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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch
Autoren: Joseph Hayes
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inzwischen von Dir, Lydia, soviel habe ich dazugelernt.) Und ich weiß jetzt: Wenn ich an etwas aus der Bibel glaube, dann daran, daß nur die Wahrheit frei machen kann. Nicht die Wahrheit der Bibel, sondern die Wahrheit an sich. Dies ist also die Wahrheit, Lydia – so unverfälscht und vollständig ich sie erkennen und darstellen kann.
    Und nun bleiben nur noch Fragen:
    Wird uns die Wahrheit wirklich frei machen?
    Sind wir fähig und bereit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen?
    Ist die Welt – wir alle, und was wir aus dieser Welt gemacht und was wir an ihr versäumt haben – nicht irgendwie für Wilbys Geisteszustand verantwortlich? Diese Welt, die er haßte, gegen die er sich auflehnte und der er irgendwie zu entfliehen suchte?
    Können wir es uns leisten, uns nicht mit seinen Ideen zu befassen, auch wenn er jetzt dem Wahnsinn verfallen ist? Können wir seine Fragen ignorieren, weil ihn diese Fragen – bis zu welchem Grad? – in den Irrsinn getrieben haben?
    Hatte Wilby jemals einen freien Willen, und traf er selbst eine Wahl? Oder im dieser Gedanke an sich eine Illusion, die wir uns machen, um zu überleben? Oder zumindest ein Zugeständnis an unser eingefleischtes Bedürfnis, in allem einen Sinn zu sehen, der für uns erkennbar oder von uns zu erschaffen und hineinzuprojizieren ist?
    Was habe ich getan, was ich nicht hätte tun sollen? Oder was habe ich zu tun versäumt?
    Indem ich die Menschen, die ich liebe, an die erste Stelle setzte, tat ich einen kleinen, zaghaften Schritt aus meinem Ich hinaus – aber ging ich weit genug? Verriet ich den Prozeß der Evolution, weil ich mich schützend vor meine Familie stellte und rücksichtslos gegen die vorging, die uns bedrohten? Werden wir jemals in der Lage sein, uns weiterzuentwickeln? Wohin?
    Merkt der Mensch immer zu spät, was er besitzt – was er ist und was er sein kann?
    Und das Wichtigste – wichtiger als alles andere, Lydia – ist diese Frage: Was wirst Du tun, wenn Du diese Zeilen gelesen hast? Ich werde Dir nicht sagen, daß ich Dich liebe. Was Du gelesen hast, ist ein langer und komplexer Liebesbrief. Ich kann nur hoffen. Ist er zu spät eingetroffen?
    Henry weiß, wo ich bin. Ich warte auf Deine Antwort.
    Wie immer,
    Adam.
     
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