Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Edel-Elend geworden.
    Mit Altöl verschmierter Hand schob Konrad eine Haarsträhne aus der Stirn, rückte seine kleine runde Brille zurecht und strahlte uns an. »Tag der Herr! Wir brauchen dann wohl noch einen Moment länger. Der Keilriemen mal wieder.« Die Beine aus der Fahrerkabine suchten Bodenkontakt. Andine lief mit ausgebreiteten Armen auf unser Auto zu, riss die Türen auf und küsste Oscar ab. »Mon Dieu! Ihr seid die Rettung. Lord Cord kann alleine weiterschrauben, ich fahre bei euch mit.« Am Tweed von Konrads Ärmel kroch eine Ölspur hinunter.
    Neben seiner Tätigkeit in einer politischen Beratungsfirma promovierte Konrad seit geraumer Zeit in Volkswirtschaftslehre und traf auch seine Entscheidungen beim Autokauf immer ganz als Homo oeconomicus. Nach der reinen Lehre durfte der Kaufpreis dieses Gebrauchsgegenstands den Gebrauchsnutzen um keinen Euro übersteigen. Jeder Cent, der darüber hinausging, diente in Konrads Augen entweder einem fragwürdigen Prestige oder dem Aufbau eines überflüssigen Sicherheitspuffers und galt mithin als rausgeschmissenes Geld. Als Sohn eines Entwicklungshelfers, der einem westfälischen Landadelsgeschlecht entstammte, hatte Konrad mit seinen Eltern lange Zeit in Afrika gelebt. Afrika war denn auch die Folie, vor der Konrad den Rest der Welt und das ganze Leben betrachtete, weshalb er mehr oder weniger unverhohlen das allgemeine Sicherheitsdenken und die Wohlstandsweichgespültheit mitteleuropäischer Prägung verachtete, auf jeden Fall aber allzu intakte Fahrzeuge. Das würde es in Afrika nicht geben. So als Homo oeconomicus africanus blieb man lieber ab und zu mal auf der Strecke und ersetzte gerissene Keilriemen mit den Strumpfhosen der Lebensgefährtin – Herumbasteln als Lebensart. Der Legende nach waren Konrad und Andine auf dem Weg zu unserer gemeinsamen Wochenenddatsche selten in einem Rutsch über Wandlitz hinausgekommen, einer Gemeinde, die ja schon zu DDR -Zeiten als Parteibonzen-Siedlung den Beinamen Volvograd trug.
    »Fahrt ihr ruhig vor«, sagte Konrad, »ich kann das letzte Stück zur Not laufen.«
    Auf dem Parkplatz am See standen schon die Autos der anderen marodierenden Vertriebenen unseres Wochenenddomizils. »Erstaunlich, aber der Anblick von geparktem Blech kann tatsächlich melancholisch stimmen«, sagte ich zu Simone.
    Diese Autos standen dort genauso, wie sie immer auf dem Feldweg vor dem Zechliner Ferienhäuschen gestanden hatten: der uralte grüne Klempnerbulli der Schönbergers, mit dem Jörg seine Schrottskulpturen durch die Gegend transportierte und Elke ihre Fotoausrüstung; daneben der unfallbedingt etwas derangierte, aber immer gut ausgesaugte Dreier- BMW von Olli, der als Oberamtsrat im Landwirtschaftsministerium diente; dann der silberne Audi mit den cremefarbenen Ledersitzen, in dem Jungunternehmer Fabian neuerdings vorfuhr und vor dessen hinterem Fenster ein in Plastikfolie eingehüllter turbogereinigter Anzug hing.
    Schönbergers breiteten auf der Badewiese schon ihre Picknickdecke aus, die anderen arbeiteten sich noch daran ab, einen kleinen Hausstand zu der Badestelle zu transportieren. Wie eine Dampframme zog Oscar an allen vorbei in Richtung von Noah, dem Kleinen der Schönbergers, ich eilte ihm mit dem Einweggrill unterm Arm hinterher. Olli schleppte Getränkekisten und presste im Rhythmus seiner Stoßatmung ein gekünstelt gut gelauntes »Servus, Grüezi und Hallo!« hervor. Andine busselte mit allen und tirilierte: »Dann ist die Zweitfamilie ja fast wieder versammelt, Graf Zahl muss nur noch geschwind unsern Wellsow reparieren!«
    »Jetzt mal alle schön gelassen bleiben«, schritt Fabian ein und begrüßte jeden Einzelnen mit Handschlag.
    Ich schmiss den Einweggrill in den Sand und tönte: »Da, hier ist unsere Zukunft.«
    »Ist schon echt bitter«, sagte Olli mit einem Lachen in h-Moll und reichte Bierflaschen in die Runde. »Bitteschön, der Klügere kippt nach.«
    Ich musste passen. »Nee, erst mal anbaden, kaltes Wasser soll gut gegen Depressionen sein.«
    Die Ankündigung, baden zu gehen, löste das gewohnte Schwarmverhalten aus. Während ich im See paddelte, schaute ich zu, wie einer nach dem anderen die Hüllen fallen ließ und sich mehr oder weniger mimosenhaft dem Wasser näherte. Noah und Oscar bauten am Ufer eine Burg aus Matsch.
    Als sich alle in Badetücher gewickelt auf die Decken gefläzt hatten, konnte ich es mir nicht verkneifen, unser Treffen anzumoderieren: »Ich würde mal sagen, das ist dann wohl so eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher