Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerfest

Sommerfest

Titel: Sommerfest
Autoren: Frank Goosen
Vom Netzwerk:
vorzuziehen, oder? Eine ständige Rolle im Tatort, vielleicht als Gerichtsmediziner oder Spurensicherer, nur ein paar Sätze pro Folge, aber das bringt einen ja jetzt auch nicht weiter, und er fragt sich, wer bei Stones Mund-zu-Mund-Beatmung machen muss, sollte es nötig sein.
    Als T.N.T. vorbei ist, gibt es ein paar Sekunden Stille, und die ist unangenehm. Dann kommt die nächste Nummer, und Diggo steht auf. Er stellt sich neben Stones, der sich immer noch nicht rührt, und stemmt die Hände in die Hüften.
    »Jetzt steh auf, du verdammtes Arschloch, wir hatten alle unseren Spaß, aber jetzt ist gut!«

    Stones rührt sich nicht.
    »Mach mal den Scheißkrach aus!«, brüllt Diggo.
    Toto gehorcht.
    Stones rührt sich immer noch nicht.
    Die Stille ist schlimm.
    »Verdammte Kacke«, murmelt Diggo, und seine Gesichtsfarbe verändert sich. »Müssen wir jetzt für diesen Penner einen Krankenwagen rufen? Hat der wirklich so eine weiche Birne? Ist doch zum Kotzen, so was!«
    Keiner bewegt sich.
    Stefan denkt, dass es nicht mehr lange hin ist, bis sein Zug fährt. Er möchte den ungern verpassen, schließlich verfiele dann die Fahrkarte. Merkwürdig, woran man in solchen Momenten denkt.
    »Telefon«, sagt Diggo, aber nicht besonders laut. Niemand reagiert. Also schreit er: »Telefon, verdammte Scheiße!«
    Miriam fängt an zu heulen, Diggo meint, sie solle still sein. Er geht selbst auf die Diele, um das Telefon zu suchen. Dabei hat in diesem Raum doch wohl jeder ein Handy, oder?
    Laien finden ja immer, dass Schauspieler aus jeder Katastrophe noch eine Erfahrung ziehen können, welche sie dann in die nächste schwere Rolle einbringen können. Stefan hält das jetzt gerade für absoluten Schwachsinn.
    Diggo flucht auf der Diele, weil er das Telefon nicht findet, und Stefan schließt für einen Moment die Augen, sodass er nicht mitbekommt, wie Stones sich auf die Seite rollt und plötzlich anfängt, hysterisch zu lachen. Er kann sich gar nicht mehr halten und schlägt mit der flachen Hand immer wieder auf den Boden, bis alle anderen im Zimmer es auch begriffen haben und mitlachen.

    Auch Stefan muss grinsen und sieht auf die Uhr.
    Diggo, der jetzt in der offenen Tür auftaucht und ein Telefon in der Hand hält, lacht nicht.
    Jetzt muss Diggo austeilen, denkt Stefan, aber so richtig. Einen wie Diggo verarscht man nicht, und wenn, dann nur einmal. Doch Diggo packt Stones nur unter den Achseln und stellt ihn auf die Füße. Er geht ganz nah an ihn ran, bis sich die Nasenspitzen der zwei fast berühren. Stones lacht nicht mehr. Diggo presst hervor: »Werd! Er! Wachsen! Du Vollpfosten!« Dann stößt er Stones aufs Sofa, wo der wieder anfängt zu lachen.
    »Übertreib’s nicht!«, mahnt Diggo. »Du wirst schon noch von mir hören, das versprech ich dir.«
    Stones greift nach seinem Bier. Karo sackt in sich zusammen und schüttelt den Kopf. Diggo setzt sich aufs Sofa, zündet sich eine Zigarette an, nimmt einen Zug und lehnt sich zurück. Miriam küsst ihn auf die Wange und schmiegt sich an ihn. Toto staunt: »Was für eine Story, echt jetzt!«
    Stefan steht auf, dankt allen für den gelungenen Abend und sagt, er müsse nun seinen Zug bekommen. Diggo wendet sich ihm zu.
    »War uns ein Fest, dass du mal wieder reingeguckt hast«, sagt er und hält Stefan die Hand hin. Sie umklammern gegenseitig ihre Daumenballen. Miriam hält ihm die Hand hin, als müsse er sie küssen, worauf Stefan aber verzichtet. Stones nickt nur grinsend, Karo tippt sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, und Toto sagt: »Ich bring dich raus!«
    Stefan nimmt seine Tasche und geht zur Tür, wo Toto ihn abpasst und sagt: »Du weißt, dass er recht hat, oder?«
    »Wer? Womit?«
    »Diggo. Mit der Sache mit dir und Blondie.«

    »Ich muss meinen Zug kriegen, Toto.«
    »Ich mein ja nur. Sei nicht blöd! Wir werden alle nicht jünger. Und guck mal, was hier gerade wieder abgegangen ist! So was gibt es doch nur hier, oder? Das bietet dir in München keiner!«
    »Das ist einer der Gründe, warum ich da so gerne lebe.«
    Toto grinst. »Erzähl mir keinen vom Pferd!«
    Er hält Stefan die Hand hin, und Stefan schlägt ein. »Denk noch mal ein bisschen nach!«, sagt Toto. »Noch ist der Zug nicht abgefahren!«
    Stefan geht die Treppe hinunter und dreht sich auf dem Absatz noch einmal um. Warum, weiß er selbst nicht. Toto steht immer noch da und grinst. Stefan geht die restlichen zweieinhalb Stockwerke hinunter, verlässt das Haus und wirft unwillkürlich noch einen Blick
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher