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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
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Gedanken.
    »Hm?«
    »Du wirst dieser Heirat nicht zustimmen!«
    »Wer sagt das?«
    »Ich sage das. Und vergiß nicht, was Julia dazu sagen würde.«
    Ein wirkungsvolleres Argument hätte sie wahrlich nicht vorbringen können. In dieser Chronik ist Lady Julia Fish, trauernde Witwe des seligen Sir Miles Fish, C. B. O., Generalmajor im Garderegiment, nicht in Erscheinung getreten. Wir wissen deshalb nichts von ihren durchbohrenden Blicken, ihrem energischen Kinn, ihrem verkniffenen Mund und ihrer Stimme, die schon mal – etwa wenn sie einen Bruder zusammenstauchte – auf einer empfindlichen Haut Blasen hervorrufen konnte. Lord Emsworth jedoch kannte das alles nur zu gut. Er hatte damit von klein auf seine Erfahrungen gemacht. Glück bedeutete für ihn, dort zu sein, wo Lady Julia Fish nicht war. Und der bloße Gedanke, sie könnte in Blandings Castle erscheinen, um ihn in der Bibliothek wegen dieser Angelegenheit zur Rede zu stellen, ließ das Blut in seinen Adern erstarren. Bis eben war es noch seine wohlwollende Absicht gewesen, alles zu tun, was die Mehrheit von ihm verlangte. Aber jetzt zögerte er.
    »Meinst du, Julia wäre nicht dafür?«
    »Selbstverständlich wäre Julia nicht dafür.«
    »Julia ist eine Gewitterziege!« sagte der Ehrenwerte Galahad.
    Lord Emsworth dachte darüber nach und war geneigt, dieser Ansicht zuzustimmen. Doch das änderte nichts an der Hauptsache.
    »Glaubst du, daß sie deswegen unfreundlich reagieren würde?«
    »Allerdings!«
    »Na ja, wenn das so ist …« Lord Emsworth hielt inne. Dann ging ein Leuchten über sein Gesicht. »Also, bis später«, sagte er. »Ich gehe jetzt hinüber und sehe nach meiner kleinen Kaiserin.«
    Sein Scheidegruß kam so unerwartet, daß Lady Constance davon völlig überrumpelt wurde, und er war schon aus dem Zimmer und am Ende des Flurs angelangt, bevor sie sich soweit erholt hatte, daß sie irgendwelche Maßnahmen ergreifen konnte. Dann eilte auch sie hinaus. Man hörte ihre Stimme in der Ferne verhallen. Sie rief »Clarence!«
    Der Ehrenwerte Galahad wandte sich an Sue. Er sprach fröhlich und zugleich beruhigend.
    »Es ist wirklich ungehörig, so einen Familienkrach der besten englischen Tradition in Gegenwart eines Gastes auszutragen«, sagte er und tätschelte dabei ihre Schulter wie einer, der bei günstigerer Entwicklung der Dinge und mangelhafterer Schiffsverbindung nach Südafrika in den neunziger Jahren ihr Vater hätte sein können. »Sie brauchen jetzt ein bißchen Ruhe, mein Kind. Komm, Ronald, wir gehen. Diese Diskussion setzen wir besser woanders fort. Kopf hoch, Kindchen, es wird schon alles werden.«
    Sue schüttelte den Kopf.
    »Es hat alles keinen Zweck mehr«, sagte sie traurig.
    »Da seien Sie mal nicht so sicher«, sagte der Ehrenwerte Galahad.
    »Auf eins kannst du dich verlassen«, erklärte Ronnie. »Ich werde dich heiraten, egal, was kommt. Basta! Du lieber Himmel, schließlich kann ich doch Geld verdienen gehen, oder?«
    »Womit denn?« fragte der Ehrenwerte Galahad.
    »Womit? Na – äh – mit irgendwas.«
    »Der Marktwert der Mitglieder dieser Familie«, sagte der Ehrenwerte Galahad, der sich über seine Verwandtschaft keinen Illusionen hingab, »beläuft sich auf ungefähr drei Pence pro Jahr. Nein! Wir müssen es anders anfangen und Clarence irgendwie auf unsere Seite bringen. Und das bedeutet reden und überzeugen. Dazu sollten wir uns einen anderen Platz suchen. Komm, mein Junge, vertraue auf dein Glück. Ich hab schon verfahrenere Chosen gesehen, die zum Schluß noch in die Reihe kamen.«

Gally bringt alles ins Lot
    Sue stand auf dem Balkon und sah hinaus in die Nacht, die wie ein dunkles Samttuch über der Welt lag. Sie nahm das leise Rascheln der Blätter wahr und den würzigen Duft von Erde und Blumen. Ein leichter Wind hatte sich erhoben und bewegte die Efeublätter an der Hauswand neben ihr. Irgendwo zwitscherte schläfrig ein Vogel, und aus der Ferne klang das Murmeln eines Baches herüber.
    Sie seufzte. Das war eine Nacht, wie geschaffen zum Glücklichsein. Aber für sie, dessen war sie jetzt sicher, gab es kein Glück.
    Hinter ihr ertönten Schritte, und rasch wandte sie sich um.
    »Ronnie?«
    Es war die Stimme des Ehrenwerten Galahad Threepwood, die ihr antwortete.
    »Leider bin ich es nur, mein Kind. Darf ich ein bißchen zu Ihnen auf den Balkon kommen? Du meine Güte, um Clarences Worte zu gebrauchen – was für eine wunderschöne Nacht!«
    »Ja«, sagte Sue zweifelnd.
    »Ihnen kommt sie wohl nicht so
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