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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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dazu beigetragen.
    Es war schließlich Olli, der an einem kalten Abend am Lagerfeuer Ende Oktober bei Bratapfel- und Stockbrotgenuss eine bislang unbeachtete, aber deshalb nicht weniger berechtigte Frage aufwarf: »Fabian, du bist doch der Meister unseres Immobilien-GbR-Vertrages. Du kannst uns doch bestimmt verraten, wer das hier eigentlich alles mal erbt.«
    Fabian saß auf dem Stamm einer kranken Pappel, die wir am Mittag fällen mussten, und drehte gerade sein Stockbrot überm Feuer, als ihn Ollis Frage sichtlich unerwartet traf.
    »Wie kommst du denn jetzt darauf? Um ehrlich zu sein, bin ich mir da selbst gar nicht mehr hundertprozentig sicher.« Der Jungunternehmer nahm einen größeren Schluck aus der Radebergerpulle, musste aufstoßen und dann lachen: »Ist nicht ausgeschlossen, dass der letzte Überlebende von uns alles bekommt. Diese Passage unseres Vertrages sollte ich wohl besser noch mal nachlesen.«
    Andine warf Konrad einen verzückten Blick zu: »Aber das wäre doch wunderbar, my Lord, dann könnten wir den ganzen Weidenhof ja unserer kleinen Princess of Maltrin vererben? Hör mal am besten bald mit dem Rauchen auf, damit wir es hier am längsten von allen machen.«
    »Das wird alles mal dir gehören, Mädchen«, parodierte Olli Konrad und schwenkte den Arm über unseren Großgrundbesitz.
    »Haben wir allen Ernstes eine dynastische Regelung?«, fragte Steve entsetzt. Bei ihm waren noch keine Kinder in Planung.
    Konrad kicherte. »Nein, wir haben damals beim Notar tatsächlich festgelegt, dass, wenn einer von den Eigentümern stirbt, die überlebenden Eigentümer dessen Anteile erben. Damit das Ursprungsteam es in der Hand behält und nicht plötzlich irgendwelche bekloppten Erben mit am Plenumstisch sitzen und hier mitbestimmen wollen.«
    »Ist doch perfekt«, sagte ich. »Ist doch ein wunderbarer Agatha-Christie-Plot: Zwölf betagte Menschen in einem alterwürdigen Landhaus, und jeder versucht den anderen des Nachts heimlich zu meucheln, um alles selbst einzusacken … Und jeden Morgen kann ein weiteres Gedeck von der Frühstückstafel abgeräumt werden.«
    »Mal ’ne andere Frage«, unterbrach Jörg meine Synopsis, »gibt es eigentlich eine Möglichkeit, aus der Nummer hier auch wieder rauszukommen?«
    »Ist nicht!« Mette, die nur Mieterin war, lachte. »Wusstest du nicht, dass das hier Scientology ist?«
    »Wer weiß, vielleicht legt die Regierung irgendwann mal so staatlich geförderte Aussteigerprogramme für unsere Landhaussekte auf«, spekulierte Olli. – »Fuck!« Olli schüttelte heftig seine Hand, die er sich an der Alufolie eines Bratapfels verbrannt hatte. »Und die Abtrünnigen treten bei Panorama auf mit verpixeltem Gesicht«, sagte er.
    »Verbrannte Finger immer ans Ohrläppchen halten, Olli«, riet ich ihm. »Übrigens wäre es neuesten Erkenntnissen der Altersforschung zufolge gar nicht empfehlenswert, hier auszusteigen. In der Zeit stand gerade ein sehr interessanter Artikel, wonach sich die Hinweise verdichten, dass den Menschen nichts so frisch hält wie eine möglichst vielfältige kognitive Stimulation mit vielen unvorhersehbaren Ereignissen – und das am besten bis ins hohe Alter. Von daher ist der Weidenhof doch ein einziger, sechstausend Quadratmeter großer Jungbrunnen. Besonders jetzt, wo Wolles schützende Hand nicht mehr über uns liegt, dürfte die Sache ja wieder unwägbar werden.«
    Von Überraschungen würde das gemeinsame Leben in unserem Landhaus wohl bis zum unabsehbaren Ende gekennzeichnet bleiben. Das war letztlich die einzige Sicherheit, die es hier gab. Dafür sorgten allein die vielen unterschiedlichen Stimmen unter diesem Dach, die sich nur sehr eingeschränkt steuern ließen. Jedem von uns war nach dieser ersten großen gemeinsamen Wegstrecke klar, dass unsere Teilzeitkommune immer und dauerhaft zwischen Regulation und Laissez-faire, zwischen Ordnung und Chaos, changieren würde. Und ich wurde das Gefühl nicht los, dass dieses ständige Hin und Her die einzige dem Menschen angemessene Form von Gemeinschaft war. Regeln waren vor allem dazu da, um aufgeweicht zu werden – und dann neu vereinbart. Wie überall konnte es auch auf dem Weidenhof allerhöchstens Annäherungen an Vollkommenheit geben und das auch nur, so paradox das klang, wenn man den Willen zur Perfektion aufgab. Wer hier mitmachte, musste den Pedanten in sich exorzieren.
    Die beiden glücklichsten Tage im Leben eines Hausbesitzers, hatte der Notar seinerzeit geunkt, seien der Tag des Kaufs
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