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Sommernachtsschrei

Sommernachtsschrei

Titel: Sommernachtsschrei
Autoren: Manuela Martini
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ja damals geschrieben hatte. Aber mich würde es nicht wundern, wenn sie ihn als den ihren ausgeben würden…
    Ich renne weiter. Von Weitem sehe ich Lampions und Lichterketten an den Bäumen, wie letztes Jahr, sie tauchen die Wiese und den angrenzenden Wald in ein gespenstisches Licht. Schatten werden übergroß und manche Gesichter zu Angst einflößenden Masken. Doch letztes Jahr fand ich es romantisch.
    Schon begegne ich den ersten Leuten. Pärchen, die Hand in Hand flüsternd über die Wiese wandeln. Ein Grüppchen aus drei Mädchen, die miteinander tuschelnd zum Wald streben. Vier Jungs, die mit einer Dose Fußball spielen. Die Bühne vor mir leuchtet in orangefarbenem Licht. Orange wollte ich letztes Jahr. Da wollten sie Hellblau. Doch diesmal spielt nicht The Fling. Ein DJ legt Musik auf.
    Aus den Lautsprechern dringt mein letztes Wort. Mut . Dann verhallt es und geht im nächsten Titel unter.
    Auf einmal kommt Maya auf mich zugelaufen, einen Jungen mit langem dunklem Haar und Schlafzimmerblick im Schlepptau. Sie hat mich gesehen und bleibt überrascht stehen. »Ziska, du hier? Hab schon gehört, dass du doch nicht nach Hause gefahren bist. Aber, he, du siehst ja echt fertig aus!«
    »Lass mich einfach.« Ich will mich umdrehen, doch sie hält mich an der Schulter fest. Ihr Blick dringt tief in meine Augen.
    »Hat es mit Leonie und Vivian zu tun?«
    Weiß sie etwa nichts?
    Maya gibt dem Jungen einen kurzen Kuss, dann schickt sie ihn fort. Als sie sich wieder zu mir umdreht, legt sie mir einen Arm um die Schulter. »Die beiden sind total durchgeknallt! Irgendwie haben sie mit der Sache vom Bootshaus zu tun, das ist mir klar geworden.«
    »Sie haben dir also nichts gesagt?« Ich weiß nicht, ob ich ihr glauben soll.
    Sie schüttelt ihre blonde Mähne. »Nein! Sie sind letztes Jahr hinter euch hergeschlichen. Leonie war total wütend, dass sich Maurice für dich und nicht für sie interessiert, dass er sie überhaupt nicht mehr beachtet hat. Tja, und Vivian war auf diesem bescheuerten Ich-mach-das-für-dich-und-alle-Typen-sind-sowieso-scheiße-Trip. Mensch, Ziska, sie wollten mir nie sagen, was wirklich passiert ist. Sie waren, waren einfach so seltsam…« Ihre großen Augen sehen mich hilflos an.
    »Und von dieser Postkarte wusstest du nichts?«, frage ich.
    »Welche Postkarte?«
    Soll ich ihr wirklich glauben? »Ich muss los, Maya.«
    »Wohin?«
    Der wütende Feuerball in mir sprüht Funken und seine Flammen züngeln. »Zur Abrechnung.«
    Sie sieht mich entsetzt an. »Ich komme mit.«
    »Nein, das geht nur mich und die beiden was an.«
    »Nein, Ziska«, sagt sie bestimmt. »Ich stehe auf deiner Seite! Vielleicht haben sie mich auch die ganze Zeit belogen!«
    Es ist mir nicht ganz recht, dass sie mitkommt.
    »Und außerdem…«, fügt sie hinzu, »weißt du, was sie mit dir vorhaben? Die beiden sind echt verrückt.« Sie schüttelt den Kopf. »Komm, lass uns gehen! He, hört sich nach Gewitter an.«
    Das Grollen ist lauter geworden. Und Wind ist aufgekommen.

33
    Wir drängen uns an den eng stehenden Grüppchen vor der Bühne vorbei und laufen in die stillere Dunkelheit hinunter zum See.
    Wie letztes Jahr mit Maurice, denke ich. Mit jedem Schritt, den wir uns dem See nähern, wächst meine Wut. Maya legt mir besänftigend die Hand auf die Schulter. Sie hat es gemerkt.
    Zwischen den Bäumen glitzert plötzlich die schwarz glänzende Fläche vor uns. Schmatzend lecken Wellen am Ufer. Wind kräuselt die Oberfläche. Und in der Ferne ist wieder dieses Grollen zu hören. Sonst ist es still. Und doch warten hier irgendwo Leonie und Vivian.
    »Wo wollten sie dich treffen?« Maya flüstert plötzlich.
    »Am Bootshaus.«
    »Hm. Ziemlich dramatisch.«
    Das Bootshaus ragt auf einmal als dunkler Schatten rechts von uns auf. Ob die beiden drinnen sind?
    Wieder lausche ich.
    Eine Gestalt löst sich aus dem Schatten des Bootshauses. »Da bist du ja endlich!« Leonies Stimme klingt atemlos.
    Ich explodiere, stürze mich auf sie, packe sie an ihrem Blusenkragen. »Du gemeines Stück! Ihr wart es! Ihr habt es getan! Vivian und du, ihr habt Maurice umgebracht! Gib’s doch zu!«
    Leonie ist steif, entsetzt starrt sie mich an. Sie hat Angst. Gut so!
    »Du kannst froh sein, wenn ich dich zur Polizei schleife!« Meine Stimme ist ganz rau, vor Wut bringe ich kaum etwas hervor. Eine Hand packt mich an der Schulter, reißt mich herum. Das Einhorn blitzt auf. Vivian! Ich lasse eine Hand los und greife nach Vivian, doch sie hat zwei
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