Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
schlage vor, daß Sie jetzt auf Ihr Zimmer gehen und sich kühle Kompressen machen und dann schlafen gehen. Ich werde Ihnen Beach mit einem schönen Teller Haferbrei nach oben schicken.«
    »Warme Milch mit Rum«, korrigierte der Ehrenwerte Galahad. »Das ist das beste Mittel. Anno ’97 kannte ich mal einen, der auch solche Zustände bekam – du kannst dich bestimmt an ihn erinnern, Clarence. Howard. Wir nannten ihn immer Howard mit dem Hau – und jedesmal, wenn …«
    »Sie heißt Brown!« wiederholte Baxter, und seine Stimme schwoll in einem hysterischen Crescendo. »Sue Brown. Sie ist ein Revuegirl im Londoner Regal Theatre. Und soviel ich weiß, ist sie mit Ihrem Neffen Ronald verlobt.«
    Lady Constance stieß einen schrillen Schrei aus. Lord Emsworth gab seinen Gefühlen mit einem mißbilligenden »Ts-ts-ts« Ausdruck. Nur der Ehrenwerte Galahad blieb still. Er sah zu Sue hinüber. In seinem Blick lag Besorgnis.
    »Zufällig hörte ich hier in diesem Zimmer, wie Beach persönlich das sagte. Er wußte es anscheinend von Mr. Pilbeam. Ich nehme an, daß es stimmt. Auf jeden Fall steht fest, daß sie eine Schwindlerin ist, die unter falschem Namen herkam. Als ich vor einer Weile im Rauchsalon saß, kam telefonisch ein Telegramm aus Market Blandings. Es trug die Unterschrift ›Myra Schoonmaker‹ und war heute nachmittag in Paris aufgegeben worden. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe«, schloß Baxter. »Ich werde jetzt gehen, und ich hoffe von ganzem Herzen, daß ich keinem von Ihnen je wieder begegnen werde. Guten Abend!«
    Seine Brille glitzerte kalt, und dann schritt er aus dem Zimmer und stieß in der Tür mit Ronnie zusammen, der hereinkam.
    »Passen Sie doch auf!« zischte er.
    »Was ist?«
    »Tölpel!« sagte Baxter der Tüchtige und entschwand.
    In dem Raum, den er verlassen hatte, verwandelte sich Lady Constance Keeble in einen finsteren Racheengel. Normalerweise war sie keine sonderlich große Frau, aber jetzt schien sie hoch und schrecklich aufzuragen, und Sue wurde immer kleiner.
    »Ronnie!« rief sie schwach.
    Es war ein Alarmruf, mit dem ein bedrängtes Weibchen das Männchen zu Hilfe ruft. Genauso hatten wohl in grauer Vorzeit Sues Vorgängerinnen bei den Höhlenmenschen nach dem Mann mit der Keule gerufen, wenn der Säbelzahntiger sie anfauchte, dem Lady Constance jetzt so verblüffend ähnlich sah.
    »Ronnie!«
    »Was ist denn hier los?« fragte der letzte Sproß aus dem Geschlecht der Fishs.
    Er schnaufte ein wenig, denn er war gerannt. Nachdem Pilbeam erst einmal ins Freie gelangt war, hatte er sich als erstaunliches Sprintertalent entpuppt. Sehr bald schon hatte er zwischen sich und Ronnie eine Distanz von zwanzig Yards gelegt und war dann im Buschwerk untergetaucht, so daß Ronnie von einer weiteren Verfolgung abgesehen hatte und umgekehrt war, um Sue zu berichten. Er war überrascht zu sehen, daß ihr Zimmer sich in seiner Abwesenheit in eine Art öffentlichen Sammelplatz verwandelt hatte.
    »Was ist denn hier los?« fragte er deshalb in die Richtung der Anwesenden.
    Lady Constance wirbelte herum.
    »Ronald, wer ist dieses Mädchen?«
    »Was?« Ronnie verspürte ein gewisses Unbehagen, riß sich aber zusammen. Die Blicke seiner Tante gefielen ihm gar nicht, aber das hatten sie noch nie getan. Zweifellos braute sich hier etwas zusammen, aber vielleicht konnte man mit Nonchalance die Situation retten. »Du kennst sie doch. Miss Schoonmaker. Ihr seid euch in London begegnet.«
    »Heißt sie Brown? Und ist sie ein Revuegirl?«
    »Stimmt«, gab er zu. Das war ein schwerer Schlag, aber Eton und Cambridge hielten ihm stand. »Stimmt«, sagte er, »das ist völlig richtig.«
    Lady Constance fehlten die Worte, und nach ihrem Mienenspiel zu urteilen, war das auch besser so.
    »Ich wollte euch das schon längst sagen«, fuhr Ronnie fort. »Wir haben uns verlobt.«
    Lady Constance hatte sich inzwischen soweit erholt, daß sie wenigstens ein Wort hervorbrachte.
    »Clarence!«
    »Was?« fragte Lord Emsworth geistesabwesend.
    »Hast du das gehört?«
    »Was?«
    Lady Constance hatte die Phase inneren Aufruhrs abgeschlossen und nunmehr die Stufe eisiger Ruhe erreicht.
    »Da du es offenbar nicht für nötig hältst zuzuhören, möchte ich dir mitteilen, daß Ronald soeben seine Absicht bekanntgegeben hat, ein Revuegirl zu heiraten.«
    »So …? Aha«, sagte Lord Emsworth. Ob wohl, so dachte er, ein Mann wie Baxter, der nicht alle sieben Zwetschgen beisammen hatte, die Kaiserin auch regelmäßig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher