ihn gesetzt. Er hatte nicht oft an Linde gedacht, seit sie ihn damals gebeten hatte zu verschwinden. Sie nahmen sich in den Arm, Linde drückte ihn kräftig und gab ihm Feuer.
    »Geht’s dir nicht gut?«, fragte sie und strich ihm über den Kopf.
    »Ich hab eine Menge Probleme.«
    »Probleme sind Gelegenheiten zu zeigen, was man kann. Hab ich mir immer gesagt.«
    »Ich kann aber nicht mehr«, sagte Zinos, und dann brach es aus ihm heraus, Er fing an zu heulen wie zuletzt als Kind. Linde drückte ihn an sich. Er erzählte ihr ein paar von den Sachen, die schiefgelaufen waren, er erwähnte nicht den Vorfall, der ihn zur Flucht aus Adios gezwungen hatte, aber sie verstand auch so.
    »Ich hab noch immer ein schlechtes Gewissen, dass ich dich damals aus dem Laden geworfen habe. Ich hätte Jennifer feuern sollen, die dumme Nutte. Fühlte sich zu Höherem berufen, aber sie wird immer ein Dreckstück bleiben, das hat gar nichts mit dem Beruf zu tun. Sie lässt ihre Neurosen an anderen aus, macht anderen Probleme, anstatt ihre zu lösen. Ich hoffe, sie geht mit ihrer Scheißtitanic unter – und die anderen Lackaffen, die dir das Leben zur Hölle gemacht haben, auch.«
    Zinos wischte mit seinem Pullover über Lindes Blazer, den er vollgeheult hatte:
    »Tut mir leid, hey!, sieht teuer aus, was ist das?«
    »Prada. Bei mir läuft’s. Linde hat expandiert. Rate, warum ich hier bin, ich hab meine Filiale in Hamburg besucht, ich leb jetzt in Köln, hab aber auch Läden in Berlin, Frankfurt und München. Ich bin eine Kette, stell dir das mal vor.«
    »Was ist mit Toto?«
    »Frag nicht. Er hat den Swimmingpool abgebrannt, als ich aus Hamburg weg bin. Frag nicht, wie. Er hat dann endlich ’ne Verhaltenstherapie gemacht, er ist hier jetzt mein Filialleiter. Hat sogar geheiratet.«
    »Ich dachte immer, er sei schwul.«
    »Du hast ja lang nicht Zeitung gelesen, was? Na, und wie der schwul ist, allerdings der schlotterigste Schwule der Welt. Aber ein Herzchen. Und er entwickelt sich, seit er Verantwortung hat. Aber, jetzt sag mal, wie stellst du dir denn dein Restaurant vor?«
    »Na ja, irgendwie griechisch, irgendwie mit Seele, kurios, heilig, unorthodox, aber bodenständig.«
    »Jetzt hab ich gleich so was von Lust gekriegt, da hinzugehen. Es wird Zeit, dass du diesen Laden zum Leben erweckst. Pass auf, du siehst dich nach einem passenden Laden um, ich geb dir das Geld, das du brauchst, du zahlst es mir zurück, wenn du kannst, in Raten, die du bestimmst, Zinsen will ich nicht. Sieh dich in Willhelmsburg um, da bin ich
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