Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
Scherze dieser Art für amüsant halten. Versuche doch einmal, Clarence, dir so vernünftig, wie es bei deiner geistigen Ausstattung möglich ist, zu überlegen, welches Motiv Mr. Baxter überhaupt gehabt haben sollte, nach Blandings Castle zu kommen und ein Schwein zu entführen.«
    Vielleicht war es die Flinte in seiner Hand, was in Lord Emsworth Erinnerungen an die schneidigen Zeiten bei der Heimwehr von Shropshire wachrief und den jugendlichen Hitzkopf in ihm weckte. Jedenfalls wurde er diesmal unter den herrischen Blicken seiner Schwester nicht verzagt und kleinlaut, sondern er blickte ihr kühn ins Auge und gab Widerworte.
    »Und überlege du dir mal, Constance«, sagte er, »welche Motive Mr. Baxter überhaupt je hat bei dem, was er tut.«
    »Richtig«, sagte der Ehrenwerte Galahad, in dieselbe Kerbe hauend. »Welches Motiv hatte wohl unser Freund Baxter, nach Blandings Castle zu kommen und junge Mädchen zu Tode zu erschrecken, indem er sich unter Betten versteckte?«
    Lady Constance schluckte. Die beiden hatten den schwachen Punkt in ihrer Verteidigung entdeckt. Sie sah den Mann an, von dem sie noch immer hoffte, daß er diese Attacke souverän würde abschlagen können.
    »Mr. Baxter!« rief sie, als wolle sie ihn zu einer Tischrede auffordern.
    Aber Rupert Baxter war nicht zu Tisch gewesen, und diese Tatsache gab jetzt vielleicht den Ausschlag. Ganz plötzlich überkam ihn der unbändige Wunsch, von hier wegzukommen, koste es, was es wolle. Vor einer Stunde, vor einer halben Stunde, ja, sogar vor fünf Minuten noch hatte er sich in Schweigen gehüllt, weil er im Stillen hoffte, einen Weg zu finden, um wieder als Privatsekretär des Earl von Emsworth nach Blandings Castle zu kommen. Jetzt wollte er diesen Posten nicht mehr annehmen, und wenn man ihn kniefällig darum bäte.
    Baxter der Tüchtige empfand mit einemmal abgrundtiefen Haß auf Blandings Castle und alle, die darin wohnten. Es war ihm unbegreiflich, wie er je den Wunsch gehabt haben konnte, dorthin zurückzukehren. Er befand sich derzeit in einer gut bezahlten, verantwortungsvollen Stellung als Sekretär und Berater des amerikanischen Millionärs J. Horace Jevons, eines Mannes, der ihn nicht nur mit einer Willfährigkeit und Hochachtung behandelte, die Balsam für sein Ego waren, sondern der ihn auch bei der Anlage seines Geldes so gut beriet, daß er seine Ersparnisse bereits verdreifacht hatte. Und diesen Mann mit dem goldenen Chicagoer Herzen hatte er im Stich lassen wollen, nur um einer sentimentalen Anwandlung nachzugeben und in ein Haus zurückzukehren, das er, wie ihm jetzt klar wurde, so sehr verabscheute, wie kein Haus mehr verabscheut worden war seit der Zeit, als das Wohnen in Höhlen aus der Mode kam.
    Seine Augen blitzten hinter den Brillengläsern. Seine Lippen wurden schmal.
    »Ich werde es Ihnen erklären!«
    »Ich wußte ja, daß Sie eine Erklärung haben würden!« rief Lady Constance.
    »Allerdings, und sie ist sehr einfach.«
    »Hoffentlich auch kurz«, sagte Lord Emsworth ungeduldig. Er sehnte das baldige Ende dieses Palavers herbei, da er endlich sein geliebtes Schwein wiedersehen wollte. Der Gedanke, daß die Kaiserin in einem häßlichen Wohnwagen schmachtete, quälte ihn.
    »Ganz kurz«, sagte Rupert Baxter.
    Die einzige Person im Raum, die man bis jetzt nicht in diese peinliche Szene einbezogen hatte, war Sue. Von ihrem Standort am Fenster aus hatte sie als unbeteiligte Beobachterin zugesehen. Jetzt fand sie sich auf einmal in den Strudel der Auseinandersetzung hineingezogen. Baxters Brillengläser blitzten sie an, und anklagend deutete er mit dem Finger auf sie.
    »Ich kam in dieses Zimmer«, sagte er, »um einen Brief wiederzubeschaffen, den ich dieser Dame geschrieben hatte, die sich Miss Schoonmaker nennt.«
    »Selbstverständlich nennt sie sich Miss Schoonmaker«, sagte Lord Emsworth, sich mühsam von seinen Gedanken an die Kaiserin losreißend. »So heißt sie nämlich, lieber Freund. Und deshalb«, erklärte er freundlich, »nennt sie sich Miss Schoonmaker. Du liebe Güte!« setzte er hinzu, wobei er eine gewisse Gereiztheit nicht verbergen konnte. »Wenn ein Mädchen Schoonmaker heißt, dann nennt es sich natürlich auch Schoonmaker.«
    »Ja, wenn es so heißt. Aber sie heißt nicht so. Sie heißt Brown.«
    »Hören Sie, mein lieber Freund«, sagte Lord Emsworth beschwichtigend, »Sie sollten sich nicht unnötig aufregen, indem Sie sich solche Geschichten zurechtmachen. Das ist bestimmt nicht gut für Sie. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher