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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer
Autoren: Patricia Shaw
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überprüfte, ob die Decke auch an Ort und Stelle war, und wandte sich dann an ihren Mann. »Otto, du und ich, wir werden das Mädchen hinunter in unsere Kabine tragen.«
    »Ja, natürlich«, entgegnete er, aber er konnte das Mädchen auch ohne ihre Hilfe aufheben.
    Als der Kapitän außer Hörweite war, knurrte einer der Männer: »Wozu die Mühe? Sie ist eine von diesen verfluchten Wilden, die unsere Kameraden umgebracht haben. Ich meine, wir sollten sie wieder ins Wasser werfen. Verfüttern wir sie doch an die Haie.«
    Edmund war entsetzt. »Sie ist doch nur ein Mädchen. Das kannst du nicht machen.«
    »Kleine Kätzchen können sich in menschenfressende Bestien verwandeln. Sie gehört zu diesen Mördern. Was sagst du, Billy? Dich hätten sie ja auch beinahe erwischt.«
    Billy Kemp hatte sich bewußt im Hintergrund gehalten. An diesem Tag jagte ein entsetzliches Ereignis das andere. Er hatte in ihr das Mädchen wiedererkannt, das er und George zu fangen versucht hatten, er wollte sie nicht an Bord haben. Sie hatte die ganze Zeit im Wasser überlebt, also sollte man sie doch dort lassen. »Ich sage, wir wollen dieses Weibsstück nicht! Auge um Auge! Werfen wir sie doch über Bord.« Jesus, wenn sie auf ihn zukommen und auf ihn zeigen würde, säße er ganz schön in der Patsche. Aber wahrscheinlich sprach sie sowieso kein Englisch. Hoffte er wenigstens. Einige dieser verfluchten Schwarzen konnten Pidgin.
    Dutchy baute sich vor ihm auf. »Sie hat dir doch überhaupt nichts getan.« Er wandte sich an die anderen. »Ihr würdet sie kaltblütig ertränken, ihr seid nicht besser als diese Wilden. Der Käpt’n weiß schon, was er tut.« Er nahm Billy am Arm und zog ihn von den anderen weg. »Du schaust das kleine Mädchen an, als hättest du ein Gespenst gesehen, Kemp.«
    »Ach was.« Billy versuchte zu grinsen. »Ist doch ein tolles Weibsstück, oder, Kumpel?«
    »Sag nicht Kumpel zu mir«, knurrte Dutchy. »Was hat George eigentlich bei sich getragen, als er den Strand heraufgekommen ist? Ich habe gesehen, wie er etwas weggeworfen hat.«
    O Gott. Dieser Bastard hatte wirklich Adleraugen. »Woher soll ich das wissen?«
    »Warum solltest du das eigentlich nicht wissen? Es gab doch sonst nichts zu sehen, oder? Ich zum Beispiel beobachte die ganze Zeit. Beim Rudern hab ich die Kratzer an deinen Armen und deinem Nacken gesehen. Auf dem Weg hin hattest du die noch nicht.« Er packte Billys Arm und drehte die Innenseite nach außen. »Frische Kratzer, genau wie bei Taffy.«
    »Das ist nichts«, winselte Billy. »Hör auf, du tust mir weh.«
    »Dann hör mir gut zu, du Mistkerl. Wenn du das Mädchen anrührst oder noch ein Wort sagst …«
    »Was willst du machen?« Billy spuckte vor ihm aus. »Zum Käpt’n gehn und ihm eine neue Geschichte erzählen?«
    »O nein. Das wäre zu einfach. Wenn du dich nicht zurückhältst, gehst du eines Nachts über Bord. Verstanden?«
    Er stieß Billy beiseite und schritt davon.
    »Du bist verrückt, Dutchy, weißt du das?« rief Billy ihm nach.
    »Hey, Billy.« Gaunt, der Kajütenjunge, war zu ihm getreten. »Ich hab sie zuerst gesehen, da im Wasser. Ich hab sie entdeckt.«
    »Schön für dich«, erwiderte Billy bissig.
     
    Das Mädchen schlug die Augen auf und stieß einen gequälten Schrei aus, der in der Kabine widerhallte.
    Gussie drückte sie fest in die Koje zurück und legte ihr zwei Finger auf die Lippen. »Schsch. Ruhig.« Und sogleich war das Mädchen still.
    Otto reichte seiner Frau einen Wasserkrug, und Gussie versuchte das Mädchen zum Trinken zu bewegen. »Komm, Kleine, hier ist Wasser. Du mußt was trinken.«
    Aber ihre Patientin wehrte sich und verschüttete dabei alles. Gelassen nahm Gussie ein kleines Handtuch, tauchte es ins Wasser, preßte es gegen die trockenen Lippen des Mädchens und ließ ein paar Tropfen in ihren Mund rinnen. Erfreut sah sie, daß das Mädchen an dem Tuch zu saugen begann.
    Während Gussie leise und beruhigend auf das Mädchen einredete, badete sie ihr Gesicht und legte ein feuchtes, kühlendes Tuch auf ihre Stirn.
    »Sieh dir die Haare an«, sagte sie und schob die schwarzen verfilzten Locken beiseite. »Die sind noch nie mit einem Kamm in Berührung gekommen.«
    Beckmann lachte. »Was erwartest du denn, Mutter? Sie ist eine Wilde. Genauso wenig gezähmt wie ihr Haar, also paß besser auf. Wenn sie wieder zu sich kommt, schlägt sie vielleicht nach dir.«
    Gussie ließ ihre Muskeln spielen und grinste. »Ich werde mich gegen so ein Fliegengewicht
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