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Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen

Titel: Sommerhaus jetzt! - 13 Freunde und der Traum vom Wochenende im Grünen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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geben. Als Zuarbeiter von Maurer Mike ging es darum, unter seiner Anleitung im Boden der Scheune ein etwa zwei Meter tiefes, rechteckiges Loch von zwei mal einem Meter Seitenlänge auszuheben und es anschließend auszumauern. In dem unterirdischen Kämmerchen, das so entstand, sollten später die Steuereinheiten der Wasserversorgung und der Fußbodenheizung untergebracht werden, und es sollte sicherstellen, dass uns das Zuwasser nicht einfror, bis wir auch eine Heizung finanzieren konnten – so zumindest hatte ich die Sache verstanden.
    Die Scheunenboys Fabian, Konrad und Jörg kommunizierten mit den Fachkräften aus dem lokalen Baugewerbe längst auf einem bautechnischen Rotwelsch, dessen der Rest der Truppe nicht mehr mächtig war. Da ging es um schwarze Wannen, die Kriecheigenschaften von Beton der Sorte C20/25 F3 Größtkorn 8, um zu vermeidende Kältebrücken, um den Wärmedurchlasskoeffizienten einer Feldsteinwand sowie den Einsatz von Dehnfugenschutzrohren und hochmolekularen MBE -Systemrohren. Die Scheunenboys hatten sich im Laufe der vergangenen Monate förmlich zu Scheunenpriestern entwickelt, die einen Wissensschatz hüteten. Gesellte sich der Scheunenlaie zu einem der regelmäßigen Hochämter, musste er sich wie ein Messdiener am ersten Tag vorkommen – in einer Zeit, als die Messe noch auf Lateinisch zelebriert wurde. Man konnte nur »Amen« sagen.
    Bevor es endlich handfest werden sollte, wohnte ich nach längerer Pause einer solchen Besprechung von Konrad und Fabian mit Schröder und der Blaumanngroup bei. Während die Granden zwischen Sandbergen, Schubkarren, gelben Plastikrohren, aufgeplatzten Kalkbeuteln und einem zementverkrusteten Radio mit hämmernden Elektrobeats herumstanden und palaverten, dämmerte mir, dass meine Unmündigkeit in Sachen Scheune eine selbst verschuldete war. Und rekapitulierte: Begonnen hatte nach dem Rohrbruchfiasko alles mit einer guten Portion naivem Anarchismus. Jeder durfte nach seiner Fasson am Weidenhof herumflickschustern, überall mitmischen und auch mitreden. Als jedoch die Grenzen der Schwarmintelligenz in Form eines durch Kleinbaustellen zeitweise lahmgelegten Weidenhofs sichtbar geworden waren, gründeten wir Task Forces mit weitreichender Entscheidungsbefugnis. Diese Maßnahme beruhte zudem auf der Einsicht, dass es den Prozess zu sehr lähmte, wenn man jeden Mitbewohner in jede kleine Entscheidung mit einbeziehen wollte. »Weniger Demokratie wagen« war bekanntermaßen die Losung der Stunde. Doch schon bald kam die Brombeergate-Affäre und bewirkte, dass die scheinbar so klare Regelung wieder verwässerte. Was wer alleine entscheiden durfte und wo der Segen der Mitbewohner einzuholen war, stellte sich eben doch als unklar heraus. Es hatte sich gezeigt, dass manche Fragen zu sensibel waren, um über die Köpfe eines Teils der Gruppe hinweg entschieden zu werden. Offiziell aufgelöst wurden die Task Forces nie, aber bald wusste keiner mehr so recht, wer wo dazugehörte. Um noch mehr Großkonflikte zu vermeiden, durften alle wieder überall ihren Senf dazugeben. Innerhalb dieser Regelungsunschärfe und ohne dass man genau wusste, wie, nahmen die Kleinprojekte dennoch eine passable Entwicklung. Versprengte Reste der Task Forces bewirtschafteten nun den Weidenhof, und das nicht ohne Erfolg. Das lag daran, dass inzwischen jeder schon viel besser einzuschätzen wusste, wo seine individuellen Stärken lagen, aber auch daran, dass Schröder als unser heimlicher Hausmeister zur Stelle war und die Dinge wenn nötig in geordnete Bahnen lenkte. Das Beste war, dass er uns das lästige Rasenmähen mit dem Allesmäher abnahm; als Extrucker hatte Wolle den eigensinnigen Bock voll im Griff. Auch hob sich das Gesamtniveau der praktischen Intelligenz: Wände, die durch Bohrversuche wie Schweizer Käse aussahen, wurden merklich weniger. Für das Großprojekt Scheune aber hatte sich unlängst aus natürlichen Interessen und Begabungen eine echte, eine schlagkräftige Task Force für die Bauaufsicht etabliert.
    Während Fabian aus dem Stehgreif eine Stärken-Schwächen-Analyse von Luft-Wärme-Pumpen versus Luft-Luft-Pumpen hinlegte, beschäftigte mich die Frage, ob es womöglich eine Strukturähnlichkeit der Entwicklung unserer Hausgemeinschaft mit der gesellschaftlichen Evolution als Ganzer gab. Zunächst hatte der chaotische Urzustand jenen Umkipppunkt erreicht, aus dem eine erste funktionale Arbeitsteilung erwachsen war. Dann bildete sich nach dem Brombeerclash und dem darauf
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