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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Wischtechnik chauffierte ich die Kleinfamilie in den wilden Waldzauber der Mark hinein, der gleich hinter der Autobahn anfing. Dieses Land, so ging es mir durch meine verkaterte Birne, hatte offenkundig einen besonders guten Deal mit der Sonne. Sie leuchtete den Forst hier auf eine Art aus, dass der Moos- und Grasboden wie phosphorbestäubt hellgrün zwischen den Bäumen und ihrem Schattenspiel schimmerte. Einsprengsel märkischen Sands brachten wärmere Töne ins Spiel. Meine Gedanken drifteten ins Schwärmerische ab: Wirkte diese Natur nach der langen Winterpause nicht wie ein Brandenburgisches Konzert, in dem der Wald, das Licht und das Wasser der vielen Seen aufs Schönste komponiert waren? Dieses Konzert hätte ich am liebsten wieder den ganzen Sommer um die Ohren, dachte ich – und trat im nächsten Moment gedanklich auf die Bremse. Ich rief mich selbst zur Raison, um wieder klar zu sehen, dass Brandenburg vielerorts, und besonders in den Straßendörfern, einen eher spröden Charme versprühte. Aber war es nicht nur menschlich, dass man eine verloren gegangene Heimat verklärte? Auch wenn es nur der Zweitwohnsitz war. Schließlich war ich hier auf kaltem Entzug: Sechs Jahre lang hatten wir uns mit Olli und einigen anderen Freunden eine Datsche am See geteilt, bis im letzten Herbst die Kündigung kam. Nun war einer der ersten schönen Tage des Frühlings danach , und im Grunde war es viel zu heiß für diese Jahreszeit. Ein Tag wie im August, aber noch ohne Blätter an den Bäumen. Ich fühlte mich vom Wetter regelrecht provoziert. So gut es ging verdrängte ich den Gedanken, dass es schon am Abend wieder zurück in die ultrahocherhitzte Hauptstadt gehen sollte. Und nahm meinen Monolog wieder auf.
    »Mit dem Wort ›Einweg‹ in Zusammenhang mit Grillen beginnt die Demütigung doch schon! Ein Mal, und dann ist direkt wieder Schluss. Das ist doch wie offener Vollzug, Simone! Da fehlen nur noch elektronische Fußfesseln, die einem vor dem Tagesausflug aufs Land angelegt werden. Man darf für ein paar Stunden den Geschmack der Freiheit kosten, in der Abendsonne am See die stinkende Gallertmasse im Grill entflammen, sein eingeschweißtes Lidl-Steak grillen und noch einmal in den See springen. Dann wandert alles in den Müll, und man muss zurück in den Berliner Altbau. Man fährt geradezu wieder ein in den Altbau.«
    Simone rollte mit den Augen. »Jetzt übertreib mal nicht …«
    Klar übertrieb ich. Ich musste ja übertreiben, damit mir überhaupt jemand zuhörte. In Zechlin am See hatte es nur weiten Horizont in alle Richtungen gegeben. Auch zeitlich. Da konnten wir rund um die Uhr verweilen, wenn wir wollten.
    »Du kannst nicht im Ernst von mir verlangen, dass ich jetzt auch noch gute Laune habe, während ich mich nach all den Jahren wieder mit einem Einweggrill unterm Arm in die Kassenschlange an der Tanke einreihen muss. Diese komische Götterspeise, mit der man Einweggrills anzündet, die versinnbildlicht für mich geradezu die ganze Traurigkeit dieser Instant-Freiheit. Außerdem …«
    Summ Summ Summ.
    Eine SMS setzte meinen Ergüssen ein Ende.
    »Olli schreibt, dass Fabian Bescheid gegeben hat, dass sie einen schönen See gefunden haben«, meldete Simone. »Wir sollen an der alten Mühle links abbiegen.« Nun setzte ein SMS -Trommelfeuer ein. Summ Summ Summ . »Fabian lässt fragen, ob wir noch Saft und Zigaretten mitbringen können. Da kommt er ja früh mit.« Summ Summ Summ. »Die ist von Andine. Dass sie und Konrad etwas später kommen.«
    Noch einige Hundert Meter vor der besagten Abzweigung stand am Straßenrand eine andere alte Mühle, ein nicht mehr ganz taufrischer Volvo 740 GL Kombi mit offener Kühlerhaube. Am technischen Innenleben des Fahrzeugs schraubte ein Mann herum, der sich so weit in den Motorraum vorgebeugt hatte, dass man zwischen seinem Tweedsakko und der braunen Cordhose einen freien Blick auf einen sehr blassen Rücken hatte. Aus der Beifahrertür baumelten die Beine einer Frau, die es sich über beide Sitze hinweg bequem gemacht hatte.
    »Konrad und Andine«, sagte Simone, »war ja klar.«
    Ich hielt neben dem Pannenfahrzeug, fuhr zur Begrüßung das Fenster herunter und sagte mit überdrehter Reklamestimme: » It’s a Wellsow! « Dieser Slogan einer längst eingestellten Luxus-Baureihe von Volvo stand in angelaufenen goldenen Lettern auf der Kofferraumklappe des Wagens und war in unserem Freundeskreis zur allgemein gebräuchlichen Formel für Konrads und Andines automobiles
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