Sonne, Meer und Bea (German Edition)
das Poster des Khan oder gar nichts! Wenn ich gnädig bin, kaufe ich ihr noch eine Packung Räucherstäbchen dazu.«
»Paul, du bist uncharmant.«
Entschlossen krame ich das Geld aus meiner Hemdtasche heraus. Der Verkäufer zieht ein Gummibändchen über das gerollte Poster und überreicht es Maja. Als wir uns von dem Verkaufsstand entfernt haben, stellt mich Maja zur Rede. Sie wedelt mit der Posterrolle: »Du kannst doch Kerstin nicht so einen Blödsinn schenken. Die kann doch Stars nicht leiden.«
»Genau deswegen bekommt sie das auch. Du weißt, was sie mir zu Weihnachten geschenkt hat?«
»Nein, das hast du mir nicht erzählt.«
Ich hole aus und erinnere mich zurück, wie wir alle im Wohnzimmer saßen. Der Tisch war reich gedeckt. Es gibt immer um 18 Uhr unser traditionelles Heiligabendessen. Davor beschenken wir uns gegenseitig. Es sind nur Kleinigkeiten, Gesten. Mein Bruder Raffael schenkte mir eine Basketballkappe der New York Knicks und bekommt dafür von mir aus Indien eine DVD mit Patiala House. Meine Schwester überreichte mir ein hübsches kleines Paket, blau glitzernd mit einer breiten roten Schleife. Und was war drin?
»Ja, sag schon!«
»Sechs Rubbellose.«
»Das nenne ich mal originell.«
»Aber alle waren aufgerubbelt: einmal zwei Euro, ein Freilos und vier Nieten.«
»Das ist gemein.« Maja muss schon wieder lachen. »Na gut, dann gestatte ich dir das. Du darfst ihr den Schauspieler schenken. Meinen Segen hast du.«
Wir gehen weiter. Vor einem Fenster entdecke ich eine Menschentraube. Dort scheint es etwas zu sehen zu geben. Da muss ich hin. Ich stürme vor. Maja schlendert hinterher.
»Was ist denn nun schon wieder?«
»Mal schauen, was los ist.«
Die Leute stehen vor dem Fenster eines Sportladens. Ich schaue über ihre Köpfe. Im Schaufenster steht ein Fernseher. Es läuft Cricket. Das erste Halbfinale, in dem sich Sri Lanka und Neuseeland gegenüberstehen. Das bringt mich auf eine Idee. Ich betrete den Laden und kaufe mir das Trikot der indischen Mannschaft. Das ist ein gutes Souvenir für mich.
Maja
Colaba ist voll von Westlern. Sie stehen an den vielen Straßenständen und lassen sich unnütze Mitbringsel aufschwatzen oder durchstöbern die Läden mit traditionellem Kunsthandwerk. Da wir ebenfalls noch Souvenirs brauchen, schließen wir uns den anderen Touristen einfach an und tauchen ab in den Kaufrausch. Für meine und Pauls Eltern suchen wir geschnitzte und bunt bemalte Ganesha-Figuren aus. Bianca bekommt einen kleinen metallenen Elefanten als Räucherstäbchenhalter mit einer Großpackung Patchouli-Räucherstäbchen und Kathi einen Pashmina-Schal. Ich kenne sie doch. Wenn sie meinen sieht, ist sie so angetan, dass sie auch einen möchte. Dann kann ich diesen hervorzaubern und sie überraschen. Für mich selbst würde ich gerne noch einen Kaschmirpullover kaufen, aber meine Reisekasse gibt den nicht mehr her. So erstehe ich ein rundes Emailleschild mit einem radschlagenden Pfau, dem Symboltier Indiens. Wenn ich das über mein Bett hänge, werde ich mich immer an unsere herrliche Zeit hier erinnern.
Langsam stellt sich Wehmut ein. In zwei Tagen ist das Abenteuer vorbei. Adieu freies Leben. Aber auch: Hallo eigenes Bett. Ich freue mich auf erholsamen Schlaf. Doch in meinem Bett werde ich die Hälfte der Zeit wieder alleine schlafen müssen. Dabei habe ich es in den letzten Wochen zu schätzen gelernt jeden Morgen neben Paul zu erwachen und in der Nacht seinen warmen Körper zu spüren. Die Nähe und Vertrautheit, die zwischen uns entstanden ist, möchte ich gar nicht mehr missen. Es fühlt sich alles so richtig an. Wir gehören einfach zusammen!
Im Café Coffee Day hänge ich meinen Gedanken nach und frage mich, was die nächsten Monate für Paul und mich bereithalten werden. Ich hoffe, wir bleiben das eingespielte Team, zu dem wir in Indien geworden sind. Ich möchte nicht mit Betreten des deutschen Bodens wieder in die unverbindlicheren Vor-Urlaubs-Zeiten zurückfallen. Denn ich sehe uns jetzt als richtige Einheit und wünsche mir, Paul fühlt genauso.
Die Shoppingtour hat sehr geschlaucht. Paul ist ebenfalls nicht nach Reden zumute und so trinken wir unseren Eiskaffee in einvernehmlichem Schweigen.
Unsere Pläne noch zum Gate of India zu laufen und nach Elephanta überzusetzen zerschlagen sich in beiderseitiger Sightseeing-Müdigkeit. Auf dem Weg zurück ins Hotel werden wir von einem schick gekleideten Mann angesprochen. Er steckt in einem Anzug, trägt spitze
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