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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter
Autoren: P. G. Wodehouse
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gefüttert …? Dieser Gedanke zitterte wie ein Pfeil in seinem Herzen. Sorgenvoll bewegte er sich auf die Tür zu und hatte sie schon erreicht, als er bemerkte, daß seine Schwester noch mit ihm redete.
    »Mehr hast du dazu also nicht zu sagen?«
    »Was? Wozu?«
    »Ich habe soeben versucht, dir klarzumachen«, sagte Lady Constance mit ausgesuchter Höflichkeit, »daß dein Neffe Ronald sich mit der Absicht trägt, in die Tanzgruppe des Regal Theatre einzuheiraten.«
    »Wer?«
    »Ronald. Das ist Ronald. Er möchte Miss Brown heiraten, ein Revuegirl. Das ist Miss Brown.«
    »Sehr erfreut«, sagte Lord Emsworth. Er war vielleicht ein bißchen zerstreut, aber er war ein Kavalier der alten Schule.
    Jetzt meldete sich Ronnie zu Wort. Es war an der Zeit, sein Trumpf-As auszuspielen.
    »Sie ist kein gewöhnliches Revuegirl.«
    »Wenn man bedenkt, daß sie sich unter falschem Namen in Blandings Castle eingeschlichen hat«, sagte Lady Constance, »sicherlich nicht. Das zeugt von überdurchschnittlicher Unverfrorenheit.«
    »Ich meine«, sagte Ronnie, »ich weiß, wie furchtbar hochgestochen du bist, Tante Constance – sei nicht böse, du weißt, was ich meine –, ganz versessen auf Herkunft und Namen und diesen ganzen Zinnober … na, worauf ich hinaus will: Sues Vater war im Garderegiment.«
    »Als Gemeiner? Oder als Korporal?«
    »Als Hauptmann. Er hieß …«
    »Cotterleigh«, hauchte Sue.
    »Cotterleigh«, sagte Ronnie.
    »Cotterleigh!«
    Das war die Stimme des Ehrenwerten Galahad. Er sah Sue mit aufgesperrtem Mund an.
    »Cotterleigh? Etwa Jack Cotterleigh?«
    »Ich weiß nicht, ob er Jack Cotterleigh hieß«, sagte Ronnie. »Was ich sagen will, ist, daß sein Name Cotterleigh war und daß er im Irischen Garderegiment diente.«
    Noch immer starrte der Ehrenwerte Galahad auf Sue.
    »Mein liebes Kind!« rief er, und seine Stimme klang seltsam bewegt. »Dann muß Ihre Mutter Dolly Henderson gewesen sein, die früher im Tivoli und im Oxford als Soubrette auftrat!«
    Dies war nicht das erste Mal, daß Ronald Fish das Gefühl hatte, man sollte seinen Onkel Galahad in eine Anstalt stecken. Mußte er denn unbedingt Dolly Henderson erwähnen! Ausgerechnet jetzt! Er würde noch alles vermasseln mit seiner Dolly Henderson, wo es doch jetzt einzig und allein darauf ankam, sich auf Cotterleigh zu konzentrieren, den ganzen Cotterleigh und nichts als Cotterleigh. Ronnie seufzte müde. Gummizellen, dachte er, waren eigens für die Onkel Galahads dieser Welt erfunden worden, und er fand, daß man die Onkel Galahads nie und nimmer außerhalb derselben herumlaufen lassen sollte.
    »Ja«, sagte Sue, »sie war meine Mutter.«
    Mit ausgestreckten Armen ging der Ehrenwerte Galahad auf sie zu. Er sah aus wie der alte Vater in einer Filmschnulze, der die verlorene Tochter willkommen heißt.
    »Na, ist es denn die Möglichkeit?« sagte er und stellte sich diese Frage gleich noch dreimal. Dann ergriff er Sues kraftlose Hände und drückte sie gerührt. »Ich habe mir schon die ganze Zeit den Kopf zerbrochen, an wen Sie mich erinnern, mein liebes Kind. Wissen Sie, daß ich in den Jahren ’96, ’97 und ’98 unsterblich in Ihre Mutter verliebt war? Und wissen Sie, daß ich sie mit Sicherheit geheiratet hätte, wenn meine bucklige Verwandtschaft mich nicht herzloserweise nach Südafrika expediert hätte? Tatsache, jawohl. Sie bekamen die Sache spitz und verfrachteten mich auf das erstbeste Schiff, und als ich zurückkam, erfuhr ich, daß der junge Cotterleigh mir den Rang abgelaufen hatte. Jaja, so war das …«
    Es war eine Szene, die an so manches Herz gerührt hätte. Aber nicht an das Lady Constance Keebles.
    »Das tut hier nichts zur Sache, Galahad«, sagte sie. »Tatsache ist …«
    »Tatsache ist«, unterbrach sie der Ehrenwerte Galahad hitzig, »daß der junge Fish hier Dolly Hendersons Tochter heiraten will, und meinen Segen hat er. Und ich hoffe, Clarence, daß du wenigstens dieses eine Mal genug Verstand besitzt, die beiden wie ein Sportsmann zu unterstützen.«
    »Hm?« fragte der neunte Earl. Er war mit seinen Gedanken wieder ganz woanders gewesen. Angenommen, Baxter hätte die Kaiserin gefüttert – würde er ihr auch das richtige Futter gegeben haben, und genug davon?
    »Du siehst doch selbst, was für ein prächtiges Mädchen sie ist.«
    »Wer?«
    »Dieses Mädchen hier.«
    »Reizend«, nickte Lord Emsworth galant und verfiel wieder ins Sinnieren.
    »Clarence!« rief Lady Constance und riß ihn erneut aus seinen
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