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0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte

Titel: 0100 - Der Mann, der uns ins Handwerk pfuschte
Autoren: Delfried Kaufmann
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Der »rote Kelly« war ein Mörder. Wir suchten ihn seit Wochen, hatten aber nicht den geringsten Anhaltspunkt über sein Versteck. Das änderte sich schlagartig an jenem Nachmittag, als die Tür zu meinem Office aufgestoßen wurde und ein junger Mann hereintrat.
    »Hallo«, sagte er, durchquerte mein Büro, schob mit dem Fuß den Stuhl vor dem Schreibtisch zurück und setzte sich. Dann grinste er mich freundlich an.
    »Hallo«, grüßte ich zurück.
    Er sah sich um, völlig ungeniert. »Bißchen schäbig hier«, meinte er. »Habe mir ein FBI-Büro etwas üppiger eingerichtet vorgestellt.«
    »Wenn es Ihnen nicht gefällt, können Sie ja wieder gehen«, schlug ich vor.
    Er drohte mit dem Zeigefinger.
    »Sie treten Ihr Glück mit Füßen, G-man!«
    »Es wäre nett, wenn Sie mir wenigstens sagen wrüden, wie mein Glück heißt, und was es von mir will?«
    »Ihr Glück heißt Roger Harper.« Er war ein Bursche von vielleicht fünfundzwanzig Jahren, so groß wie ich, mit widerspenstigen, schwarzen Haaren und einem Gesicht, das es einem einfach unmöglich machte, ihm böse zu sein.
    Ich wartete darauf, daß er mir nun mitteilen würde, was ihn hergeführt hatte, aber statt dessen sagte er bekümmert:
    »Ich glaube, Sie haben nicht einmal einen Whisky hier!«
    Ich nahm aus dem rechten Schreibtischfach zwei Gläser, schob ihm eines davon hinüber, und dann produzierte ich eine Flasche Scotch.
    »Oh, fein!« rief er und hielt mir sein Glas entgegen.
    »Wenn Sie mir sagen, was Sie so Wichtiges auf dem Herzen haben, daß Sie zehn Minuten vor Feierabend mir auf die Bude rücken, dann schütte ich Ihr Glas vielleicht voll«, sagte ich und lächelte.
    »Gemeinheit, gleich mit dem dritten Grad anzurücken«, stöhnte er. »Ich sehe schhon, Sie sind ein harter Bursche. Also gut. Sie suchen doch den ›roten Kelly‹, weil er Frankie Bodge umgelegt hat… — Bekomme ich jetzt meinen Drink!« Er hielt mir wieder das Glas entgegen.
    Ich preßte die Flasche gegen die Brust.
    »Aus welcher Zeitung haben Sie diese Nettigkeit?« fragte ich sanft. »Entschuldigen Sie, wenn ich indiskret sein sollte. Ich frage nur, weil sie in allen Blättern stand mit Ausnahme von Womans Journal, in dem nur Kochrezepte und Kleiderschnitte veröffentlicht werden.«
    »Kein Whisky?« erkundigte er sich und schüttelte traurig den Kopf.
    »Mr. Harper, ich habe um zwanzig Minuten nach fünf Uhr eine Verabredung, die ziemlich wichtig ist«, sagte ich einen Ton energischer.
    »Ist sie hübsch?«
    Ich mußte mir das Lachen verbeißen.
    »Ohne Sie beleidigen zu wollen, so muß ich sagen, daß ihr Anblick meinen Augen wohlgefälliger ist als der Ihre, Roger Harper.«
    »Hier scheint wirklich noch die Prohibition zu herrschen«, seufzte er. »Ein Glück, daß ich Selbstversorger bin.«
    Er begann in seinen Taschen zu graben. Was er ans Tageslicht zog, legte er auf die Tischplatte. Als er eine hübsche, anscheinend gut gepflegte Luger-Pistole zum Vorschein brachte, ließ ich rasch die Whiskyflasche los, um nötigenfalls die Hände frei zu haben, aber er deponierte die Kanone zwischen Taschentuch und Feuerzeug, und dann brachte er endlich eine flache Taschenflasche zum Vorschein, in der bräunlicher Whisky gluckerte.
    »Sehen Sie!« rief er triumphierend und hielt die Flasche hoch.
    Während er sein Glas füllte, griff ich nach der Luger. Ich ließ das Magazin herausrutschen. Acht Kugeln befanden sich darin, und die neunte steckte im Lauf.
    Harper trank seinen Whisky, aber er ließ mich nicht aus den Augen. Ich stieß das Magazin in den Griff zurück, behielt aber die Waffe in der Hand.
    »Hübsches Spielzeug«, sagte ich, »aber es ist schwer und zerreißt das Taschenfutter. Finden Sie es nicht lästig, es nur aus Spaß mit sich herumzuschleppen?«
    Er zeigte seine gesunden Zähne in einem fröhlichen Grinsen. Dann kramte er erneut in seinen Taschen, brachte ein gefaltetes Stück Papier zürn Vorschein und schob es mir über den Tisch zu.
    »Ich habe ’ne Lizenz, Mr. G-man!«
    Ich sah mir den Wisch an. Der Gouvemeur des Staates New York ermächtigte darin Mr. Roger Harper, geboren und wohnhaft in New York, den Beruf eines Privatdetektivs auszuüben. Außerdem wurde ihm gestattet, in Ausübung seines Berufes und zum Schutz seiner Person eine Handfeuerwaffe bis zu einem bestimmten Kaliber nebst der dazugehörenden Munition zu erwerben und zu besitzen.
    Der Knabe mit dem seltsamen Berfahrnen war also ein Privatdetektiv. - Glauben Sie nur nicht, daß ich diese Sorte
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